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TS 46: Die Marskolonie

TS 46: Die Marskolonie

Titel: TS 46: Die Marskolonie
Autoren: E. C. Tubb
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unterdrückte den Brechreiz. Hinter ihm fluchte Lew.
    „So ein Schweinefutter!“
    Pop lachte glucksend, als er sich zu ihnen setzte.
    „Ihr müßt euch daran gewöhnen, Freunde. In den nächsten drei Jahren wird es kaum etwas anderes zu essen geben.“
    Lew fluchte abermals. Er sah, daß auch die anderen Neuankömmlinge das Essen nicht anrührten, sondern mit dummen Gesichtern herumsaßen.
    „Das werden wir ja noch sehen! Kein Mensch kann das essen. Ich will gern arbeiten, aber mit dem Fraß kann niemand auch nur eine Hand rühren.“
    „Nicht so laut“, warnte Sam, aber der Koch hatte den Protest bereits gehört. Er näherte sich mit drohend erhobener Kelle.
    „Was ist da los? Meint ihr, ihr wäret etwas Besseres? Hier essen alle das gleiche.“
    „Das glaube ich nicht. Mach es mir vor!“
    „Ratte!“ fauchte der Koch und schlug zu. Vom Eingang her ertönte eine scharfe Stimme:
    „Was geht hier vor?“
    Ventor stand breitbeinig dort, aber niemand gab Antwort. Er verzog das Gesicht.
    „Feige ist der Kerl auch noch, pfui! Los, geht an die Arbeit!“
    „Einen Augenblick!“ raffte Lew sich auf. „Wie wäre es mit einem anständigen Frühstück?“
    Ventor nickte, ohne überrascht zu sein.
    „Dachte ich es mir doch. Hat es Ihnen nicht geschmeckt?“
    „Ich habe nichts gegessen, denn ich bezeichne dieses Zeug nicht als Nahrung.“
    „Nicht?“ Ventor kniff die Lippen zusammen. „Ich will Ihnen allen etwas sagen. Es wird in den nächsten Jahren niemals etwas anderes zu essen geben als heute morgen. Und wenn Sie vielleicht auf den schlauen Gedanken kommen sollten, einen Hungerstreik zu beginnen, so möchte ich Sie warnen. Es gibt keine anderen Nahrungsmittel auf dem Mars. Die Wahl ist einfach: essen oder sterben. Und glauben Sie mir, ich werde keinen Finger rühren, wenn jemand das Verhungern vorziehen sollte. So, und nun raus, an die Arbeit!“
    Kalt beobachtete er sie, als sie den Saal verließen.
     
    *
     
    Pop, Sam und Lew lösten die Leute in der Energiestation ab. Hier war es auch, daß Sam zum erstenmal Anzeichen einer Erkrankung zeigte.
    Sie saßen beim Abendbrot.
    „Der Brei schmeckt heute besonders scheußlich“‘, bemerkte Lew. Wie alle anderen hatte er sich inzwischen daran gewöhnt.
    „Es ist der Rest von der alten Ernte“, sagte Sam. „Vor neun Monaten hast du noch ganz anders über dieses Zeug gesprochen.“
    „Deswegen bin ich auch heute noch nicht versessen darauf“, knurrte Lew. Er schob den leeren Teller beiseite. „Ich begreife nicht, wie Ventor es hier aushält, wo er doch jederzeit zur Erde zurück kann. Nichts als Hefekulturen, Wüste und Arbeit. Ich kapiere das nicht.“ Er sah auf Pop. „Warum tut er das?“
    Der alte Mann grunzte. Er kratzte sich am Kopf. Seine Augen starrten leer gegen die Wand, als sähen sie die Vergangenheit.
    „Ich weiß es nicht, Lew. Es ist schwer zu erklären. Zuerst war alles neu und aufregend, vor uns lag eine neue Welt. Wir waren Helden damals. Heute, scheint mir, sind wir nur noch Narren.“
    „Warum bliebst du, Pop?“
    „Ich? Es gab kein Schiff, um mich zur Erde zu bringen. Und außerdem – was sollte ich auf der Erde?“
    „Du hättest Arbeit in jeder Stadt gefunden …“
    „Nein, mein Sohn, das verstehst du nicht. Ich bin ein alter Mann. Hier in der Kolonie kennt mich jeder, und ich habe meine Aufgabe. Was wäre ich denn auf der Erde? Ein alter Landstreicher, zu nichts mehr nütze.“ Er seufzte. „Außerdem wäre es schwer, etwas aufzugeben, für das man ein halbes Leben lang gearbeitet hat.“
    „Ob Ventor auch so fühlt?“ fragte Sam leise.
    „Ja“, nickte der Alte. „Der Mars bedeutet ihm alles.“
    Sam nickte – und krümmte sich plötzlich zusammen. Sein Kopf schlug auf den Tisch, als er zu husten begann. Roter Schaum erschien auf den Lippen. Rasselnd ging sein Atem.
    Pop betrachtete ihn fassungslos.
     
    Einige Tage später.
    Ventor trommelte einen erregten Marsch auf die Tischplatte. „Warum haben Sie sich nicht früher krank gemeldet?“
    Sam unterdrückte das Husten.
    „Ich wollte niemand zur Last fallen, Sir.“
    „So … Sie wissen, was Sie haben?“
    „Nein, Sir.“ Sam schluckte. „Ist es sehr schlimm?“
    „Ja, schlimm genug. Sie sind unvorsichtig gewesen und haben es versäumt, bei jeder Gelegenheit die Maske zu tragen.“
    Langsam nickte Sam. Der Kommandant hatte richtig geraten. Wie oft war er abends ein Stück hinaus in die Wüste gewandert, um den fremdartigen Zauber des Sonnenunterganges zu
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