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Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser

Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser

Titel: Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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ich, je stärker die anfängliche Verliebtheit, umso länger hält die Liebe. Das ist für mich heute kein Garantiemerkmal mehr. Ich bin zwar verliebt, aber nicht über ›beide Ohren‹. Wir wollen abwarten und später entscheiden, wie es mit uns weitergeht.«
    Nach einer Trennung oder Scheidung sind die meisten Betroffenen innerlich gewachsen und haben auch sonst in ihrem Leben gelernt, »abschiedlich« zu leben. Sie schätzen eine neue Beziehung realistischer ein und hoffen doch, nicht wieder zu scheitern. Mit dem Eingehen einer zweiten Ehe wird oft schon über die Möglichkeit und Bedeutung einer erneuten Scheidung gesprochen. Das betrifft besonders die Paare, bei denen beide bereits eine Trennung oder Scheidung hinter sich haben. Griebel weist darauf hin, dass bei der ersten Ehe Partner gewählt werden, die Attraktivität, beruflichen Status und Ehrgeiz aufweisen. Hingegen werden bei einer nachfolgenden Partnerschaft Eigenschaften bevorzugt, »von denen mehr Stabilität für das Zusammenleben erwartet wird: innere Festigkeit, Rücksichtnahme, offenes und faires Austragen von Konflikten und Kompromissfähigkeit, Fehler eingestehen zu können, gemeinsame Interessen«. (Fthenakis u. a. 2008)
    Geschiedene vermitteln in einer neuen Beziehung von sich selbst ein ehrlicheres Bild und vermeiden es von Anfang an, sich selbst als perfekt darzustellen, um begehrenswert zu sein. Sie wissen, dass auf eine übermäßige Idealisierung eine übermäßige Enttäuschung folgen wird. Sie zeigen sich mehr so, wie sie sind, und wünschen sich das auch von dem anderen. Sie haben bestenfalls durch die Trennunggelernt, sich selbst zu akzeptieren und für die eigene Zufriedenheit selbst verantwortlich zu sein. Eigene Bedürfnisse und Wünsche werden von Anfang an kommuniziert, auch mit dem Risiko, dass sie abgelehnt werden. Sie wissen, dass es in einer befriedigenden Beziehung immer wieder darum geht, sich mit den eigenen und den Bedürfnissen und Wünschen des anderen auseinanderzusetzen. Sie haben weniger Angst vor den Unterschieden und daraus folgenden Konflikten. Unterschiedliche Auffassungen erleben sie nicht gleich als Bedrohung für das eigene Selbst und für ihre Beziehung gemäß dem chinesischen Sprichwort: »Dem anderen sein Anderssein zu verzeihen ist der Anfang von Weisheit.« Bestenfalls haben sie aus der Vergangenheit gelernt, dass eine Beziehung nur dann tragfähig und dauerhaft ist, wenn geredet und nicht geschwiegen wird – nicht nur am Anfang. Beziehung braucht Auseinandersetzung, braucht Pflege und Bewegung, nicht damit sie in Form bleibt, sondern damit sie immer wieder in eine neue Form gebracht wird.
    Beziehungen entwickeln eine Eigendynamik und verwandeln sich immer wieder.
    INFORMATION: ENTWICKLUNGSPHASEN DER PAARBEZIEHUNG
    Phase der Verschmelzung
    Diese Phase ist typisch für die Zeit der Verliebtheit. Beide befinden sich am Pol Bindung und Nähe. Es besteht die Tendenz, die eigenen Defizite mit den idealisierten Fähigkeiten des anderen zu überdecken und Schwächen des anderen nicht wahrzunehmen. Die Ich-Grenzen verschwimmen. Das Paar erlebt sich als Einheit.
    Phase des Widerstandes gegen die Verschmelzung
    Einer oder beide beginnen, sich vom Pol Nähe wegzubewegen, weil mehr Bedürfnisse nach Eigenständigkeit wach werden. Dieser Schritt zu Autonomie wird oft in einem »Gegen« gelebt. Die Beziehung wird offen oder verdeckt konflikthaft. Es besteht die Tendenz, die eigenen Defizite dem anderen anzulasten.
    Phase der Distanzierung und Differenzierung
    Diese Phase beginnt, wenn einer oder beide Schritte in echte Selbstverantwortunggehen. Jeder der beiden übernimmt die Selbstverantwortung für eigene Defizite und entlässt den anderen aus der Verantwortung dafür. Beide rücken auseinander und wenden sich eigenen Themen und Interessen zu.
    Phase der Wieder-Annäherung
    Während in der vorherigen Phase einer oder beide in Richtung Pol Autonomie unterwegs waren, setzt jetzt die Bewegung zum Pol Nähe wieder ein. Autonomie und Bindung können gelebt werden.
    Phase der Vereinigung auf einer reifen Stufe
    Das Paar ist am Bindungspol auf reiferer Ebene angelangt. Der andere wird nicht mehr als die Erweiterung des
eigenen Ichs (erste Phase), nicht mehr als Einschränkung des eigenen Ichs (zweite Phase), sondern als Herausforderung für die Entwicklung des eigenen
Ichs erlebt. Also nicht mehr – ICH LIEBE DICH, WEIL ICH DICH BRAUCHE, sondern – ICH BRAUCHE DICH, WEIL ICH DICH LIEBE (E. Fromm).
    leicht verändert
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