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Troposphere

Troposphere

Titel: Troposphere
Autoren: Scarlett Thomas
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kann ihn nicht richtig hören, weil ich auch schreie. Aber ich kann nicht mal das richtig hören, weil ich vor Schmerz nichts richtig registrieren kann. Ich will sterben. … Ich weiß nicht, was Tod ist, aber in meinem Kopf ist etwas, das es weiß und versteht, dass ich fähig sein müsste, mich zu bewegen, und dass da keine Metallstacheln in meinen Augen sein sollen und dass ich weniger Schmerzen im Kopf haben würde, wenn sie nicht da wären, und ich vielleicht etwas sehen könnte. Was ist Sehen? Die Welt ist eine schwarze Platte, und abgesehen davon habe ich nie etwas anderes gekannt. Es kostet mich Mühe, Luft zu holen, und damit verbringe ich mein Leben, nur mit der Anstrengung, zu atmen …
    »Spring wieder«, sagt Adam. »O Gott …«
    Die Schmerzen sind mit nichts vergleichbar, was ich je empfunden habe.
    Die Konsole ist immer noch sichtbar, wenn auch schwach.
    Ich glaube, ich habe keine Beine. Ich glaube, ich bin noch nie gelaufen.
    Alles ist schwarz. Ich suche mir ein Bild auf der Konsole aus: irgendein Bild.
     
    Sie haben jetzt die Wahl.
    Sie … ich … Wir stehen am Eingang eines Labyrinths. Eine neue Welt! Wie aufregend. Vielleicht wird dies endlich der Weg nach draußen sein. In diesem Gang bin ich schon gewesen. Und in dem hier. Ich kann das Essen am Ende riechen. Es ist wieder dasselbe Zeug, aber es hält mich am Leben, und es hält mich bei der Stange. Ich bin erst zur Hälfte durch einen unbekannten Gang, als mich eine behandschuhte Hand hochhebt, und das Gefühl des Stoffs an meinem Fell riecht genauso wie die Wände meiner Welt, und mein ganzes Leben bin ich von diesen Gerüchen getröstet worden. Jetzt werde ich wieder abgesetzt: Meine Füße berühren das Glas. Wo ist meine Belohnung? Das hier ist der falsche Behälter. Wo ist das Sägemehl? Das hier riecht nicht wie mein Behälter. Ich kann dieselben Symbole auf dem Boden erkennen (die ich jetzt auch lesen kann: Da steht HappiMat™), aber irgendwas läuft schrecklich falsch. Angst durchbohrt mich wie die Nadeln, die meine Betreuer jeden Tag an mir benutzen. Meine Brüder und Schwestern liegen um mich herum, aber sie versuchen nicht, mit mir zu kämpfen oder mich zu besteigen. Sie riechen anders. Ich gehe zu ihnen und schaue sie an. Ich stupse eine von ihnen mit der Nase an, sie ist kalt. Sie liegen einfach alle da rum wie die nassen Tücher, die unsere Betreuer manchmal in den Behältern liegenlassen, wenn sie damit fertig sind, etwas von dem Geruch abzuwischen. Ich gehe hinüber und schnuppere an ihnen. … Das sind nicht die richtigen. Das sind … Au! Lass los. Eine andere behandschuhte Hand ergreift mich, aber diese ist nicht sanft …
    »Ariel!«
    »Tut mir leid.«
    Wir springen.
     
    Sie haben jetzt die Wahl.
    Sie … ich … Wir bekommen wieder eine Spritze. Ich weiß nicht, was schlimmer ist, das Gefühl der kalten, spitzen Nadel, die eindringt, oder das Gefühl, wenn sie wieder rausgeht. Sobald sie drin ist, will ich sie draußen haben, aber sobald sie draußen ist, ist mir schwindelig, und ich kann mein Nest nicht mehr richtig machen und … mein Nest ist mir eigentlich egal. Ich fühle etwas Warmes und Nasses, das an meinen Beinen runterkriecht. Ich will nur schlafen. Mein Nest riecht jetzt sauer, aber ich muss schlafen. Ich habe nicht mal Lust, mich zu putzen.
     
    Sie haben jetzt die Wahl.
    Sie … ich … Wir können nicht atmen bei all dem Rauch. Ich kann den Kopf nicht bewegen.
     
    Sie haben jetzt die Wahl.
    Sie … ich … Wir fliegen durch die Luft und landen mit einem unbeholfenen Plumps, und dann fliegen wir wieder. Mein Freund fliegt ebenfalls, und eine andere Maus, die ich nicht kenne, und um uns herum sind lauter Menschen, die lachen; obwohl ich die Sprache nicht verstehe, kann etwas in meinem Kopf hören, wie die Pfleger sagen: »Hör auf, mit den Mäusen zu jonglieren, Wesley.« Mir ist sehr schwindelig, und ich will in meinen Behälter zurück.
     
    Sie haben jetzt die Wahl.
    Sie … ich … Wir können nicht verstehen, warum das immer wieder passiert. Ich mache mein Nest immer wieder genau, wie es mir gefällt (wie meine Mutter es mir beigebracht hat), und dann stelle ich fest, es ist verschwunden. Die Hand nimmt es weg. Und dann gibt mir die Hand neues Material zum Nestbau, und ich fange wieder an zu bauen. Jede Nacht schlafe ich auf nacktem Glas, trotz all der Nester, die ich gemacht habe.
     
    Sie haben jetzt die Wahl.
    Sie … ich … Wir können nicht schlafen, wenn die ganze Zeit diese Lichter
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