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Über den Missouri

Über den Missouri

Titel: Über den Missouri
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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immer das Schwimmen im Fluß.«
    »Das Ende, ja, richtig gesagt!« Der gutmütige Mann ging zu den Pferden zurück.
    Tobias sprang dem Dakota nach in die seichten Fluten. Dann rieben sich beide am Ufer mit Sand ab. Der Körper des Dakota schauerte im Fieber, und sein Herz kämpfte, aber als er allen Schmutz, wo es nicht anders ging samt der Haut, abgeschürft hatte, fühlte er sich wie ein Mensch, der aus der Folter entlassen ist. Der Delaware gab dem Dakota neue indianische Leggings und Mokassins und ein Gürteltuch. Der junge Häuptling nahm das alles. Aber seinen Wampumgürtel und den blutbesudelten Festrock gab er nicht her, sondern legte beides wieder an.
    Da die beiden Indianer unter sich waren, fragte der Dakota in seiner Muttersprache: »Wie konnte mein Name bis Washington dringen?«
    »Der Maler Morris, den ihr Dakota Weitfliegender Vogel Geheimnisstab nennt, hat für dich gesprochen. Er war immer ein Freund der Dakota und wollte wenigstens dich retten, wenn er auch sonst nichts für euch zu tun vermag.«
    »Was macht Cate Smith?«
    »Sie hat vor zehn Tagen eine Gelegenheit gefunden, mit einer Händlerfamilie wegzureiten. Roach gab die Erlaubnis dazu; er war froh, das Mädchen nicht mehr zu sehen. Unterwegs wird Adams, der Rauhreiter, sie treffen und ihr weiterhelfen. Ich denke, er nimmt sie zu seiner Frau.«
    Als der Morgen hell und die Station lebendig wurde, hatten die Indianer ihren Ritt zur Reservation schon begonnen. Der schwarze Wolfshund lief mit ihnen. Tobias hatte die Richtung angegeben, aber der Dakota führte, um dem Falben den gewohnten ersten Platz in der Reihe zu gönnen. Wie gut kannten Reiter und Pferd das Gelände! Das waren die Wiesen und Sandstrecken, die Hügel und Bodenwellen, durch die der Kriegshäuptling der Bärenbande seine Männer mehr als zwei Jahre hindurch zu ihren erfolgreichen Angriffen auf die Truppe am Niobrara geführt hatte.
    Der Delaware, dessen Schecken von selbst in der Spur des Vorreiters lief, schaute während des Rittes auf diesen Reiter und seinen falben Mustang. Er konnte nur den schwarzen Schopf des Dakota sehen, der im Wind trocknete, den blut- und schmutzgefärbten Rock, die magere muskulöse Hand, die hin und wieder den Falben zügelte, damit der Schecke nicht zurückbleiben mußte. Was sollte aus diesem Mann werden? Was dachte er? Wie lange würde er es ertragen, auf der Reservation im Zelt zu sitzen und auf Rationen zu warten?
    »Das Allmächtige Geheimnis hat mich zu einem Indianer geschaffen, aber nicht zu einem Agentur-Indianer«, hatte Tatanka-yotanka in den Verhandlungen mit den Langmessern ihren Generalen geantwortet. Das war ein Wort, das auch für Tokei-ihto galt.
    Als die Reiter ihre Pferde mittags kurz rasten ließen und der Dakota sich neben Tobias auf die Felldecke warf, sagte der Kundschafter, und er glaubte, daß er dies sagen müsse: »Wenn du fliehen willst, Tokei-ihto, ehe wir auf die Reservation gelangen, ich hindere dich nicht.«
    »Glaubst du, daß ich aus der Reservation nicht mehr entfliehen könnte?«
    Der Delaware versuchte, in den Augen des Dakota zu lesen.
    Es war irgendeine Kraft und eine Bestimmtheit darin, die er nicht deuten konnte. Daher sagte er nur: »Fliehen könnten viele. Aber sie wissen nicht wohin.«
    »Wo stehen die Zelte meiner Brüder? Weißt du es?« »Oben im Nordwesten der Reservation in den Bad Lands.«
    »Also nahe der Reservationsgrenze nach den Black Hills zu?«
    »Ja.« Der Dakota schloß einen Moment die Augen. Nach dem, was er eben gehört hatte, wollte er nicht weiter fragen und auch nichts mehr gefragt werden.
     
     
     

 
Heimkehr
     
    Es war Nachmittag, als sich die beiden Reiter der Reservation näherten. In ihrem Gesichtskreis lagen schon die Gebäude der Agentur. Mehrere fertige und halbfertige Holzhäuser, eine Umzäunung, Pferde, herumwimmelnde Menschen, alles machte den Eindruck der Geschäftigkeit und des Unfertigen. Vor dem Hauptgebäude der Agentur standen Planwagen, leichte Gefährte, die mit Maultieren bespannt waren. Säcke, Kisten, Fässer wurden ausgeladen und in das Gebäude gebracht. Ein Mann, dessen außerordentliche Größe und Beleibtheit auch aus der Entfernung auffiel, beaufsichtigte die Arbeit.
    Der Dakota erkannte in dem Wohlbeleibten den Händler und Wetteinnehmer Johnny, dem er während der Kämpfe einmal bei Fort Randall begegnet war.
    Die abgeladenen Planwagen fuhren zu einem langen niedrigen Gebäude, die Zugtiere wurden dort abgespannt und die Wagen zusammengeschoben. Der
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