Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trügerisches Spiel (German Edition)

Trügerisches Spiel (German Edition)

Titel: Trügerisches Spiel (German Edition)
Autoren: Michelle Raven
Vom Netzwerk:
Erin mit einem behandschuhten Finger den Kopf des Toten anhob. Weit aufgerissene Augen starrten ihn leer an und Jay musste sich zwingen, sich nicht wegzudrehen. Das gesamte Gesicht war mit Prellungen übersät, geronnenes Blut bedeckte die bleichen Wangen und das Kinn. Trotzdem hatte Jay keine Mühe, ihn zu erkennen. Es war Rizzo. Damit waren seine schlimmsten Befürchtungen furchtbare Wirklichkeit geworden.
    Sanft klappte die Gerichtsmedizinerin den Mund der Leiche auf. »Sie haben ihm die Zunge herausgeschnitten.«
    Dave gab einen erstickten Laut von sich, drehte sich um und ging rasch weg. Am liebsten wäre Jay ihm gefolgt, aber das konnte er nicht tun. Rizzo war sein Informant gewesen und damit seine Verantwortung. Heiße Wut breitete sich in seinem Körper aus, und er wünschte sich, Leone würde ihm jetzt gegenüberstehen und er könnte ihn einfach erschießen.
    Erin blickte Dave besorgt hinterher. »Was hat er?« Sie drehte sich zu ihm um und erstarrte. »Du kennst den Toten.«
    Jay nickte ruckartig. »Ja.« Seine Stimme war nur ein raues Krächzen. »Ist er … daran … gestorben?«
    »Nein. Sie haben ihm die Kehle durchgeschnitten.«
    Sein Blick schärfte sich. »Sie?«
    Sie hob die Schultern. »Ich gehe davon aus, dass es mindestens zwei waren. Der Tote war kräftig, einer alleine hätte es schwer gehabt, ihn hier festzubinden. Außerdem haben wir in der Nähe etliche Zigarettenkippen gefunden.«
    »Okay. Wann kannst du die Autopsie machen?«
    »Ich habe noch einige, die vorher dran sind.« Sie warf ihm einen durchdringenden Blick zu. »Aber wenn er ein Freund von dir war, ziehe ich ihn vor.«
    »Das wäre nett, danke.« Als er sich umdrehen wollte, hielt sie ihn am Arm fest. »Weißt du, wer das getan hat?«
    »Antonio Leone.«
    Sie nickte langsam. »Ich dachte mir schon sowas. Sei bloß vorsichtig, Jay.«
    Er zeigte seine Zähne in der Parodie eines Lächelns. »Das bin ich immer.«
    Ohne sich zu verabschieden, drehte er sich um und ging, ohne nach rechts und links zu schauen, in Richtung Wagen. Er konnte nur daran denken, Leone mit seinen Verbrechen zu konfrontieren und ein Geständnis zu erzwingen.
    So bemerkte er Captain Morris erst, als der ihm in den Weg trat. »War er es?« Jay nickte knapp. »Verdammt!« Morris stemmte die Hände in die Hüften und schüttelte den Kopf.
    Jay wollte an ihm vorbeigehen, doch der Captain hielt ihn am Ärmel fest. »Nicht so schnell. Wo wollen Sie hin?«
    »Zu Leone. Er wird nicht damit durchkommen.« Er merkte selbst, wie seltsam tot seine Stimme klang, aber es war ihm egal.
    »Das werden Sie nicht tun. Im Moment haben wir keine Beweise, dass Leone etwas damit zu tun hat.« Er hielt die Hand hoch, als Jay antworten wollte. »Ja, ich weiß auch, dass er es war. Aber wir müssen es auch beweisen können, sonst stehen wir wieder so dumm da wie heute Nachmittag. Gehen Sie nach Hause und ruhen Sie sich aus. Vielleicht finden die Techniker am Tatort etwas, das Leone mit dem Mord in Verbindung bringt.«
    Morris wusste genauso gut wie er selbst, dass das nicht geschehen würde. Dafür war der Verbrecher zu schlau. »Vielleicht kann ich …«
    »Nein, Hunter, lassen Sie die Sache ruhen.«
    Jay biss die Zähne zusammen. »Ist das ein Befehl?«
    Tief seufzte Morris auf. »Wenn Sie anders nicht auf mich hören, dann ja, es ist ein Befehl. Halten Sie sich da raus, bis wir etwas in der Hand haben.«
    Die Wut brodelte in ihm, doch Jay schaffte es, sie nicht herauszulassen. »Ja, Sir.« Abrupt drehte er sich um und ging zu seinem Wagen. Er würde den Verbrecher kriegen, das schwor er sich. Nicht nur für Rizzo, sondern auch für alle anderen, die unter ihm leiden mussten.

2
    Mitchell, Nebraska, neun Monate später
    Im Spiegel beobachtete Jocelyn die Frauen hinter ihr, die versuchten, die Aerobic-Schritte, die sie ihnen vorgab, mehr oder weniger gut zu imitieren. Die Musik hämmerte laut durch den Raum, und wie so oft bewegte sich ihr Körper wie von selbst. Jocelyn vermied es, sich selbst im Spiegel anzusehen, denn das würde ihr nur in Erinnerung bringen, dass sie nicht mehr Jocelyn Callaghan, angehende Ärztin aus San Francisco war, sondern Hannah Turner, Aerobic-Lehrerin in einer Kleinstadt des Mittleren Westens. Sie sah nicht einmal mehr aus wie sie selbst, ihre jetzt dunkelbraunen Haare waren zu einem strengen Zopf gebunden und enthüllten die Tatsache, dass sie in den letzten Monaten stark abgenommen hatte. Ihre Gesichtsknochen standen hervor, an ihrem Hals und ihren Armen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher