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Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman

Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman

Titel: Traummann in Klischee - ein heiterer Frauenroman
Autoren: Maggy Sehl
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blätterte in der Eventzeitung der Hauptstadt. Eine Dresdner Stolle in Miniformat lag aufgeschnitten auf einem Teller, und zwei dampfende, heiße Schokoladen standen daneben. Sergej stellte sich offensichtlich so einen typischen deutschen Adventssonntag vor. Ich war gerade dabei, der Stimmung geschuldet, die erste Kerze meines kläglichen Adventskranzes zu entzünden, da erhob er seine Stimme aufgeregt:
    „Oh schau, meine Schöne, ich habe eine Aktion für uns beide am heutigen Tag gefunden, was meinst du. Wir können den freien Tag nicht vertrödeln, wir müssen Kultur untermischen!“
    „Willst du mich zu einem kostenfreien Kirchenkonzert überreden?“
    „Ich lade dich ein, lass dich überraschen!“
    Nach dem Kakao erklärte ich mich widerwillig bereit, der Nachbarschaftshilfe Folge zu leisten. Warum auch nicht, schließlich hatte ich heute eh nichts Besseres vor.
    Vor einigen Wochen war mir ein kleiner Brocken aus dem Herzen gefallen, ein Unwohlsein, welches ich partout nicht umschreiben konnte, hatte sich aufgelöst so wie Heinrichs selbst geschmiedete Herzringe (der Heinrich aus dem Froschkönig), mit einem Male hinweggesprengt. Zwar vermisste ich die Kinder und sogar Brügge und seinen seltsamen Humor, aber das würde sich schon geben. Inzwischen gab es sicher bereits ein anderes Versuchskaninchen.
     
    Nach meinem ersten Tag in Freiheit war ich erst einmal in eine klassisch mich überfordernde Orientierungslosigkeit versunken.
    Ich war aufgewühlt am Tag danach in meinem Bett aufgewacht, allein und hilflos. Aus einem plötzlichen Wahn heraus, nahm ich eine stumpfe Papierschere vom Schreibtisch und schnitt mir vor dem Badspiegel das Haar. Kreuz und quer. Übrig blieb ein Strubbelkopf, ich hatte den Veraanfall hinter mir gelassen. Fort mit den alten Zöpfen, auch wenn nur zehn Zentimeter lang.
     
    Dank meiner Freunde fand ich ziemlich schnell in eine Art Realität zurück.
    Sergej hatte mir einen Übergangsjob als Mädchen für alles, in einem kleinen russischen Verlag, der Kalender mit Retromotiven aus der Zeit des Kalten Krieges vertrieb, besorgt. Matroschkas, Politikerbruderküsse, junge Soldaten im Gleichschritt der ersten Maiparade, Aufnahmen von Ladas im Winter oder Schwarz-Weiß-Fotografien sibirischer Kinder in Fellmäntel gekleidet. Ich habe allerdings keine Ahnung, ob es tatsächlich einen Verkauf dieser Kalendarien gab, das Wirtschaftliche übernahm mein Chef, ein graumelierter Herr aus Dubna, nördlich von Moskau.
    „Mädchen für alles, sieh nett aus, wenn Kunden kommen, lächle, koch Tee und gut ist!“
    Das tat ich und fuhr damit so gut, dass ich meine Miete und Versicherungen zahlen konnte und gerade genug übrig hatte, um über den Monat zu kommen. Am Ende plus-minus Null, ich existierte.
     
    Mit der U-Bahn fuhren wir durch den trüben kalten Tag nach Mitte. Sergej hakte sich bei mir ein und zog mich in einen Nebenweg der Friedrichsstraße, in welcher wir vor einer Kunstgalerie zum Stehen kamen. Im Fenster das Plakat: „Frauengeschichten“. Eine Wanderausstellung mit Bildern von Rasmus Brügge.
    „Du hast wohl einen Knall!“
    „Du meine Schöne, die Eröffnung war bereits letzte Woche, also keine Sorge. Ich wollte mal sehen, was deine Ex…“
    „Wie bitte?“
    „Deine Exarbeitgeber so malte, wenn er nicht gerade meine Lieblingsnachbarin verärgerte!“
    „Da geh ich nicht rein!“
    „Komm, Sonne, du stehst da drüber, oder?“
    Widerwillig ließ ich mich von Sergej in die Galerie ziehen. Immerhin war es kuscheliger als draußen, und so waren wir tatsächlich nicht die einzigen Besucher. Das miserable Wetter hatte die Menschen einfach ins Warme getrieben.
    „Sieh, keusche Akte in verschiedenen Ausführungen. Amüsant. Ich habe ja eine Liebe für asiatische Aktmalerei aus dem 19. Jahrhundert. Aber das hier, auch nicht schlecht für meine trüben Augen.“
    Ah da, schau an, die Vera als Variation gleich in dreifacher Ausführung,
    Sirene 1, Sirene 2 und Königin der Nacht. Na als Mauerblümchen hätte die sich sowieso niemals inszenieren lassen, ganz klar. Ich betrachtete die Bilder, blieb versunken vor dem einen oder anderen stehen, denn ein schöner Frauenleib faszinierte selbst mich als Frau. Manche waren in alter Manier gezeichnet, andere eine aggressiv farblich aufschreiende Variante des Umgangs mit dem Frauenkörper an sich. Dabei, und dies sei Brügge als Künstler hoch angerechnet, wurde nicht eines der Modelle in den Bildern bloßgestellt oder gar obszön in Szene
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