Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
schien. Dann tauchte er. Fünf oder sechs Meter weiter draußen kam sein Kopf wieder zum Vorschein. Er schwamm mit ruhigen, ausgreifenden Zügen auf den Hund zu, packte ihn am Nackenfell und hielt ihn fröhlich hoch, damit das verzweifelte ältere Paar am Strand das Tier sehen konnte. Dabei wurden Hund und Hamlon wie von einer riesigen unsichtbaren Faust weiter aufs Meer hinausgetrieben.
    Dann begann Hamlon, an Land zu schwimmen, ohne etwas zu übereilen. Er hielt den Hund mit einer Hand fest. Wegen der starken Strömung dauerte es einige Zeit. Die Badewärter waren inzwischen von ihrem Turm herabgestiegen und herbeigeeilt, doch sie schienen schnell zu erkennen, daß sie keinerlei Grund hatten, sich ins Wasser zu stürzen. Der Mann da draußen wußte, was er tat.
    Als Hamlon an Land kam, warf er den kleinen Pudel wie zum Scherz seinem Frauchen zu. Die ältere Dame machte zunächst den Eindruck, als wollte sie ihren Hund küssen. Das tat sie zwar auch, doch ihre hauptsächliche Anstrengung bestand darin, bei einem inzwischen vollständig geretteten Hund eine Mund-zu-Mund-Beatmung zu praktizieren. Das arme Tier versuchte verzweifelt zappelnd, dieser würgenden Fürsorge zu entgehen.
    Hamlon gab dem Herrchen schnell die Hand und eilte dann zu seinen Kleidern. Das Herrchen des Hundes sah ihm verblüfft nach und zögerte. Der Mann schien nicht zu wissen, wie er seine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen sollte, doch dann stürzte auch er sich in die vermeintlichen Wiederbelebungsversuche.
    Als Hamlon die Arme über den Kopf hob, um sein Sweatshirt überzustreifen, sah Linda Martinez es.
    Es waren nur Sekunden, in denen er seinen ganzen Oberkörper entblößte. In dieser kurzen Zeit las sie vieles von ihm ab, genauso automatisch, als hätte sie Röntgenaufnahmen kurz vor einer Operation vor sich. Zwei der Schußwunden waren relativ frisch und säuberlich genäht. Andere Schußwunden waren bedeutend älter und schlechter versorgt. Sein rechter Unterarm war voller Narbengewebe, das von dem Angriff eines Tieres herrühren mußte. Außerdem war die Brust des Mannes mit einem Messer aufgeschnitten worden – also Folter.
    Sein Oberkörper war wie ein ärztliches Protokoll. Man hatte bei mindestens drei Anlässen auf diesen Mann geschossen. Außerdem war er gefoltert worden. Für Vietnam war er zu jung, und im Irak hatte er diese Verwundungen nicht erhalten können. Trotzdem sah man ihm an, daß er ein Militär war. Linda Martinez war sich ihrer Sache sicher. In Los Angeles kann es einem passieren, daß einmal oder möglicherweise zweimal auf einen geschossen wird. Militärs hingegen können noch öfter Schußwunden erhalten.
    Sie sah Hamlon nach. Dieser hatte sich inzwischen angezogen, den Kopfhörer wieder aufgesetzt und seinen Walkman befestigt. Er setzte seinen unterbrochenen Lauf fort. Da sagte sie scherzend zu ihren jüngeren Schwestern, sie müßten sie unbedingt einmal mit diesem »Computerspezialisten« bekannt machen. Die zwei antworteten kichernd mit ein paar Scherzen voller anzüglicher Anspielungen; sie liebten es, ihre wohlgeratene große Schwester manchmal mit einer Sprache auf den Arm zu nehmen, die sie verlegen machte.
    Sie warf sich in den Sand, breitete die Arme aus und schloß fest und demonstrativ die Augen, als hätten die fröhlichen Grobheiten ihrer Schwestern sie tatsächlich sehr verlegen gemacht.
    »Jesús« , dachte sie, »dieser Mann kann niemals sterben.«

Danksagung
    Mein besonderer Dank gilt:
    Anders Eriksson, Professor am Gerichtsmedizinischen Institut der Universität Umeå .
    Anders Eriksson, Generaldirektor der Säpo, Stockholm .
    Laila Freivalds, Justizministerin, Stockholm .
    Matthias Johansson, Verwaltungsangestellter, Universität Umeå .
    Torsten Jonsson, Generalreichsanwalt a. D., Stockholm .
    Julia Kolikowa, Übersetzerin, Moskau .
    Kjell Larsson, Staatssekretär a. D., Stockholm .
    Lars Lidberg, Professor an der Gerichtspsychiatrischen Abteilung der Universität Stockholm .
    Anna Lind, Verwaltungsangestellte, Universität Umeå .
    Redaktion der Zeitschrift Lundagård, Lund .
    Henning Mankell, Schriftsteller, Mozambique .
    Leif G. W. Persson, Professor an der Polizeihochschule Solna und Schriftsteller .
    Familie Claes Graf Piper, Schloß Bellinga, Ystad .
    Birgitta Parkner, Chefkuratorin, Gerichtspsychiatrische Abteilung der Universität Stockholm .
    Christina Rennerstedt, Staatssekretärin, Stockholm .
    Staatliches Kriminaltechnisches Labor, Waffenabteilung, Linköping .
    Willy Svensk,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher