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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean
Autoren: Subina Giuletti
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vibriert es auf dem Glastisch – in unsere entsetzte Stille hinein. Heike! Hektisch drücke ich auf das Display, schalte den Lautsprecher ein. Alle Augen sind auf das kleine Teil gerichtet. 
    „Heike!“ schreie ich und meine Stimme überschlägt sich. „Was ist los? Warum ist J da? War er in der Regie?“
    „Ja“, hören wir alle Heikes gehetzte, unterdrückte Stimme. „Er ist in der Regie. Er tauscht den Film aus!“
    „Oh, Gott“, flüstert Hänsler und vergräbt sein Gesicht in seinen alten Händen. „Oh Gott, oh nein... bitte lass das nicht wahr sein...“
    „Woher weißt du das?“ Meine Stimme ist heiser. Hat J gewusst oder geahnt, dass wir den Film vertauscht haben? Mein Hirn fiebert nach einer Lösung. Eine Lösung, eine Lösung. Heike ist im Studio. Heike ist im Studio.
    „Woher weißt du das?“ wiederhole ich sinnlos, weil Heike nur weint und nichts sagt.
    „Weil ich ihm gefolgt bin! Ich schaue grade durch das Fenster! Er hat unsere Festplatte abgemacht und seine angesteckt!“ presst sie verzweifelt ins Telefon. Blechern scheppern ihre Worte durch den Handylautsprecher in den Raum. Ich höre die Herzen um mich herum klopfen, einschließlich meinem.
    „Woher hat er das gewusst?“ flüstere ich. Oh, bitte, lieber Gott, eine Lösung!
    „Heike, geh in den Senderaum“ höre ich mich sagen. „Du hast noch etwa zwei Minuten. Geh da rein und lass dir was einfallen. Du bist Mathematikstudentin. Du schaffst das. Geh in den Raum.“
    „Da drin sitzt wer!“ heult sie. „J... und Esche! Der Unfreundliche!“
    „Geh rein!“ befehle ich ihr und meine Stimme klingt eisig und eindringlich „geh rein und sieh, was passiert. Sie können nicht mehr als dich rausschmeißen, aber wenn du nicht reingehst, passiert gar nichts. Handle einfach, wie es dir kommt. Verlass dich auf deine innere Stimme. Ich kann dir nichts anderes sagen. Geh einfach rein! Schnapp dir Js Exemplar! Mach’s kaputt! Hau mit dem Absatz drauf!“
    „Okay“, schnieft Heike und legt auf. Ich drehe mich um. Viele Gesichter starren mich an. In mir flutscht etwas nach unten, mir wird schwindlig, ich muss mich setzen. Florian greift meinen Arm, lässt mich auf den Sessel sinken.
    „Stell wieder laut, Rob“, sage ich. „Wir müssen sehen, wie E!Lizas und unsere Zukunft ausschaut“.
    Denn wenn Js Version gezeigt wird, ist nicht nur E!Liza erledigt.
     
    Immer noch kein Film. Inzwischen sitzt J neben Ryss, beide  breitbeinig auf den Studiosesseln.
    J schwafelt irgendwas von, er habe E!Lizas Auftritte auf Partys verfolgt und war schon immer angewidert gewesen von der Art, wie sie sich aufpolierte, sie habe ihn mehrfach angemacht, was er aber abgewehrt habe, genauso wie Anfragen, einen Film über sie zu drehen, weil JC ein Markenzeichen sei und sich mit so was nicht abgebe. Sie zeigen den Ausschnitt, wo E!Liza J mit Slime bewirft.
    „Oh, so ein widerlicher Lügner!“ entfährt es Susann.
    „Von wem ist dann der Film?“ fragt die Talkmasterin. „Und welche Quellen wurden verwendet?“
    „Fragen Sie mich nicht nach den Quellen“, sagt J süffisant. „Da muss jemand tief im Schlamm gewühlt haben... so was tut JC nicht... wahrscheinlich ist der Film einfach von einem No-name-Writer, der sich auf Teufel komm raus einen Namen machen will...“
    Ich schließe die Augen. Mir fehlen die Worte. Die Situation hat schon wieder eine gewisse Komik, die mich an den Rand eines hysterischen Lachanfalls bringt. Ich habe mir auf Teufel komm raus einen Namen machen wollen! Deswegen hatte J die Festplatte gewollt – um jeden Hinweis auf JC zu vertuschen! Die Talkmasterin stellt Ryss eine Frage, der schwafelt was „vom Weg abgekommen, nicht auf ihn gehört“ und so weiter. Seine Worte sind schrecklich, aber sie geben Heike Zeit.
    „Ich würde sagen“ beendet die Talkmasterin sein Geheuchel, „wir schauen uns die Doku an und dann ist es sicher interessant, weitere Stellungnahmen dazu hören. Verehrte Zuschauer, wir erwarten E!Liza selbst... wenn sie sich traut“.
    Noch einmal Werbung, die kurze, bleiben Sie dran. Nur noch eine Minute bis zum Film. Oben im rechten Rand läuft die Zeitanzeige.
    Die Sekunden ticken in den Raum. Eine letzte Bierwerbung. Die Spannung ist unerträglich, unsere Herzen klopfen, unser Atem ist flach, das Licht heruntergedimmt, der Bildschirm die größte Lichtquelle. Mein Blick wandert zu den Hänslers. Sie sitzen auf der Couch, die Hände ineinander verkrampft. Frau Hänslers Gesicht ist komplett erstarrt. Krug sitzt
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