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Über jeden Verdacht erhaben

Über jeden Verdacht erhaben

Titel: Über jeden Verdacht erhaben
Autoren: Jan Guillou
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vom Untersuchungsgefängnis Kronoberg auf Kungsholmen in die Sonder-U-Haft im Hochsicherheitsgefängnis Hall in der Nähe von Södertälje verlegt. Dort war es möglich, seine Haftbedingungen ein wenig zu erleichtern. So erhielt er beispielsweise Zugang zu Trainingsräumen und größeren Höfen als den »Tortenstücken« auf dem Dach der Kronoberg-Anstalt.
    Er schien guten Mutes zu sein, wie man sich hinterher erzählte. Irgendwann habe er sogar gescherzt, daß er sein körperliches Training früher mit mehreren Stunden Pistolenschießen kombiniert habe, daß dies jedoch unter den gegebenen Umständen wohl ein bißchen viel verlangt sei.
    Die neue provisorische Säpo-Führung opponierte natürlich heftig, als bekannt wurde, daß Carl seine Zeit jetzt so verbrachte, als wäre er schon verurteilt, obwohl er offiziell noch in Untersuchungshaft saß. Oberstaatsanwalt Jan Danielsson schmetterte jedoch alle diese Einwände als kleinlich ab, da Carl deutlich genug erklärt habe, das Urteil nicht anfechten zu wollen, sondern im Gegenteil sofort zu akzeptieren, sobald es verkündet werde. Wahrscheinlich werde er in Hall bleiben, so daß man sich in Wahrheit nur den Verhältnissen angepaßt habe, die für Carl, soweit abzusehen sei, mehr als ein Jahrzehnt gültig sein würden. Wozu dann um eine Woche mehr oder weniger jammern?
    Carl wurde sofort der beliebteste Gefangene der Haftanstalt Hall. Die Erklärung dafür ist sehr einfach. Hall ist eine sogenannte Reichsanstalt, das heißt ein Gefängnis für die schlimmsten Verbrecher, für Gewalttäter, Drogenhändler, Räuber und Mörder. In diesen Verbrechenskategorien sind Einwanderer und Ausländer stark überrepräsentiert. Somit beginnen unsere schwedischen Reichsanstalten allmählich, wie Gefängnisse in amerikanischen Fernsehfilmen auszusehen.
    Und unter allen Einwanderern und Ausländern Schwedens, ehrlichen Menschen wie Verbrechern, war Carl fast so etwas wie ein lebender Heiliger geworden, ein Märtyrer, der seine Freiheit geopfert hatte, um ein für allemal das brutalste Instrument des Staates zur Verfolgung ethnischer Minderheiten zu zerschlagen.
    Irgendein heller Kopf im Zentralamt für Strafvollzug und Bewährungshilfe hatte Befürchtungen geäußert, Carls Sicherheit könne in einer Reichsanstalt in Gefahr sein. Diese Befürchtungen erwiesen sich also als Ergebnis eines fast komisch falschen Denkens.
    Die Mithäftlinge wählten Carl sofort in den Rat der Vertrauensleute, und er nahm diese Wahl an. Hingegen lehnte er einen optimistischen Vorschlag des Häftlingsvereins für Kampfsport ab, sich als Ausbilder zur Verfügung zu stellen.
    Es hatte also den Anschein, als wäre Carl dabei, als König der Gefangenen von Hall eine höchst unerwartete neue Identität zu erhalten.
    Das war möglicherweise eine Illusion. Vielleicht war es auch eine der Erklärungen für den Skandal.
    Am Mittwoch, dem 26. April 1995, um 10.00 Uhr verkündete das Stockholmer Amtsgericht Carls Urteil. Es lautete wie erwartet auf lebenslangen Freiheitsentzug.
    Ais der Anstaltsleiter von Hall, dem das Urteil vom Amtsgericht per Fax zugestellt worden war, persönlich in die Haftabteilung hinunterging, um Carl das Urteil mitzuteilen, war er ziemlich sicher, daß es Carl wohl kaum erstaunen oder enttäuschen würde. Er selbst jedenfalls war kaum erstaunt. An diesem Urteil war nichts sensationell.
    Doch als die Zelle geöffnet wurde und der Anstaltsleiter sie betrat, war sie leer. Das heißt, sie war perfekt aufgeräumt, wie es bei Seeleuten üblich ist. Doch von Hamilton war keine Spur zu sehen.

EPILOG
    Die erste Spur von Carl, wenn man sie überhaupt so bezeichnen kann, erreichte Erik Ponti. Es war Mittwoch, der 26. April, um 9.30 Uhr, genau eine halbe Stunde, bevor das leicht vorhersehbare Urteil des Stockholmer Amtsgerichts verkündet werden sollte.
    Erik Ponti erhielt einen etwas unverständlichen Bescheid vom Portier, da unten sei ein Bote und spreche von einer LKW- Ladung, die Erik Ponti persönlich zu überbringen sei. Dieser ging murrend die Treppe hinunter, wandte sich an die Portiers in dem kleinen Glaskäfig beim Eingang, die ihm eine wartende Person auf einem der Besuchersofas zeigten.
    Wie sich herausstellte, war der Mann ein auf Teilzeitbasis angestellter Jäger draußen auf Stenhamra. Allerdings habe er sich auch um einiges andere zu kümmern, wie er sagte. Und jetzt sei es so, daß er im Auftrag des Admirals eine LKW-Ladung bringe, die draußen auf dem Parkplatz warte. Die Ladung
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