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Trojaspiel

Trojaspiel

Titel: Trojaspiel
Autoren: Marc Hoepfner
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Schauspieler, etwas in der Richtung.Manche, so wie ich, sind nicht einmal das. Sie sind wohl nicht gerade wählerisch.«
       Mahgourian hatte sich wieder mir zugewandt. Er runzelte die Stirn.
       »Warum bleiben neben diesem hier vier ganze Stockwerke verschlossen?« bohrte ich unbeirrt weiter. »Und warum gibt es auf meinem Korridor so viele unbenutzte Zimmer? Einige, heißt es, sind seit Jahren nicht geöffnet worden. Kein Reiseführer erwähnt dieses Hotel. Es gibt keinen Telefonbucheintrag und keine Richtlinien für die Aufnahme der Gäste. Der Portier nimmt lediglich Briefe mit Bewerbungen entgegen.«
       »Viele Briefe, und jeder einzelne wird gelesen. Aber ich denke, Ihr Interesse gilt dem Haus selbst?«
       »Das Haus ist mir ein Rätsel.«
       Der alte Mann lächelte.
       »Ich verstehe. Das Haus hat seine eigene Geschichte. Ihre Pläne sind ein weiterer Mosaikstein. Woher haben Sie sie eigentlich? Sie werden die Blätter kaum in einem Archiv Ihrer Heimatstadt entdeckt haben.«
       Das plötzliche Funkeln in seinen Augen verunsicherte mich.
       »Ich habe sie auf einem Dachboden gefunden.«
       Mahgourian atmete aus und schwieg eine Weile.
       »Darüber würde ich gerne mehr erfahren. Darf ich die Zeichnungen einstweilen sehen? Sie haben mir nur ein paar Auszüge geschickt. Kopien, die nicht leicht zu begreifen sind.
       Es ist natürlich viel verändert worden, noch weit nach Baubeginn. Die Statik machte dem Architekten Sorgen. Später wurde immer wieder herumgepfuscht, das Hotel war eine einzige Baustelle. Manchmal wundere ich mich, wie das alles halten kann. Jedenfalls sollten Sie nicht im Zorn mit den Türen schlagen.«
       Sein Lächeln hatte jetzt etwas Listiges. Ich reichte ihm die beiden Rollen mit den alten Papieren. Es blieb mir keine andere Wahl. Der Alte griff gierig nach ihnen. Dann besann er sich, breitete einen der Bögen, die Lässigkeit des Fachmanns demonstrierend, auf dem Schreibtisch aus.
       »Handschriftliche Notizen, dicht gedrängt auf jedem Blatt?
       Seltsam für einen Architekten, finden Sie nicht?«
       Ich zog unschlüssig die Brauen hoch.
       »Es sind nur Pläne, Konstruktionszeichnungen«, gab ich harmlos zurück.
       Mahgourian sah mich nachsichtig an.
       »Ist Ihnen nichts aufgefallen? Haben Sie nicht wenigstens die Texte entziffern können?«
       »Das Gebäude selbst interessiert mich.«
       Mahgourian kniff die Lippen zusammen, dann legte er den Kopf schräg wie sein Ara über ihm.
       »Ich möchte die Blätter eine Weile behalten. Sie bekommen sie natürlich zurück.«
       Ich sah erst ihn und dann den Papagei an. Schließlich bewegte ich die Schultern und willigte ein.
      
      
       Das alte Hotel hatte selbst in den bewohnten Fluren etwas Dunkles und Drückendes. Ein Heim, das eine Anzahl von Schwärmern vor ihrer ungewissen Zukunft bewahrte, dessen Einrichtung von einer vergangenen Epoche erzählte, konnte nicht heiter sein. Es sprach eher von Gnadenfristen, begrenztem Schutz vor dem Mahlwerk, das außerhalb der Mauern mit Wohlwollen geizte und die Milde des Eigentümers verspottete, weil sie einen harten Fall nur hinauszögerte. An meinem zweiten Tag im Hotel, ich hatte außer den gelegentlich auftauchenden Angestellten und ein oder zwei Flurnachbarn, die mich schläfrig durch angelehnte Türen beobachteten, noch keinen Menschen in dieser Herberge zu Gesicht bekommen, hörte ich plötzlich einen hellen Gesang auf dem Flur. Ein Lied, dessen Namen ich nicht kannte, obwohl mir die Melodie vertraut war. Die Sängerin klang talentiert und doch so fröhlich wie jemand, der seine Stimme nur zum eigenen Zeitvertreib einsetzt. Ein junges Mädchen, das durch den Flur schlenderte und dessen gespenstische Atmosphäre vertreiben wollte. Oder ein Mädchen, das diesen Flur gar nicht sah. Ich lauschte der unerwarteten Darbietung mit heimlichem Interesse. Wollte nicht stören, als ich leise meine Zimmertür öffnete, um besser hören zu können. Die Auftritte wiederholten sich.Das Mädchen verließ das Hotel täglich zu festen Zeiten, und wenn mich enttäuschende Ermittlungen in Mahgourians Reich nicht aus dem Haus getrieben hatten, hörte ich ihr regelmäßig zu, gewöhnte mir sogar an, die Zimmertür offenzulassen.Das kostenlose Tonikum ihres Gesanges war mir bald so unersetzlich, daß ich unruhig wurde, wenn ich ihn nicht hören konnte. Gereizt saß ich dann in meinem Sessel, betrachtete die Knöchel meiner Hand, die eine Flasche
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