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Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)

Titel: Überleben auf Partys: Expeditionen ins Feierland (German Edition)
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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U-Bahn.
    »Kann man so sagen«, antwortet der Typ.
    Leif zwinkert und deutet auf seine Wange: »Ganz schön horny, die Weiber da, oder?«
    Der Typ schmunzelt, verrät aber nichts weiter.
    Leif setzt seine Rillenbrille wieder auf. Die Welt verschwindet hinter gelben Querstreben.
    Merke ➙ Der Rückweg ist der schönste Teil der Party. Selbst dann, wenn alle schon völlig fertig sind.
    Die Partys taugen nichts in dieser Nacht, denkt Leif.
    Es ist wieder Samstag und sie machen Party-Hopping. So wie sie unter der Woche Bewerbungs-Hopping machen. Keule steckt ständig in Fortbildungen. Was der alles schon gelernt hat. Keule hat es besser als Leif, denn er hat gar keine Schule zu Ende gemacht. Da kümmert man sich um ihn. Leif jobbt gerade im Getränkemarkt. Die Kollegen haben das mit seinem Abschluss spitzgekriegt. Jetzt geht es jeden Tag zwischen den Kisten los. »Realschule mit Vier plus«, sagen sie dann, »das wäre ja wie Bier mit 1,8 Prozent Alkohol. Da kann man besser gar nicht saufen.«
    Die Studentenparty war ärgerlicherweise voller Studenten. Es gibt ja solche und solche. Die Sportstudenten spielen Seeed und Cro, machen Trichtersaufen und benehmen sich wie Verbindungsbrüder in Ami-Filmen. Das ist witzig. Aber sie waren heute bei den Geistesmenschen. Die mischen ihre Drinks statt mit Fanta mit Lemonaid, stehen komisch herum und reden, als ob vorher jemand Kreise mit ihren Namen auf den Boden gemalt hätte. Eine Standordnung statt einer Sitzordnung. Keule hat dann auch gleich nachgesehen, sobald er genug getankt hatte, um übermütig zu werden. Er ging auf alle viere und schnüffelte ein paar Pädagoginnen um die Füße, bis sie fragten, was er da mache. »Suche den Reservierungskreis«, sagte er und tippte die Sohlen an. »Oder funktioniert das magnetisch?«
    Die Hip-Hop-Party war ärgerlicherweise voller Hip-Hopper. Da gibt es gar keine Ausnahmen, nur bei diesem Schlaumeierrap, der im Grunde kein Hip-Hop ist, sondern Germanistik mit Rhythmus. Oder eben bei Cro, wegen dem Rebecca diese Frottee-Ohren trägt. Hier aber war Hip-Hop, die klassische Sorte. Bitch, Bushido, Blingbling. Das macht diese Typen bekloppt. Nach fünf Minuten bewarfen sie sich mit Worten, nach zehn Minuten mit Gläsern. Es begannen Schlägereien im Klub, dann drum herum. Auf der Straße, in den ersten Stockwerken der umliegenden Häuser, schließlich auf den Dächern. Zwischen den Schindeln verwandelten sich die ersten Hip-Hopper in Gorillas mit gefletschten Zähnen und in diese kleinen, dreckig-schwarzen Springaffen, die auf die Kamera zurasen und nur noch blutrote Flecken hinterlassen. Die Polizei und das Gesundheitsamt riegelten den gesamten Stadtteil ab. Leif, Rebecca und Keule kamen gerade noch rechtzeitig raus. Rebecca vor allem deshalb, weil sie ein Pandabär ist.
    Die Facebook-Party schließlich war der absolute Witz. Sie sollte ein Wohnviertel crashen. Um das mitzuerleben waren sie extra nach Grunewald rausgefahren. Die Party war so angekündigt, dass sich ein paar Hundert Leute auf einem Bolzplatz zwischen Carports und gepflegten Hecken versammeln sollten, um die Spießer aufzumischen. Bis die Bullen kommen!, lautete das Motto. Statt fünfhundert hatten sich allerdings nur fünfzehn traurige Gestalten nach draußen verirrt und saßen – an ihren Pullen nuckelnd – zwischen den Toren. Nur die Rückfahrt in die Stadt war lustig, weil immer alles lustig ist, sobald man den öffentlichen Personennahverkehr nutzt.
    Nun geht schon fast wieder die Sonne auf, und Leif, Rebecca und Keule stehen an einer Imbissbude über der letzten Umsteigestation ihres Heimwegs. Leif hat sich eine Hähnchenkeule bestellt, obwohl sie schon die ganze Nacht herumgelegen hat und aussieht wie ein Leichenteil. Ihm ist’s egal. Mit Begeisterung nestelt er die Haut vom Fleisch und lässt sie von oben in seinen Mund sinken wie einen frischen Matjeshering. Keule hat die Augen halb zugeklappt, wie die Rollos in alten Detektivbüros.
    »Ich gebe jetzt mal was zu«, sagt er, »feiern gehen ist für mich wie ein Hähnchen. Das Fleisch ist scheißegal. Ich will im Grunde nur die Pelle. Und die Pelle, das ist der Weg. Von mir aus könnte es auch nur Pelle geben.«
    Keule öffnet die Augen, hebt seine Flasche und ruft: »Auf die Pelle!« Dann sinken seine Lider wieder nach unten.
    Rebecca sagt: »Ihr seid eklig!«
    Auf der Straße fährt ein Gefangenentransporter vorbei. Hinter den Gittern toben ein paar Gorillas in weiten Hosen.
    Was sagt die Wissenschaft? ➙ »Das
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