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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Was sind das denn für Sitten! Seit wann hören wir samstags schon um zehn Uhr auf?”
    Hans Wirbitzki ging nicht nach draußen. Sondern zur Toilette; besorgt folgte Günther Ichtenhagen ihm.
    Er hasste den beißenden Geruch von Chlor. Jedes Mal, wenn er diese Toilette betrat, wünschte er sich in seinen Garten an seinen Teich zurück. Er atmete flach und so wenig wie möglich.
    „Was hast du? Ich mach mir Sorgen um dich. Dir geht’s in letzter Zeit gar nicht gut, oder?”
    „Du, Günther, wir – wir haben gewonnen.”
    „Du meinst, ich bin dabei zu gewinnen, beim Skat ...”
    Erst jetzt begriff er. „Du meinst ...?”
    „Klar”, nickte Hans Wirbitzki, „im Lotto.”
    „Wie viel Richtige? Du guckst ja so – also, jetzt spann mich nicht auf die Folter! Du wirst doch hier nicht für drei Richtige ...”
    „Nicht drei, Günther, fünf. Fünf Richtige!”
    Ehrlich erfreut klatschte Günther Ichtenhagen seinem Kumpel mit der flachen Hand auf die Schulter. Bei dem Gedanken, sie könnten sechs Richtige haben, war er erschrocken. Er fühlte sich schon zu alt für so große Veränderungen. Er brauchte keine sechs Richtigen mehr. Hatte ein Haus und seine Pension und dazu mäßige Ansprüche. Aber fünf Richtige, das war etwas. Darüber konnte man sich freuen. Fünf Richtige reichten nicht aus, um das Leben durcheinander zu bringen, wohl aber, um sich etwas zu gönnen, sich eine Freude zu machen.
    „Warum sagst du mir das hier auf der Toilette? Das ist nicht geheim. Wir müssen den anderen sofort ...”
    Er lachte hell auf.
    „Wir können uns um eine Lokalrunde drücken, meinst du! Wenn wir die Sache als Geheimnis behandeln?”
    Hans Wirbitzki schüttelte den Kopf.
    „Nein, Günther, aber meine Frau kellnert da drin.”
    „Na und? Soll sie es nicht erfahren?”
    Hans Wirbitzki zuckte mit den Schultern.
    „Ich dachte ja nur ... Wolfi wär’s sicher auch recht, wenn er ein paar Blaue hätte, von denen seine Frau nichts weiß. Dir kann’s natürlich egal sein, du bist Witwer ... Und wenn Hermann mit einem Lottogewinn nach Hause kommt, steckt seine Alte sowieso alles in den Lebensmittelladen. Und Martin kann seinen Gewinn als Kostgeld an die Eltern abdrücken, wollen wir wetten?”
    „Vielleicht hast du Recht ... Wir sollten die Sache wirklich erst mal für uns behalten.”
    Wieder an den Stammtisch zurückgekehrt, setzte sich Günther Ichtenhagen erst gar nicht mehr. Der Pastor hatte zu Ende gepredigt, das Fernsehen brachte jetzt eine Rock ‘n’ Roll Sendung und war noch lauter aufgedreht als sonst.
    Mit einem Blick auf den Fernseher sagte Günther Ichtenhagen:
    „Wisst ihr was, ich lad euch zu mir ein, auf ein Glas Wein.”
    Das war unüblich. Zwar trafen sie sich manchmal in seinem Haus, aber samstags, wenn der Skatabend bereits begonnen hatte, war die Runde bisher nie abgebrochen worden.
    „Oh”, kommentierte Hermann Segler, „auf ein Gläschen Wein! Gibt’s da was zu feiern?”
    Martin Schöller, der schon sieben Striche auf seinem Bierdeckel hatte und auch beim Skat wieder dick in den Miesen stand, witterte ein kostenloses Besäufnis und stand gleich auf. Seine Bodybuilding Ambitionen hinderten ihn nicht daran, sich freitags und samstags einen Vollrausch anzutrinken. Meist steckte ihm seine Mutter fürs Wochenende zwanzig oder dreißig Mark zu. Sie zwackte es von der Haushaltskasse ab und fand sich großzügig. Aber es reichte kaum, um davon blau zu werden. Nicht einem Kerl wie ihm.
    Wolfhardt Paul ging das alles viel zu schnell, er wollte erstmal in Ruhe austrinken und eigentlich auch gar nicht aus der Kneipe weg, aber die anderen zogen ihn mit hinaus; hier in der Linde brauchten sie nicht jedes Mal zu bezahlen, bevor sie gingen. Wenn sie genügend Geld in der Tasche hatten, beglichen sie alle Deckel auf einmal.
    Von der Linde bis zu Günther Ichtenhagens Häuschen waren es knapp zweihundert Meter. Unterwegs schwieg Hans Wirbitzki verbissen. Er hatte Angst, wenn er jetzt mit der Information rausrückte, könnte Martin Schöller mit einem Freudenschrei das ganze Dorf und das Nachbardorf auf ihren Lottogewinn aufmerksam machen.
    Der Gedanke, Geld zu haben, von dem seine Frau nichts wusste, wurde für ihn immer verlockender. Er konnte schon kaum noch begreifen, wie er es bisher ausgehalten hatte, über jede Mark Rechenschaft ablegen zu müssen.
    Da er außer der Linde keine Gaststätten besuchte, wusste seine Frau stets besser als er, wie viel er schon durch seine Kehle gejagt hatte.
    Plötzlich
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