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Trojaspiel

Trojaspiel

Titel: Trojaspiel
Autoren: Marc Hoepfner
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»Warum gab es Bedenken wegen seiner Statik? Auch nachdem Sie das Haus erworben hatten, ist es noch verändert worden. Warum wollten Sie meine Pläne einsehen? Seither ist viel Zeit vergangen, und gerade Sie müßten hier jeden Winkel, jeden einzelnen Stein kennen.«
       Der Alte betrachtete mich mit Heiterkeit, seine Anspannung wich, wahrscheinlich hatte ich nicht die richtige Frage gestellt.
       »Leider weiß ich über den Bau des Hauses nur sehr wenig. Als das Hotel 1924 eröffnet wurde, waren ganze drei Stockwerke in Betrieb. Die restlichen Etagen, so wurde es jedenfalls neugierigen Gästen erzählt, seien noch nicht fertiggestellt.Warum auch nicht. Nicht unüblich so etwas damals. Das Geld war knapp, man hatte sich verkalkuliert, richtete nur einen Teil der Zimmer ein, bis genügend Mittel aufgetan wurden. In unserem Fall hielt sich dieser Zustand allerdings für mehr als zwei Jahrzehnte.«
       »Das Hotel blieb zwanzig Jahre lang eine Baustelle?« fiel ich ihm ins Wort.
       Mahgourian begann meine Neugier zu genießen.
       »Als Hotel kann man es auch heute nicht bezeichnen. Sie selbst haben es bemerkt. Und einige Stockwerke sind noch immer nicht zugänglich. – Für Gäste«, fügte er süffisant hinzu.
       »Warum haben Sie die Bauarbeiten nicht abgeschlossen? Sie besitzen viele Häuser in dieser Stadt. Teure Immobilien mit hohen Mieten. Nur in diesem Fall soll alles anders sein? Ein Hotel, das eigentlich keines ist, mit Gästen, die nicht zahlen müssen, in einem Gebäude, das siebzig Jahre lang nicht fertig wurde?«
       Mahgourian zog die Mundwinkel nach unten.
       »Ich kenne das Haus nicht so gut, wie Sie vermuten, junger Mann. Auch für mich ist es ein Rätsel geblieben.«
       Der Alte schnaufte plötzlich und wischte sich Schweiß von der Stirn. Nur mein Gefühl wollte mich glauben lassen, er sage die Wahrheit.
       »Als ich das Hotel übernahm, waren fünf Stockwerke unzugänglich, so wie heute im Prinzip auch. Die seit der Eröffnung ergänzten Etagen hatte man nur unzureichend ausgebaut. Sie wiesen architektonische Besonderheiten auf, für die es keine behördliche Genehmigung gab. Das Haus warunzweckmäßig. Alles deutete darauf hin, daß man an der Innenkonstruktion immer wieder Veränderungen vorgenommen hatte, die mit der beabsichtigten Nutzung des Gebäudes nichts zu tun hatten, die ihr besser gesagt zuwiderliefen und deren Bedeutung für mich zunächst im dunkeln lag. Die Spuren dieser Veränderungen in den Stockwerken, die heute bewohnt werden, mußte ich mit großem Aufwand beseitigen, um das Hotel meinen damaligen Ansprüchen gemäß sicher und rentabel zu machen.«
       Mahgourian sah mich abwartend an.
       »Es gab hier einmal normalen Hotelbetrieb mit zahlenden Gästen?«
       »Diese Stadt war ein Gewässer voller Raubzeug, und Mahgourian wollte darin der größte Hai werden. Ich habe Häuser gekauft und verkauft, um reich zu werden, nicht um Geld zu verlieren.«
       Ich schüttelte ungläubig den Kopf, erwiderte dann jedoch – um nicht unfreundlich zu wirken – sein erneutes Lächeln.
       »Warum haben Sie dann nicht auch die restlichen Stockwerke genutzt?«
       »Zunächst war das eine Frage der Kalkulation. Das Hotel lief ordentlich, aber die Ausbesserung der bereits ausgebauten Stockwerke verschlang mehr Geld, als wir angenommen hatten. Ich wollte nicht noch weitere Mittel investieren. Dieses Unternehmen war nur eines von vielen Projekten. Ich hatte es mir am Anfang nicht einmal genau angesehen, dafür hatte ich Architekten und Ingenieure. Es war ein Notverkauf, eine Gelegenheit also. Aber dann kam noch etwas anderes hinzu. Als ich die fünf letzten Stockwerke des Hauses endlich besichtigte, stieß ich auf die Besonderheit meiner Immobilie. Sie war in keinem Plan, der mir vorlag, ausgeführt. Die Zeichnungen, die ich besaß, zeigten konventionelle Skizzen eines nicht sehr phantasievollen Architekten. Sie waren absichtlich verfälscht worden. Der Vorbesitzer war in Nöten und beschrieb diese Besonderheit, während ich sie betrat, als unfertigen Gebäudeteil. Mir jedoch stockte der Atem. Meine Leute hatten mir von einer Baustelle berichtet. Sie arbeiteten auf Provisionsbasis. Der Umbau sei kein Problem, erklärte man mir lapidar. Mehr hatte mich bis dahin nicht interessiert.«
       Mahgourian sah auf die Uhr. Dann zog er einen ledernen Köcher unter seinem Schreibtisch hervor und reichte ihn mir.
       »Die Originale. Behalten Sie Ihren Schatz nur.
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