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TS 81: Das Problem Epsilon

TS 81: Das Problem Epsilon

Titel: TS 81: Das Problem Epsilon
Autoren: H. W. Mommers , Ernst Vlcek
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der dreizehn bettähnliche Liegestätten beherbergte. Lokart hatte schon von den ‚Wiegen’ gehört. In diese legten sich die Kinder immer nach ihren Einsätzen, denn sie benötigten Ruhe und Entspannung. Und wenn sie darin einschliefen, wurde ihnen flüssige Nahrung zugeführt.
    Fyr brachte die Kinder zur Wiege, setzte ihnen die Nährschläuche auf und stülpte ihnen die Atemgeräte über. Ihre Lungen brauchten nach dem Besuch der Spootenwelt den nötigen Atmungsausgleich. Nachdem Fyr für seine Kinder gesorgt hatte, bedeutete er Lokart, ihm zu folgen. Sie gelangten in einen spartanisch eingerichteten Raum. Ein rohgezimmerter Tisch und ein ebenso einfaches Bett stellte neben zwei Stühlen das einzige Mobiliar dar. Das einzige, das an die Zivilisation erinnerte, war die Mikrothek, die eine ganze Wand der Höhe und Breite nach einnahm.
    „Setzen Sie sich“, sagte Fyr. Seine Stimme klang nicht mehr so feindselig wie anfangs.
    Lokart entschloß sich, den Alten mit dem Sprechen beginnen zu lassen. Nachdenklich betrachtete er Fyr. Dieser hatte beide Ellbogen auf den Tisch gestützt und die Hände ineinander gefaltet. Sein Blick war ins Leere gerichtet.
    „Wie ernst ist es der Regierung damit?“ begann Fyr.
    „So ernst, wie es ihr nur sein kann.“
    „Aber warum? Können sich diese Idioten denn nicht mehr erinnern, wie es um die Soldaten gestanden hatte, als es noch keine Morph-Kinder gab? Reihenweise wurden sie getötet. In ihren klobigen Druckanzügen konnten sie sich kaum vorwärts bewegen. Und die Spooten waren klug genug, ihre Welten nicht zu verlassen. Sie blieben bei ihrer Defensivtaktik. Der Mensch aber geht weiter; er forscht, er konstruiert, er steckt sich immer höhere Ziele. Er hat ein Recht auf die Spootenwelten.“ Sein Gesicht war gerötet. Die eine Hand hatte er zur Faust geballt. „Was ist nur in die Leute gefahren? Warum wollen sie ihre einzig wirksame Waffe, die Morph-Kinder, abberufen? Warum, frage ich?“
    „In dem Dokument, das ich Ihnen überreichte, steht es“, sagte Lokart ausweichend.
    Fyr machte eine wegwischende Handbewegung.
    „Ich habe dieses lächerliche Stück Papier nicht fertig gelesen. Was ist also der Grund?“
    „Der Krieg mit den Spooten ist zu Ende. Es herrscht Friede.“
    „Nein“, flüsterte Fyr und ließ sich ungläubig zurück in seinen Stuhl sinken. „Nein, das kann nicht wahr sein. Ich kann es nicht glauben …“
    „Es tut mir leid für Sie“, sagte Lokart.
    „Ihnen tut es leid für mich“, spottete Fyr. „Ihnen sollte es leid tun für die Menschheit! Haben Sie schon vergessen, was uns die Spooten angetan haben? Wie sie die Menschen gefoltert haben?“
    „Die Menschen haben die Spooten auch nicht gerade zart angefaßt“, entgegnete Lokart.
    „Ja, aber warum? Das müssen Sie schon hinzufügen. Wer hat denn mit den rauhen Methoden begonnen?“
    „Sie kennen meine Antwort.“
    „Die Spooten hätten sich nur zu fügen brauchen, und kein Krieg wäre ausgebrochen!“
    „Das ist Ansichtssache. Jedenfalls herrscht jetzt Friede, und alle Stützpunkte werden geräumt, soweit sie es nicht schon sind.“
    „Das sagen Sie so leicht. Sie waren fast noch ein Kind, als der Krieg ausbrach. Und außerdem merke ich an Ihrem Akzent, daß Sie von der Erde stammen. Habe ich recht?“
    Lokart nickte.
    „Nun, dort ist man ja mit den Kolonien nicht gerade einer Meinung …“
    Lokart hielt es für besser zu schweigen.
    „Haben Sie jemanden – der Ihnen viel bedeutet hat – während des Krieges verloren?“
    Lokart wußte, was nun kommen würde; er kannte Fyrs Akte auswendig. Er schüttelte den Kopf.
    „Das dachte ich mir!“ Fyr runzelte die Stirn, als müsse er scharf nachdenken. „Ich habe jemanden verloren, aber ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Amnesie, wissen Sie. Aber ich glaube, es war meine Frau. Oder nicht? Ich weiß nicht, entweder starb sie beim Blumenpflücken, oder … Meine Frau liebte Blumen … und mich. Ja, sie hat mich sehr geliebt.“ Der alte Fyr wischte sich die grauen Strähnen aus der Stirn, faltete die knochigen Hände. „Sie hat immer gesagt: ,Wenn ich sterbe, möchte ich viel Blumen auf meinem Grab. Dann macht mir der Tod nichts aus.’ Das hat sie gesagt.“
    Lokart fühlte sich immer unsicherer. Er bewegte sich unruhig. Der Alte machte die ganze schöne Rede über Pflicht und Gehorsam und Toleranz, die er geplant hatte, zunichte.
    Etwas Ähnliches mochte Fyrs Frau gesagt haben, dachte Lokart. Aber dieser Wunsch war ihr nicht in
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