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Tyrann Aus Der Tiefe

Tyrann Aus Der Tiefe

Titel: Tyrann Aus Der Tiefe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kalt. Es war eisig.
    Bannermann grinste noch ein bisschen breiter. »Das Ding ist wirklich ein Loch«, erklärte er. »Mindestens fünfmal so tief wie breit.«
    »Sie wissen eine Menge über diese Gegend, nicht?«, fragte ich.
    Bannermann nickte, ließ sich zurücksinken und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ich bin hier geboren«, antwortete er. »Nicht hier in Goldspie, aber in Schottland. In Aberdeen. Kennen Sie Aberdeen?«
    Ich verneinte, und Bannermann fuhr nach einer Weile fort: »Eine Hafenstadt, knapp hundert Meilen von hier. Man muss sie nicht unbedingt kennen. Vielleicht«, fügte er mit einem schwer zu deutenden Lächeln hinzu, »ist es sogar von Vorteil, noch nie etwas von ihr gehört zu haben.«
    »Deshalb sind Sie also zur See gegangen«, vermutete ich. »Weil Sie in einer Hafenstadt aufgewachsen sind.«
    »Quatsch«, antwortete Bannermann. »Sind Sie etwa ein Pferd geworden, nur weil Sie im Wilden Westen geboren sind? Ich wollte niemals zur See fahren.« Er stemmte sich auf die Ellbogen hoch und sah mich seltsam an. »Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten, Craven? Ich hasse die See. Ich habe sie vom ersten Moment an gehasst, und daran hat sich in all den Jahren nichts geändert. Sie hat meinen Vater getötet, sie hat einen meiner Brüder verschlungen, und jetzt hat sie mein Schiff und meine Mannschaft geholt. Soll ich sie dafür lieben?«
    »Das war nicht das Meer, Bannermann«, sagte ich leise. »Es war Yog-Sothoth, und …«
    »Das spielt keine Rolle«, unterbrach er mich. Seine Stimme bebte. »Es wäre nicht geschehen, wenn wir nicht draußen auf See gewesen wären.«
    »Oder Andara und ich nicht an Bord Ihres Schiffes gekommen wären«, fügte ich hinzu. »Sprechen Sie es ruhig aus, Bannermann. Ich kann es Ihnen nicht verübeln.«
    Bannermann sog hörbar die Luft ein. Aber er kam nicht dazu zu antworten. Von der anderen Seite der Böschung erscholl ein gellender Schrei, dann waren aufgeregte Stimmen und hastiges Trappeln zahlreicher Füße zu hören.
    Bannermann und ich waren im gleichen Moment auf den Beinen. Mehr auf Händen und Knien als auf unseren Füßen liefen wir die Böschung hoch, richteten uns vollends auf – und blieben erstaunt wieder stehen.
    Drei von Bannermanns Matrosen versuchten mit aller Kraft, einen Mann niederzuringen, der sich wie rasend wehrte, während der vierte sich um den letzten Mann unserer kleinen Schar bemühte, der zusammengesunken auf dem Boden hockte und die Hände gegen seinen blutenden Schädel presste.
    »Ford!«, entfuhr es Bannermann. »Was ist mit Ihnen?«
    Der Angesprochene antwortete nicht, aber der Mann, der neben ihm kniete, hob den Kopf. »Er ist okay, Captain. Nur ein Kratzer.«
    »Was ist passiert?« blaffte Bannermann. Plötzlich war er wieder der Bursche, als den ich ihn kennen gelernt hatte.
    »Das weiß ich auch nicht«, antwortete der Matrose. »Der Bursche da –« Er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Fremden, der sich noch immer mit aller Kraft gegen die drei Matrosen zur Wehr setzte. Und so, wie es aussah, standen seine Chancen nicht schlecht. »Der Kerl ist plötzlich aus dem Gebüsch gesprungen und hat Ford eins über den Schädel gezogen. Keine Ahnung, warum.«
    Bannermann runzelte die Stirn und blieb noch einen Herzschlag lang reglos stehen, ehe er zu den Kämpfenden hinüberging. Selbst zu viert gelang es ihnen kaum, den Mann zu bändigen.
    »Dreht ihn herum!«, keuchte Bannermann. »Auf mein Kommando. Eins … zwei … jetzt!«
    Mit einem einzigen harten Ruck packten die Matrosen den Tobenden, drehten ihn auf den Bauch und drückten ihn mit aller Kraft zu Boden.
    »Craven!«, befahl Bannermann. »Fesseln Sie seine Hände, schnell!«
    Zwei seiner Leute zwangen die Arme des Fremden auf dem Rücken zusammen, während Bannermann selbst und ein Matrose auf seinen Beinen hockten und sie niederzuhalten versuchten. So, wie es aussah, mussten sie dazu ihre ganze Kraft aufbieten.
    »Verdammt noch mal, Craven – halten Sie hier keine Maulaffen feil, sondern tun Sie endlich, was ich sage!«, keuchte Bannermann.
    Ich erwachte aus meiner Erstarrung und eilte hinzu. In Ermangelung eines Strickes löste ich meinen Gürtel, band die Handgelenke des Tobenden damit zusammen und sah mich nach etwas um, womit ich seine Beine binden konnte. Bannermann löste sein Halstuch und hielt es mir hin. Ich griff danach, band die Fußgelenke des Mannes so fest zusammen, wie ich konnte – und brachte mich mit einem hastigen Sprung in Sicherheit, als
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