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Twig im Dunkelwald

Twig im Dunkelwald

Titel: Twig im Dunkelwald
Autoren: Paul Stewart
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Twig mit seinen riesigen Augen kalt an.

    »Was ist denn das?«, fragte er Knorpel flüsternd.
    »Ein Schwebewurm«, sagte Knorpel. »Pass auf, dass er dich nicht kriegt.«
    »Der erwischt mich nicht«, sagte Twig tapfer und langte nach seinem Messer. Es war weg. »Mein Messer«, rief er. »Mein Namensgebungsmesser. Ich …« Dann fiel ihm ein, wo es war. Er hatte es in der Hand gehalten, als er über Knorpels Beine gestolpert war. Es musste hier irgendwo auf dem Boden liegen.
    Twig starrte weiter geradeaus. Er hatte solche Angst, dass er den Schwebewurm keinen Moment aus den Augen ließ. Der Wurm wand sich hin und her. Das Zischen kam nicht aus seinem Mund, sondern aus in Reihen angeordneten Drüsen an seinem Bauch. Aus ihnen strömte die Luft, die ihn schweben ließ.
    Er kam langsam näher und Twig sah wie gebannt auf sein Maul. Der Wurm hatte fleischige Lippen und schlaff herunterhängende Fühler und schluckte ständig Luft. Plötzlich gingen die Lippen auseinander.
    Twig hielt den Atem an. Der Mund des Schwebewurms war voller Tentakel, an deren Ende geifernde Saugnäpfe saßen. Der Mund ging noch weiter auf und die Tentakel sprangen heraus und wanden sich wie Maden.
    »Das Messer«, sagte Twig leise zu Knorpel. »Such mein Messer.«

    Er hörte, wie Knorpel das trockene Laub durchwühlte. »Ich suche ja schon«, sagte er. »Aber ich kann … Halt!«, rief er. »Ich hab’s.«
    »Schnell!«, schrie Twig. Zitternd stand der Schwebewurm vor ihm, bereit zum Angriff. Twig streckte den Arm nach hinten aus. »Gib her, schnell!«
    »Da!«, sagte Knorpel und Twig spürte den vertrauten Griff aus Knochen in der Hand. Er packte ihn fest und biss die Zähne zusammen.
    Der Schwebewurm schwankte in der Luft hin und her, unablässig vibrierend. Twig wartete. Dann plötzlich, ohne Vorwarnung, schoss der Wurm nach vorn. Er stank nach ranzigem Fett. Mit aufgerissenem Mund und starr ausgestreckten Tentakeln flog er auf Twigs Hals zu.

    Erschrocken wich Twig nach hinten aus. Der Wurm wechselte plötzlich die Richtung und schoss von der anderen Seite heran. Twig duckte sich.

    Der Wurm flog über seinen Kopf hinweg, bremste zischend ab, rollte herum und griff erneut an.

    Diesmal kam er von vorn – genau wie Twig gehofft hatte. Die Tentakel des Wurms wollten sich gerade an seinem bloßen Hals festsaugen, da holte Twig aus und stieß zu. Das Messer versank im weichen Unterleib des Wurms und ratschte dann an den Luftdrüsen entlang.
    Die Wirkung war verblüffend. Die Kreatur sprang wie ein Luftballon, den man aufgeblasen und dann losgelassen hat, laut knatternd durch die Luft. Dann explodierte sie. Eine Unmenge kleiner, schleimiger Fetzen gelber und grüner Haut regnete zu Boden.

    »Hurra!«, brüllte Twig und schlug mit der Faust in die Luft. »Ich habe es geschafft! Der Schwebewurm ist tot.«
    Beim Sprechen kam weißer Dampf aus seinem Mund. Die Nacht war bitter kalt geworden und es wehte ein eisiger Nordwind. Doch Twig fror nicht, im Gegenteil. Stolz und Aufregung wärmten ihn durch und durch.
    »Hllff«, rief eine Stimme hinter ihm. Sie klang komisch – als ob Knorpel mit vollem Mund redete.
    »Ich komm ja schon«, sagte Twig und rappelte sich auf. »Ich … Knorpel!«
    Der Schlächterjunge war kaum noch zu erkennen. Vor dem Kampf mit dem Schwebewurm war nur Knorpels Bein geschwollen gewesen, jetzt war sein ganzer Körper wie aufgeblasen. Er sah aus wie ein riesiger, dunkelroter Ball.

    »Bring mich nach Hause«, nuschelte er unglücklich.
    »Aber ich weiß ja gar nicht, wo das ist«, sagte Twig.
    »Ich zeis dir«, sagte Knorpel. »Hemmich hoch. Ich sach ir, welche Richung.«
    Twig bückte sich und hob den Jungen hoch. Er war überraschend leicht.
    Twig ging los. »Lix«, sagte Knorpel nach einer Weile und dann: »Noch mal lix. Rex. Gradeaus.« Zuletzt war Knorpel so angeschwollen, dass sogar die einfachsten Worte unmöglich waren. Wenn er die Richtung anzeigen wollte, drückte er stattdessen mit seinen aufgedunsenen Händen auf die entsprechende Schulter von Twig.
    Diesmal wusste Twig wenigstens, dass sie nicht im Kreis gingen. Er wurde zu einem neuen Ziel gelotst.
    »Blobblob!«, gurgelte Knorpel. »Blobbellobbel!«
    »Was?«, fragte Twig erschrocken. Aber noch während er sprach, merkte er, welche Gefahr drohte. Knorpels Körper, der schon beim Aufheben leicht gewesen war, wog inzwischen weniger als nichts. Die unförmige Masse war drauf und dran wegzufliegen.
    Er versuchte nach Kräften Knorpel an der Taille festzuhalten
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