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Trias

Titel: Trias
Autoren: Marc Kayser
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Als man nun endlich nahe der westsibirischen Industriestadt Omsk zusammengetroffen war, hatten sich Kirijenko und Oleg Grischenko, der Chef der einflussreichen Vereinigung, lautstarke Wortgefechte geliefert.
    Voller Wut registrierten die Sibirier ein Ölgeschäft, das nach Meinung Grischenkos unlauter war. Das Moskauer Energieministerium hatte nämlich von Russlands drittgrößtem Erdölproduzenten Petrolis anstatt der abgesprochenen Fördermenge eine Erhöhung um fast ein Viertel verlangt und nun auch bekommen. Allen Protesten zum Trotz hatte der Vorstandsvorsitzende des sibirischen Rohstoffkonzerns erfreut die Vereinbarung unterschrieben und damit Grischenko und andere Ökoaktivisten gegen sich aufgebracht.
    Das Hauptargument vieler Naturschützer beschrieb die Furcht vor einer Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts durch die immer rasantere Ausbeutung Sibiriens. Ihrer Einschätzung nach fielen russische und internationale Konzerne wie Blutsauger in ihrem Land ein und heizten einen Wettbewerb an, der zu immer neuen Ausbeutungsorgien führt.
    Immerhin hatte Grischenko erleichtert zur Kenntnis genommen, dass der Vertrag mit Petrolis auf gerade mal sechs Monate befristet war. Warum das so war, blieb jedoch Kirijenkos Geheimnis.
    Dass ein Mann aus dem Außenministerium die Verhandlungen führte, hatte einen einfachen Grund: Moskau hatte der Großmacht Indien zuliebe auf diese erhöhte Ölförderung gedrängt. Und wenn es um bilaterale Beziehungen ging, verbat sich Kirijenko jede Einmischung anderer Ministerien. Dennoch hatte er zur Stärkung seiner Position drei Unterabteilungsleiter aus dem Energie- und Wirtschaftsministerium mitgebracht.
    Zum Ende des Disputs hatte er Grischenko versprochen, mit den Indern über die zukünftigen Fördermengen Gespräche zu führen. Ob sich das hungrige Riesenreich allerdings in neuer Bescheidenheit üben würde? Kirijenko hatte seine Zweifel deutlich ausgesprochen, Grischenko aber nicht damit beeindrucken können. Im Gegenteil: Der Aktivist hatte mit seinen Forderungen nachgelegt und Drohungen ausgestoßen … Wenn Moskau weiterhin Frieden auf den sibirischen Ölfeldern wolle, erwarte man von der Regierung Entgegenkommen. Kirijenko hatte versprochen, Moskau von den Sorgen der Sibirier zu berichten.
    Aus den engen Bullaugen der Cessna blickte der stellvertretende Außenminister in die dunkle Nacht.
    Plötzlich sackte das Flugzeug ab.
    Die Passagiere sahen alarmiert auf. Mehr als eine Stunde waren sie jetzt in der Luft.
    »Vorübergehende Turbulenzen«, sprach der Pilot in sein Mikrofon. Die Passagiere schienen beruhigt. Im weiteren Reiseverlauf blieben ihre Hände trocken.
    Die beinahe 2 600 Kilometer lange Strecke von Omsk nach Moskau verlangte einen Tankstopp auf einer Militärbasis in Kirow. Diffus beleuchteten rostige Laternen das kleine Rollfeld. Nacheinander verließen die Passagiere samt Pilot das Flugzeug, drückten ihre Rücken durch und vertraten sich die Beine. Einige von ihnen lästerten ein bisschen über das politische Moskau und rauchten dabei deutsche und amerikanische Zigaretten. Derweil pumpte ein eisernes Ungetüm Kerosin in die zweimotorige Maschine. Zwei Männer in schwarzen Overalls, Wollmützen und mit größeren Werkzeugkoffern in der Hand machten sich am Heck der Maschine mit Taschenlampen zu schaffen. Ein letzter technischer Check, erklärte der Pilot.
    Kirijenko zündete sich eine weitere Zigarette an und telefonierte mit seiner Frau. Spätestens in zwei Stunden würden sie sich wiedersehen - wenn der Gegenwind sich nicht verstärkte.
    Nach rund 300 Metern Anrollstrecke war die Maschine erneut in der Luft. Der Pilot flog einen Kreis über der Basis Kirow und stieg dann langsam auf die Reiseflughöhe von etwa 6 000 Metern auf.
    Sterne glühten nun über ihnen, am Horizont versank ein sehr blasses Licht. Kirijenko spürte ein erhabenes Gefühl. Es würde ein ruhiger Flug werden, denn das Wetter war klar, ohne polternde Wolken und rasanten Höhenwind.
    Ein schepperndes Geräusch drang vom Flugzeugboden hinauf in den Passagierraum, dann ein ächzendes Knirschen, als rieben Metallplatten aneinander. Wer nicht eingenickt war, blickte den anderen beunruhigt an. Der Pilot sah weiter gleichmütig aus dem Bugfenster. Er trug ein Headset, aus dem die übliche Konversation zwischen ihm und dem Bodenpersonal tönte. Hatte er von dem Problem nichts mitbekommen?
    Dann plötzlich: ein kurzer, trockener Knall. Ein Teil der Außenhaut riss auf, die Beine des
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