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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss
Autoren: M Bomm
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nicht zu
sagen, welchem Zweck die Anlage inzwischen diente. Allerdings hatten in den
vergangenen Jahren auch private Mobilfunk-Betreiber ihre Antennen an den Masten
montiert.
    Der Landwirt, der mit seinem Traktor einen
Güllefass-Anhänger zu seinen Feldern fuhr, verschwendete keinen Gedanken an das
militärische Gelände, an dem er von der Straße abbog. Er, einer der wenigen,
die in Hohenstadt noch größere Ländereien bewirtschafteten, hatte anderes im Sinn.
Im Wetterbericht war Regen angekündigt worden, weshalb er noch schnell einen
Acker düngen wollte.
    Der Traktor, ein ziemlich neues Modell mit
modernster Technik, tuckerte an dem hohen, von Stacheldraht gekrönten Zaun des
Militär-Areals entlang. An dessen Ende, das erkannte der Bauer von seiner
überdachten Fahrerkabine aus, parkte ein schwarzes Auto, das mit der linken
Hälfte weit in den Feldweg hinein ragte. Beim Näherkommen stellte der Landwirt
fest, dass es ein VW Golf war, ein älteres Baujahr wohl. Für einen kurzen
Moment ärgerte er sich, weil er vermutete, es könnte sich um einen der vielen
Städter handeln, die mit ihren Fahrzeugen rücksichtslos die Wege blockieren.
Doch dann nahm er das Gas weg. Ihn machte stutzig, dass am Heck des in
Fahrtrichtung geparkten Golfs gar kein Kennzeichen angebracht war. Sein erster
Gedanke war, da müsse wohl ein Schrottfahrzeug abgestellt worden sein. Er
stoppte seinen Traktor, zog die Handbremse, ließ den Dieselmotor aber laufen.
    Der Mann, der trotz seiner fast 60 Jahre sportlich
wirkte, schwang sich von seinem Fahrersitz und ging zu dem geparkten Golf
hinüber. Er ließ dabei seinen Blick suchend nach allen Richtungen schweifen, um
möglicherweise jemanden zu entdecken, dem der Wagen gehören könnte. Doch die
Hochfläche war, soweit er dies feststellen konnte, menschenleer. Die Sonne kam
wieder zwischen den Wolken hervor und ließ die Bäume lange Schatten werfen.
    Der Landwirt spürte die Kälte, die durch
seinen blauen Arbeitsanzug kroch. Er kratzte sich mit den schmutzigen Fingern
an der faltenreichen Stirn und strich sich mit der Hand nachdenklich über das
schlecht rasierte Kinn. Er erkannte sofort, dass der Golf nicht verriegelt war,
denn an der Fahrertür ragten die Druckknöpfe des Schließmechanismus weit nach
oben. Der Mann trat dicht an die Seitenscheibe heran, um den Innenraum
überblicken zu können. Doch da gab es nichts, was ungewöhnlich gewesen wäre.
Die Polster waren zwar abgewetzt, aber er entdeckte keinerlei Gegenstände auf
den Sitzen, auch nicht in den Fußräumen. Der Tachometer zeigte 88 743
Kilometer. Dann aber verengte der Landwirt die buschigen Augenbrauen: Im
Zündschloss steckte ein Schlüssel.
    Er trat instinktiv einen Schritt zurück
und suchte mit seinem scharfen Blick noch einmal die Umgebung ab, während die
Sonne wieder hinter den Wolken verschwand und Dieselabgase seines Traktors in
der Luft hingen. Jetzt sah er es plötzlich, was ihm vorhin nicht aufgefallen
war: Nur zehn, zwanzig Meter weiter vorne, abseits des Wegs im spärlichen Gras
der Wiese, hatte offenbar erst vor kurzem ein Feuer gebrannt. Möglicherweise
waren mit dem Inhalt eines kleinen Plastikkanisters, den er ein Stück weiter
davon entfernt erkannte, jene Gegenstände entzündet worden, deren verkohlte
Überreste dort vorne lagen. Der Landwirt zögerte, ging dann aber zunehmend
schneller und energischer auf die Brandstelle zu, um abrupt in respektablem
Abstand stehen zu bleiben. Was er sah, ließ ihn den Atem stocken. Er stand wie
versteinert, nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.

3
     
    Die Schwäbische Alb, jener Höhenzug, der im Süden Deutschlands die
Donau einerseits und den Neckar andererseits voneinander trennt, war an diesem
späten März-Nachmittag ein paar Kilometer von Hohenstadt entfernt noch in
schönsten Sonnenschein gehüllt.
    In Steinenkirch, einem Ortsteil des
größeren Böhmenkirchs, das ostwärts auf einer kargen Hochfläche lag, konnte man
sich darüber freuen. Am nordwestlichen Rande des kleinen Örtchens, weit ab der
Hauptverkehrsstraße, war in den vergangenen Jahren ein Neubaugebiet mit jenen
schmucken Häuschen entstanden, die mit ihren Erkern und Gauben den Stil des
ausgehenden 20. Jahrhunderts repräsentieren. Es waren kleine Einfamilienhäuser,
wie sie den angeblich unablässig schaffenden und sparenden Schwaben als ihr ein
und alles angedichtet werden. Hier oben, wo die Sicht an klaren Tagen beinahe
von Horizont zu Horizont reicht, hinaus auf die steinigen
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