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Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)

Titel: Türme & Tote (Schundheft) (German Edition)
Autoren: Ludwig Plärrer
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Baumann nicht gekannt, höchstens vom Sehen. Ein leicht verwirrtes Mädchen, das hier völlig fehl am Platze und in die Fänge des Bäckers Georg Leim geraten war. Wenn Pattex erst einmal an jemandem klebte, dann ließ er sein Opfer so schnell nicht wieder los, es sei denn, er fand eine andere, verlockendere Beute. Dies war hier offensichtlich passiert.
    Corinna hatte ihm noch – natürlich unter dem Mantel der Verschwiegenheit – erzählt, die Baumann habe auf sie in letzter Zeit einen sehr unausgeglichenen Eindruck gemacht. »So als ob sie... na ja... schwanger wäre.« Interessant. Und Leim, dem an schwangeren Geliebten nicht gelegen war, lockt die Baumann auf den Sywollenturm und stößt sie runter? Und sie wehrt sich nicht einmal? Unwahrscheinlich.
    Altmann seufzte. Er stand auf und schlenderte wieder Richtung Altstadt, vorbei am Eiscafé Roma, wo die kleine getigerte Katze wie stets auf dem Schoß einer entzückten Touristin lag, schnurrte und sich streicheln ließ. Auch ein Job, dachte Altmann, aber nicht für mich.
    Die Glocken der Martinskirche läuteten zu Mittag. Sofort sank Altmanns Stimmung auf den Nullpunkt. Kirche. Blasiuskirche. Der tote Rapper. Das passte überhaupt nicht zu seiner Theorie. Oder doch? Dann war die Theorie entschieden zu kompliziert für Altmann. Er seufzte abermals. Nein, er würde weitermachen. Schon weil er Georg Leim nicht ausstehen konnte, diese Allgäuer Taschenausgabe von Silvio Berlusconi.
    Die Bäckerei in der Klostergasse machte einen geschäftigen Eindruck. Eines musste man dem Leim lassen, sein Handwerk verstand er wirklich. Hinter der Theke wirbelten drei Verkäuferinnen, allesamt jung und hübsch, allesamt – so jedenfalls mutmaßte Altmann – mit des Meisters Bett wohlvertraut. Nein, aus Altmann sprach kein Neid. Es gab nun einmal Männer, die enorme Testosteronmengen produzierten und irgendwo wieder loswerden mussten. Aber Leim war ein besonders schmieriger Vertreter seiner Gattung, einer, der Ehen zerstörte, Frauen benutzte und wegwarf, ein Heuchler, natürlich in Kirchenchor, Schützenverein und Trachtengruppe aktiv. So einer musste sich, überlegte Altmann, im Laufe seines Lebens Feinde gemacht haben. Und genau die galt es zu finden.
    Die verstorbene Frau des Bäckers hatte er nur flüchtig gekannt, Inge hieß sie, Tochter aus gutem Hause und mit entsprechender Mitgift. Keine besondere Schönheit, aber solide und fleißig. Die Ehe war kinderlos geblieben, hatte auch nicht lange gedauert, höchstens vier Jahre, schätzte Altmann. Inges Bruder Manuel war Rechtsanwalt, sein Büro befand sich nicht weit von der Bäckerei. Altmann kam eine Idee.
    »Haben Sie einen Termin?« Die Frau in Manuel Schneiders Vorzimmer musterte ihn streng. Sie sah aus wie ein Drache aus einer Wagneroper, nur spuckte sie kein Feuer, das hatte sie nicht nötig.
    »Nicht direkt«, sagte Altmann und überlegte sich, was wohl ein indirekter Termin war. »Aha«, sagte die Vorzimmerdame und musterte ihn noch strenger. »Dann kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen, Herr Schneider hat keine Zeit.«
    Altmann lächelte. »Sagen Sie ihm einfach, es geht um seine Schwester, okay?« Sollte er der Dame zublinzeln? Er traute sich nicht. Vielleicht beherrschte sie ja doch die Kunst des Feuerspuckens.
    Manuel Schneider sah nicht so aus, als leide er unter Stress. Ein etwas dicklicher Mann, der vor seinem Rechner saß und Solitär spielte. Als Altmann eintrat, sah er nur kurz hoch. »Ja?«
    »Ich weiß nicht, ob Sie mich kennen...«, begann Altmann. »Sie sind der komische Dichter und Schnüffler, ja. Wer kennt Sie nicht? Was wollen Sie? Ich benötige weder gereimte Mordgeschichten noch habe ich irgendwelche untreuen Ehemänner zu überführen. Meine Sekretärin sagte, Sie wollten mich wegen meiner Schwester sprechen? Sie ist seit dreizehn Jahren tot, wie Ihnen vielleicht nicht entgangen sein dürfte.«
    Altmann nickte. »Ja eben. Vom Gerberturm gefallen, hm... Selbstmord, konnte man überall lesen. Glauben Sie eigentlich daran?«
    Schneider nahm den Blick vom Monitor und die rechte Hand von der Maus. Sein Blick war weder freundlich noch abweisend, er war verwirrt.
    »Ändert es etwas an den Fakten, ob ich daran glaube oder nicht? Meine Schwester bleibt so oder so tot.«
    »Und derjenige, der sie vielleicht zu diesem Selbstmord getrieben hat, läuft frei herum? Oder gar derjenige, der sie vom Turm gestoßen hat?«
    Aus Schneiders Gesicht schien jeder Blutstropfen zu weichen. Er starrte Altmann blass
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