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TS 16: Einer von Dreihundert

TS 16: Einer von Dreihundert

Titel: TS 16: Einer von Dreihundert
Autoren: J. T. McIntosh
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hingehen und zeigen, daß ich da war. Sie hatten mich töten können. Aber das Wissen, daß ihre einzige Hoffnung auf ein Weiterleben von mir abhing, ernüchterte sie, und sie verdufteten. Pat lag bewußtlos am Boden.
    Ich hob sie auf und brachte sie zu Leslie.
    Pat schlug die Augen auf. „Mein Gott, was ist mit mir passiert?“ stöhnte sie. Dann sah sie die glotzenden Kinder hinter uns. „Dreht euch um, Kinder“, sagte sie, „ihr seid noch zu klein für so was.“
    Ihre Verletzungen waren leichter, als man hätte annehmen sollen.
    Leslie zog sich ihr Kleid über den Kopf und half mir, es Pat anzuziehen. „Jetzt sind Sie der Star der Striptease-Show, Leslie“, bemerkte Pat. „Machen Sie sich nichts daraus, ich hatte noch weniger an als Sie.“
    Ohne ersichtlichen Grund war die Schlägerei plötzlich so gut wie zu Ende. Die Menschenmenge löste sich auf wie Schnee in der Sonne.
    Dies war unsere erste und fast auch schlimmste Schlacht gewesen. Bis dahin hatten die Menschen nicht gewußt, was geschehen konnte, wenn ein solcher Kampf zwischen Männern und Frauen ausbrach, die nur noch vier Tage zu leben hatten. Sie hatten nicht gewußt, daß sie selber imstande sein würden zu töten – und getötet werden konnten.
    Pat konnte nicht gehen, aber sie war sehr leicht zu tragen. Ich nahm sie mit in mein Hotel, das ganz in der Nähe lag.
    Unterwegs fiel mir etwas ein, was mich mitten in der Schlacht gewundert hatte. „Wie haben Sie das gemeint“, fragte ich Leslie, die neben mir ging, „daß sie Pat bestimmt etwas tun würden und daß ich dumm wäre, das nicht zu verstehen?“
    Leslie sagte gereizt: „Seien Sie doch nicht so dumm, Bill.“ Sie hatte recht, ich war dumm.
    Ich sah Pat an. „Weißt du, was sie meint?“ fragte ich. Pat sagte, sie wisse es auch nicht.
    „Sie wußten, daß Pat bestimmt einen Platz im Rettungsschiff bekommt“, sagte Leslie plötzlich bitter. „Natürlich wollten sie sie umbringen. Ich kann es ihnen sogar nachfühlen.“
    Pat versuchte zu lachen, gab es aber wieder auf. „Antworte du ihr, Bill“, sagte sie mit schwacher Stimme.
    Aber es war sehr wichtig, daß niemand erfuhr, wer mit zum Mars fliegen durfte und wer nicht. Es konnte die Menschen zur Verzweiflung treiben, zu wissen, daß keine Hoffnung mehr bestand.
    So antwortete ich nur unverbindlich: „Niemand ist seines Platzes sicher, Leslie. Bis Donnerstag abend, wenn elf von uns von hier fortgehen, weiß niemand, ob er mitkommt oder nicht.“
    Leslie zog die Stirn in Falten. Wir waren im Salon meiner Hotelsuite angelangt. Ich setzte Pat auf einem Sofa nieder. „Aber …“ sagte Leslie.
    Diesmal lachte Pat wirklich. „Glauben Sie es immer noch nicht. Leslie?“ spottete sie. „Hören Sie zu. Wenn Bill es nicht offen sagt, dann tue ich es: Er würde niemals ein Mädel wie mich mit zum Mars nehmen. Wenn er es täte, wäre er nicht Bill. Also kann ich ruhig so bleiben, wie ich bin, anstatt mich zu verstellen, damit ich einen Platz im Schiff bekomme. Verstanden?“
    Leslie nickte ungläubig mit dem Kopf. „Ich gehe jetzt den Arzt holen“, sagte sie. Ich warf ihr wortlos ein Hemd und eine Hose von mir zu.
    „Ich hätte mehr von ihr gehalten, wenn sie dir geglaubt hätte“, sagte ich stirnrunzelnd, als sie gegangen war.
    „Kannst du denn das von ihr erwarten?“ fragte Pat müde. „Wir sind doch immer zusammen. Wir …“
    Aber das Sprechen machte ihr zuviel Mühe, und sie brach ab.

 
3. Kapitel
     
    Am nächsten Morgen klopfte es an die Tür, bevor ich noch richtig wach war. Pat, wirklich eine zähe Natur, war schon auf. Sie ging zur Tür und öffnete sie.
    Der frühe Besucher war Mortenson.
    „Bill“, sagte er in seinem leichten, freundlichen Ton, „glauben Sie nicht, daß Sie etwas Hilfe gebrauchen könnten nach dem, was gestern vorgefallen ist? Ich meine, Sie sind doch hier ganz allein. Pat zählt ja nicht, wenn die Scherben anfangen zu fliegen. Soll ich zu Ihnen ziehen?“
    Ich überlegte.
    „Smart von dir, Fred“, bewunderte ihn Pat. „Falls Bill noch nicht festgestellt hat, was für ein Prachtmensch du bist, gibst du ihm jetzt Gelegenheit dazu.“
    Er gab ganz ohne Verstimmung zu, daß dies sein Beweggrund gewesen war. Mortenson war immer freundlich und natürlich. „Der Gedanke war mir tatsächlich gekommen“, sagte er. „Wie ist es, Bill?“
    „Lieber nicht“, antwortete ich und erklärte weshalb, ohne ihm zu sagen, daß er auf der Liste stand. „Das leuchtet mir ein“, gab er zu. „Sie haben
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