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TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens
Autoren: Hans Kneifel
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diesen Absatz noch einmal. Dann wirst Du viel begriffen haben. Dann öffne die Tür Deiner kugelförmigen Kabine. Gehe hinaus, frage das Gesicht, wenn noch etwas unklar ist.
    Der Mann wartete etwas, suchte die betreffenden Wörter, indem er sie buchstabierte, wenn er sie nicht als ein Ganzes merken konnte. Es war eine mühselige Arbeit, aber er hörte nicht auf, bis er den Absatz mehrere Male gelesen und restlos verstanden hatte. Dann lächelte er und war glücklich.
    Das Feuer der Erkenntnis brannte und würde nie gelöscht werden. Dann fragte er: »Gesicht?«
    Augenblicklich antwortete der Sprachteil des elektronischen Rechenspeichers.
    »Ist jetzt etwas zu tun, was mit der Steuerung des Schiffes zusammenhängt?«
    »Nein«, antwortete die milde Lautsprecherstimme. »Du willst die Kabine verlassen?«
    »Ja – gerne.«
    »Du mußt zuerst den Knopf 498 drücken, aber vergiß nicht, binnen einer Stunde wieder hier zu sein. Dann mußt du eine neue Steuerbestimmung ausführen. Ich werde dich durch einen langen Summton rufen.«
    »In Ordnung. Der weiße Zeiger der Uhr muß also einmal um das Zifferblatt gewandert sein?«
    »Richtig! Gehe jetzt.«
    Wladij stand auf. Plötzlich spürte er das Knochengerüst seines Körpers, das geschmeidige Spiel der harten Muskeln und die Sinne. Er fühlte sich wie neugeboren, aber mit einem älteren Verstand. Die Erklärungen des Lexikons hatten ihm viel gesagt; die einfachen Zeichnungen hatten vieles erklären können. Wladij war wie ein Computer ohne Software, mit nur wenigen Informationen. Je mehr Daten hereinkamen, um so besser würde die Maschine Ambarzumow arbeiten. Eines Tages würde sie sich ein zweites Mal lösen und aufhören, eine Maschine zu sein.
    Dann war Wladij ein Mensch.
    Er drückte den Knopf, der sich in der Leiste einer schmalen Tür befand. Die Tür rollte leise in die Dunkelheit hinein; kühle Luft schlug dem Piloten entgegen. In der Dunkelheit rechts neben seinem Ellenbogen leuchtete ein weißer Punkt. Wladij berührte ihn. Augenblicklich flammten vor ihm eine spiralig angeordnete Schnur von Lampen und ein roter Pfeil auf, der mit der Spitze nach unten wies, in ein rundes Loch hinein.
    Das Schiff war von einem starken Brummen erfüllt. Diese Geräusche waren nicht durch die Isolierung der Pilotenkugel gedrungen. Wladij ging vorsichtig bis zur ersten Stufe einer Wendeltreppe, die sich in einer mattleuchtenden Tiefe verlor. Noch wußte er nur aus Bildern, wie das Schiff aussah – innen und außen. Jetzt würde er es selbst sehen.
    Ein hoher Turm, einhundertfünfzig Meter hoch, dreißig Meter Durchmesser.
    Ein Hohlzylinder, der in eine feine Spitze auslief, acht dreieckige Tragflächen hatte und mit zahlreichen merkwürdigen Linien und Vertiefungen verziert war. Vierzehn Decks von je rund zehn Meter Höhe teilten den Innenraum; seitlich an der Innenwand lief die spiralige Treppe hinunter. In der Spitze befanden sich sämtliche elektronischen Geräte und die Pilotenkugel, aus der er eben kam. Wladij stieg die Treppe aufwärts.
    Das erste Deck enthielt Kisten, Dosen, gestapelte Gebinde und Plastikfässer. Die Stücke waren ausgesprochen kunstvoll aufeinander und nebeneinander gestapelt, so daß zwischen ihnen kein Platz war. Das nächste Deck war auf die gleiche Weise gefüllt; auf jedem Stück sah Wladij merkwürdige Zeichen und Nummern, deren Sinn er nicht begriff. Er kehrte um.
    Vier Decks tiefer entdeckte er es  … Zuerst Schilder: Nichts berühren! Inbetriebnahme nur durch den Leiter des Raumhafens. Dann helleres Licht. Und dann die Waben. Sie waren in drei Etagen sternförmig um einen zylindrischen Mittelteil angeordnet und strömten Kälte aus. Die Anlage bestand aus … Wladij zählte mühsam und nahm seine Finger zu Hilfe … einundzwanzig wabenförmigen Särgen. Dünne Metallstege führten zu den durchsichtigen Fußplatten, mit denen die Röhren abgeschlossen waren. Komplizierte Schlösser, Schläuche und Kontaktschnüre liefen in dicken, vielfarbigen Bündeln an den Wandungen entlang und verschwanden hinter schwarzen Muffen in dem Mittelteil. Vorsichtig, um nirgends anzustoßen, kletterte Wladij ganz nach oben und sah in den lichterfüllten Zylinder hinein.
    Dort – dort lag ein Mensch! Er schlief, oder war er tot? Wladij wußte es nicht, und die Vielzahl der Gedanken verwirrte ihn zutiefst. Er klammerte sich an einen Haltegriff und dachte nach. Dann sah er die gläsernen Schläuche, die vom Innenrand der Zylinder zu der Beuge des entblößten Armes
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