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Überman

Überman

Titel: Überman
Autoren: Tommy Jaud
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Nord-Süd. Meine getapete Nord-Süd-Markierung ist nur noch noch schwer zu erkennen, weil fast komplett in der Scheiße ersoffen. Offenbar hat das veränderte Magnetfeld die arme Trulli nun auch schon körperlich aus der Bahn geworfen.
    So bestialisch der Gestank ist, er bringt mich doch auf eine Idee: Trulli ist das ideale Versteck für meine Bunkerschlüssel! Ich packe sie einfach unter ihr Halfter, dann sind Rinderkacke und Hörner der natürliche Schutzwall! Und auf einen Schlag ist Trulli Handyabwehr, Messinstrument und Versteck. Das geht aber nicht, denke ich mir noch, weil das sind ja gleich drei Dinge in einem. Geht doch: mit der Rinderüberraschung! Hastig wate ich durch die ekelhafte Pfütze, zwei bis drei Schritte noch bis zu Trulli, schnell muss ich sein, denn gleich wird der krakeelende Schlüssel-Haben-Wollen-Mob wieder hier sein. Ein lautes »Muuuuhhh« lässt den Keller erbeben.
    »Was denn?«, frage ich Trulli, die sich seltsam verhält und mich gar nicht recht an sich ranlassen will. Vielleicht beruhigt sie Musik? Will was summen, um sie zu beruhigen, aber es fallen mir nur die Höhner und die dicken Mädchen ein. »Dicke Mädchen haben schöne Naaaaamen …«, beginne ich leise. Noch eine Handlänge, dann bin ich dran. »… heißen Trulli, Lotta oder Caaaaaarmen …« Ruckartig reißt Trulli den Kopf zur Seite und erwischt mich mit dem Horn am Arm. Okay, die Hornspitzen scheinen empfindlich. »… dicke Mädchen machen mich verrückt …« Gut. Sehr gut sogar. Vielleicht kann ich’s ja in diesem ledernen Halfterdings einklemmen? »Dicke Mädchen hat der Himmel geschickt!«
    Ich kann.
    Und atme auf.
    Geschafft in nur einem Höhnerrefrain! Eilig streife ich noch die weißen Haare über das Halfter, sage »Brav, Trulli« und stapfe mit stetem Blick auf meine Schuhe aus der stinkenden Kackpfütze.
    Der fokussierte Blick ist ein Fehler, denn nur kurz hinter der Pfütze habe ich einen Arm so fest um den Hals, dass ich fast keine Luft mehr bekomme, und während mich links Manni festhält und rechts Flik, durchsucht Daniela meine Taschen nach den Schlüsseln. Ich strample und schreie wie am Spieß. Erst nach einer guten Minute lassen sie von mir ab. »Er hat sie nicht bei sich!«, ächzt Ditters und ringt nach Luft.
    »Mein eigener Anwalt. Schäm dich!«, schnaufe ich, die Hände auf den Knien aufgestützt, dann erst bemerke ich, dass die Schlüsselattacke die komplette Verkostungsrunde angelockt hat.
    »Es geht ihr nicht gut, wir müssen sie rausbringen, die Kuh!«, fordert Paula.
    »Das ist keine Kuh, das ist ein Messrind!«, schnaufe ich, immer noch nach Luft ringend. »Und es steht schief!«
    »Schief in Bezug zu was?«, fragt Ditters.
    »Nord-Süd-Achse!«, schnaufe ich »Das heißt, dass das Magnetfeld der Erde gestört ist. Tiere verhalten sich komisch dann. Und wenn Tiere sich komisch verhalten, dann kriegen das auch die Anderen mit und drehen durch.«
    »Aber die Anderen gibt’s nur in unserem Clip«, sagt Manni mit dem Korkenzieher in der Hand, offenbar hat er aufgegeben.
    »Es gibt sie wirklich, Manni, die Anderen!«
    »Weil die arme Kuh hier schief steht, drehen die Leute durch?«, wiederholt Paula misstraurisch.
    »Tiere wissen immer vorher!«, ruft jetzt Lala in die Runde, »auch bei Tsunami und Erdbeben, das ihr habt doch gesehen! Seid ihr froh, dass ihr hier unten seid in Sicherheit!«
    »Könnte schon sein«, bestätigt Flik, bekommt aber sofort einen Ellenbogen von Daniela in die Seite. »Was denn?«, verteidigt er sich, »Vor dem Tsunami sind die Tiere auf Berge hoch geflüchtet, Minuten vor der Welle, das haben wir doch gesehen!«
    »Jetzt gebt ihm doch nicht auch noch recht!«
    »Was immer passiert«, unterbreche ich laut, »habt keine Angst, denn ich hab für alles vorgesorgt. Also, wer kommt mit und bringt Fliks Generator mit mir nach Spanien?«
    Abwechselnd starren alle auf Trulli und mich. Ein weiterer Schwall Sprühkacke landet auf meiner Markierung
    »Klapse …!«, murmelt Daniela.
    Was für ein undankbares Pack! »Wer mitkommt, will ich wissen!«, und dann geschieht etwas wirklich Wunderbares: Mit einem gespenstischen Klack gehen alle Lichter aus im Keller, und wir stehen im Dunkeln.
    Für eine halbe Minute sagt niemand etwas, lediglich Lala klatscht kurz. Daniela beginnt zu weinen. Aus der Toskana höre ich, wie Phil sich übergibt. Dann ist es wieder still. Wie eine schwere Decke liegt die Dunkelheit über uns, die Zeit scheint zu stehen.
    Direkt vor mir erglimmt ein
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