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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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wenn ich nun doch noch rasch ein paar Frauen verkaufen würde?
    Wir haben darauf niemals eine Antwort erhalten. Aber ich war mit falschem Namen und falscher Adresse aufgetreten. Ich hatte mit falschem Namen Urkunden unterschrieben und es spielte vermutlich auch eine Rolle, dass die bundesdeutsche Justiz nicht gerade in glorreichem Licht erschien, als die Ergebnisse meiner Recherchen in der Öffentlichkeit breit diskutiert wurden.
    Im rheinlandpfälzischen Landtag stellte eine Abgeordnete den Finanzminister zur Rede, ob es denn korrekt sei, dass ein Schriftsteller namens Klaus-Peter Wolf für Mädchen- und Frauenhandel eine Steuernummer erhalten hätte und sogar Mehrwertsteuer für verkaufte Frauen zahlen sollte.
    Der Minister antwortete mit Zoten, die im Gelächter des Parlaments untergingen. Das Ganze war später im Radio zu hören. Die Begründung des Ministers sah dann so aus, dass man ja schlecht Waffenschiebern und Mädchen- und Frauenhändlern Steuerfreiheit gewähren könne.
    Einiges, was damals geschehen ist, war sicherlich so absurd, dass man aus heutiger Sicht auch schon mal gerne ungläubig darüber lacht. Als es geschah, fand ich es aber gar nicht lustig.
    Man wollte mir also den Prozess machen und mein Verleger schlug in einem Brief ans Gericht vor: „Wir unterstützen den Prozess gegen Klaus-Peter Wolf. Die Bevölkerung ist durch die Berichterstattung so aufgebracht, irgendjemand muss jetzt eingesperrt werden. Und wenn Sie schon die Frauenhändler laufen lassen, dann wird es Zeit, wenigstens Klaus-Peter Wolf einzulochen. Wir schlagen allerdings vor, den Prozess nicht, wie vorgesehen, im Landgericht stattfinden zu lassen, sondern doch lieber in der Frankfurter Oper, denn es werden viele Journalisten erwartet, auch Kamerateams aus Japan, Thailand und von den Philippinen haben sich bereits angesagt und es könnte voll werden. Außerdem wollen wir im Anschluss an den Prozess zu einer kleinen Cocktailparty einladen, zu der selbstverständlich auch Sie und Ihre Gattin herzlich eingeladen sind.”
    Wen wundert es noch, dass der Prozess nicht stattfand und ich im Vorfeld bereits begnadigt wurde.
    Ich wollte das nicht, aber ich musste erfahren, dass man eine Begnadigung in Deutschland nicht ablehnen kann und kein Recht daraufhat, dass der Prozess gegen einen auch noch eröffnet wird.
    Als die Staatsanwaltschaft dann, auch durch öffentlichen Druck, die Ernsthaftigkeit der Lage erkannte, wurden den richtigen Leuten Prozesse gemacht. Dazu aber fehlten die passenden Gesetze, schließlich standen Ehe und Familie unter besonderem Schutz des Staates, und die Händler verfuhren nach drei goldenen Regeln:
    Erstens: Zahle immer pünktlich deine Steuern.
    Zweitens: Halte dich von Drogentussis fern, die verderben
    das Geschäft.
    Drittens: Schlage niemals eine Frau in der Öffentlichkeit.
    Damit waren sie nur schwer zu kriegen. Die, die eingesperrt wurden, holte man über einen anderen Weg, genauso, wie damals AI Capone: Die Steuerfahndung schlug zu.
    Was ist also geblieben aus den Wirren dieser Zeit? Haben sich all diese schlaflosen Nächte gelohnt? Die Ängste, die sich auch von Freunden auf mich übertrugen. „Eines Tages packen sie dich, Klaus-Peter, und rächen sich.”
    Die Recherchen hatten mich mehr als 200.000 D-Mark gekostet. Geld, das man nicht von den Steuern absetzen kann.
    Mir war eines erschreckend klar geworden: Auch ich habe etwas von den Abgründen dieser Männer in mir. Auch ich kann mich nicht ganz freisprechen. Das wurde mir klar, als ich mit den Frauenhändlern soff, als ihr Kumpel auftrat und mit ihnen die Abende verbrachte. Ich bin kein besonders guter Schauspieler. Kein Regisseur konnte diese Rolle vorher mit mir proben. Ich musste es aus mir heraus spielen. Und niemals haben sie Verdacht geschöpft. Sie waren ohne Argwohn und noch nie so sehr hereingelegt worden wie von mir.
    Was hatte ich in mir, dass das alles so gut klappte? Als diese Frage mich immer mehr zu quälen begann, brach ich die Recherchen ab. Ich wollte nicht mehr der Frauenhändler sein, der Kunden traf und mit seinen Kumpels auf die Piste ging. Ich wollte wieder der Schriftsteller Klaus-Peter Wolf sein, der Krimis schrieb und witzige Kinderbücher, manchmal beim Fernsehen sein Geld verdiente und versuchte, seinen Kindern ein guter Vater zu sein.
    Mit der Angst vor der Rache aus dem Milieu wurde ich fertig. Mit der Angst vor den Veränderungen in mir selber lange Zeit nicht.
    Ich bin erstaunlich heil aus all dem herausgekommen.
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