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Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)

Titel: Twitter: Eine wahre Geschichte von Geld, Macht, Freundschaft und Verrat (German Edition)
Autoren: Nick Bilton
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Monitoren und blinkenden Lämpchen. Delphine wurde aufgefordert, sich auf die Liege zu legen und ihre Bluse hochzuziehen, während Noah nervös zuschaute. Die Ärztin drückte eine Reihe von Knöpfen und rieb Delphines Bauch mit Gel ein. Noah hielt zärtlich ihre Hand.
    Die Ärztin bewegte die Sonde über Delphines Bauch, vergrößerte einzelne Ausschnitte auf dem Monitor, speicherte sie als Bilddateien ab und wandte sich schließlich zu Delphine und Noah.
    »Herzlichen Glückwunsch«, sagte sie mit einem Lächeln. »Sie werden ein kleines Mädchen bekommen.« Noah schossen Freudentränen in die Augen, Delphine strahlte überglücklich. Überwältigt vergrub er sein Gesicht in den Händen und weinte. Er hatte über die Jahre ungezählte Tränen vergossen. Er hatte allein geweint, in seinem Bett, in seinem Camper. Doch dieses Mal war es anders, heute kullerten seine Tränen vor lauter Glück. Er hatte sich immer ein Mädchen gewünscht, das er im Arm halten, wiegen, küssen und umsorgen konnte. Ein kleines Kind, das er lieben konnte. Nun wuchs dieses Wesen in Delphines Bauch heran.
    In diesem Augenblick wurde ihm klar, was er Mitte 2006 gesucht hatte, als er sich an seinen Computer gesetzt und einen kurzen Blogpost zum Namen des jüngsten Projekts getippt hatte, das er mit seinen Freunden begonnen hatte: Twitter.
    Er hatte erklärt, was dieser neue Dienst leisten würde: »Die Tatsache, dass ich erfahren konnte, was meine Freunde in jedem Augenblick des Tages taten, gab mir das Gefühl, ihnen näher verbunden und, ganz ehrlich, weniger einsam zu sein.«
    Was ihn bewegt hatte, als er sich an der Gründung von Twitter beteiligte, war die Hoffnung gewesen, dass er über die Informationstechnologie mit Menschen in Verbindung kommen konnte. Doch die wahre Verbindung, die er gesucht hatte, war die Hand, die er in diesem Augenblick hielt, Delphines Hand. Auch die technischen Apparaturen im Raum hatten für Noah etwas geleistet, was Twitter nie vermocht hatte: eine Verbindung zu einem Wesen zuspüren, das noch gar nicht ganz auf der Welt war. Technik hatte ihn mit seinem noch ungeborenen Baby verbunden.
    Noah fing sich wieder, wischte sich die Tränen ab, schaute Delphine an und küsste sie. Draußen vor der Praxis trocknete der Wind sein feuchtes Gesicht. In den Bäumen hüpften und flatterten Vögel umher und zwitscherten im warmen Sonnenlicht San Franciscos ihre Weisen. Er nahm Delphines Hand und schlenderte mit ihr die Straße hinunter. Verglichen mit seinen ehemaligen Mitgründern hatte Noah mit Twitter und Odeo nur sehr wenig Geld verdient. In Zukunft möchte er sich mit seinen geringen Ersparnissen wieder an der Gründung eines Start-up-Unternehmens versuchen.
    Am 6. April 2013 twitterte Noah zum ersten Mal seit zwei Jahren: »Mit von herrlichen Freudentränen befeuchteten Wangen und in tiefer Demut feiere ich die Geburt meiner Tochter Oceane Donnie Marie-Louise Poncin Glass.«
    *
    Wenn Biz und Livy an manchen Morgen in ihrem 185 Quadratmeter großen Haus in Marin County weich gebettet aufwachen und die Sonnenstrahlen durchs offene Fenster fallen, sagt Biz manchmal: »Hey, Livy! Wir sind reich! Wir sind reich!«, woraufhin beide kichern wie Kinder über einen geheimen Schatz von Süßigkeiten. Sie erinnern sich daran, dass sie in der Entstehungszeit von Twitter ein ganz anderes Leben geführt hatten. Manchmal kommt ihnen dann ein ganz bestimmter Tag vor fünf Jahren in den Sinn, als sie vor der Elephant Pharmacy in Berkeley standen.
    Es war ein Spätnachmittag an einem Wochenende gewesen. Biz und Livy waren in die Küche ihrer kleinen, kastenförmigen Wohnung gegangen und hatten den Kühlschrank geöffnet. Es war nichts drin gewesen, er war nur eine mit weißem Plastik ausgeschlagene, gähnend leere Höhle. Sie durchstöberten die Schränke: leer. Ihre Portemonnaies: ohne einen Cent. Zu dieser Zeit hatten sie mehrere Zehntausend Dollar Kreditkartenschulden, eine offene Rechnung türmte sich auf die andere. Sie hatten sich bereits zweimal Geld vonEv geborgt, von dem nichts mehr übrig war. Ihre Tweets beklagten ihren aktuellen Zustand: »Wir zahlen Rechnungen.«
    Sie waren völlig pleite und wussten nicht mehr ein noch aus. Da kam ihnen plötzlich eine Idee.
    »Ich wette, da ist eine Menge Kleingeld in dieser Dose«, sagte Biz und schnappte sich die große Kaffeedose, in der die beiden ihr Kleingeld gesammelt hatten. Es war ein selbstgebasteltes Sparschwein, eine runde Dose aus Metall mit einem Plastikdeckel. Jeden Tag
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