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TTB 117: Lichter des Grauens

TTB 117: Lichter des Grauens

Titel: TTB 117: Lichter des Grauens
Autoren: Hans Kneifel
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in diesem Punkt: Freispruch infolge erwiesener Notwehr.«
    »Aber«, schrie der Ritter in den tosenden, chaotischen Lärm hinein und bewirkte durch eine flüchtige Handbewegung, daß der Saal verstummte, »… aber ich mache Randall hiermit die Auflage, freiwillig entweder auf Tejedor eine Schule für Debile aufzubauen – das nötige Wissen ist ihm hier auf Terra zu vermitteln, oder in den psychologischen Dienst des Imperiums einzutreten. Sie haben die Wahl, Randall. Wählen Sie schnell – ich habe nicht mehr lange Zeit.«
    Randall stand auf.
    »Euer Gnaden«, sagte er, und man hörte ihm die wilde Freude über das Urteil an, »ich möchte auf Tejedor bleiben. Darf ich zuerst nach dorthin zurückfliegen und meine Angelegenheiten ordnen und die Koffer packen?«
    »Selbstverständlich. Sie melden sich in Keytown, Australien, bei Juan w. Corte. Einverstanden?«
    Randall nickte stumm.
    »Die Zeit drängt«, sagte Ritter Renaut leise. Über sein Gesicht strömte ununterbrochen der Schweiß und verklebte die Augen. Renaut zwinkerte und sagte:
    »Ich danke Abram Greenborough für die Dienste, die er mir und seinen Kindern geleistet hat. Es ehrt einen alten Mann, von einem ebenso alten Mann mit dem Tode bedroht zu werden, falls keine Freisprüche erfolgen. Ich betone – hier für Presse, Gerüchte, Fernsehen –, daß diese Drohung eine dumme Bemerkung zweier Freunde ist, die sich nach vielen Jahren wiedertrafen. Ich habe das Bedürfnis, Abram die Hand zu schütteln. Noch etwas, ehe alles zu Ende ist: Sämtliche Kosten, die der Familie Greenborough entstanden sind, werden vom Imperium zurückerstattet. Die Familie wird kostenfrei zurückgeflogen, ebenso Randall wieder nach Terra. Seine Ausbildung finanziert das Imperium. Das Imperium hat, durch meine Schilderungen, seiner Informationspflicht voll genügt; weitere Auskünfte dürfen nicht mehr erteilt werden. Ich schließe das Verfahren ab. Einspruch oder Berufung ist unmöglich. Ich danke Ihnen allen.«
    Mühsam stemmte sich Renaut aus dem tiefen Sessel. Das leere Glas fiel um, rollte über die Granitbarriere und zerschellte auf dem Boden. Die Robots rührten sich nicht. Beharrlich ging Ritter Renaut um den Richtertisch herum, trat vorsichtig auf Abram zu, der aufgestanden war, seine Tochter im Arm hielt und die andere Hand auf der Schulter Randalls ruhen ließ. Randall war bleich wie ein Laken. Abram löste die Arme, ging Renaut entgegen und streckte die Hand aus. Als sich die beiden Hände berührten, ging ein kurzes, wildes Zucken durch den Körper des Obersten Richters, er lächelte und brach in die Knie. Abram beugte sich mit überraschender Schnelligkeit vor und fing den Kapitän auf. Hinter ihm sprangen die Menschen des Auditoriums auf und blieben gebannt stehen. Mühsam hob Abram seinen Freund hoch. Die Robots waren schon bei ihm. Abram schüttelte den Kopf, als Renaut die Augen öffnete, ihn schweigend ansah und dann fragte, stockend und fast unhörbar:
    »Kein Schatten … auf meinem Grab, Abram?«
    Abram schüttelte den Kopf und erwiderte halblaut:
    »Nein, Kapitän, kein Schatten auf deinem Grab.«
    »Das ist – gut.«
    Dann starb Ritter Kapitän Renaut de Beaujeu. Der leere Ärmel seiner Uniformjacke baumelte schlaff herab, als Abram sich in Bewegung setzte und den Körper über die freie Fläche trug, vorbei an dem Spalier erstaunter, regungsloser Menschen, hinaus zu der breiten Tür. Als Abram seinen Weg zu zwei Dritteln vollendet hatte, wechselte das rote Licht in grelles Weiß. Der Kristalldom zu Den Haag lag in leuchtender Helligkeit. Die Insektenaugen der Farbkamera übertrugen jede Einzelheit auf Millionen von Empfängern in aller Welt. Alle Menschen wußten, was über ein halbes Jahrhundert verborgen geblieben war. Das Imperium hatte einen großartigen Sieg errungen. Sieg? Es hatte, nur weil Renaut das natürliche Gesetz des Menschen den Buchstaben vorgezogen hatte, sich selbst übertroffen und einen neuen Standard in der menschlichen Gerechtigkeit gesetzt. Jeder Nachfolger auf diesem Stuhl dort, der lange leerstehen würde, hatte es unsagbar schwer.
    Während T’Glastonbury seine Unterlagen wegräumte und unauffällig den Saal verließ, blieb Thyerry von Nivard stehen und sah zu. Er lächelte nicht einmal; die Szene war nicht dazu angetan. Langsam leerte sich der Saal. Überall bildeten sich diskutierende Gruppen. Die Kamera schwenkte herum, sie hielt die Geschwister im Bild fest, den reglosen Ankläger und die Tür, die sich hinter Abram
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