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Trauerweiden

Trauerweiden

Titel: Trauerweiden
Autoren: Wildis Streng
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Sie keinen gebrauchen?«
    Lisa schüttelte den Kopf. Sie hatte eine Katze, Heiko einen Dackel, und seit ihrem letzten Mordfall waren sie zudem noch stolze Besitzer des Preisrammlers Alfred, der einen Platz auf Heikos Balkon gefunden hatte. Den beleidigenden Papagei Hansi waren sie zum Glück wieder los. Auf jeden Fall hatten sie genug Tiere.
    »Ein schöner Hund«, bestätigte Lisa. Heiko zündete sich die zweite Zigarette an.
    »Der Sultan ist dann gleich zum Ufer gerannt. Ich bin hinterher und dann hab ich sie da liegen gesehen. Da hab ich gleich mit dem Handy die Polizei gerufen. Wissen Sie, meine Tochter hat mir so ein Ding zu Weihnachten geschenkt. Schon praktisch, so ein Handy.«
    Die Kommissarin nickte zustimmend und lächelte freundlich.
     
    Es war nicht schwierig, herauszufinden, wo sich die Majoretten um diese Zeit aufhielten. Sie zu befragen, war die einfachste und schnellste Art, die Identität des Opfers herauszufinden. Die Kommissare benutzten Heikos M3.
    Lisa war lange sehr schweigsam, dann endlich sagte sie: »Ich hasse Trauerweiden«.
    »Wie bitte?«
    »Diese Bäume. Der Name ist absolut passend. Die sind für mich der Inbegriff der Depression.«
    »Wieso das denn?« »Dieses komische, verblasste Grün. Diese Äste, die schlaff nach unten hängen. Und diese schwere Form … welch passende Szenerie für einen Mord.«
    Heiko machte »Hm«.
    Lisa wusste, dass »Hm« ein sehr hohenlohisches »Wort« war. Denn »Hm« konnte, je nach Intonation, alles heißen. Alles von »Ich stimme dir voll und ganz zu« bis hin zu »Was redest du denn da für einen Stuss?«
    Im Moment tippte Lisa eher auf Letzteres. »Und was hast du gesagt, wo finden wir diese Damen?«
    »Im Festzelt«, meinte Heiko
    »Ach so. Und? Was denkst du?«
    Heiko zuckte die Achseln. »Ich zumindest kenne die Frau nicht. Noch nie gesehen.«
    »Und das will was heißen, in eurem kaffigen Crailsheim, meinst du?«
    »Beziehungstat vielleicht«, schlug Heiko vor »Oder ein Raubmord. Sie hatte keine Handtasche dabei!«
    »Na, welche Wasserleiche klammert sich schon an ihre Handtasche«, gab Lisa zu bedenken.
    Heiko brummte. »Auch wieder wahr. Na ja. Wir werden sehen.«
     
    Als sie das Zelt betraten, waberten ihnen sofort Rauchschwaden und Bierdunst entgegen. Zudem noch Bratengerüche und der Duft von Grillhähnchen. Ein seltsamer Gerüchecocktail, und Lisa wusste nicht, ob sie ihn angenehm oder furchtbar finden sollte.
     
    Sie mussten nicht lange suchen. Die Majoretten hatten sich direkt vor der Bühne niedergelassen und waren wegen ihrer Uniformen natürlich weithin sichtbar. »Wird verpennt haben, die bleed Kuah«, sagte die eine gerade zur anderen, als Heiko und Lisa hinter die Gruppe traten. Heiko räusperte sich. Alle Gesichter wandten sich ihm zu.
    »Entschuldigt, wer ist denn bei euch … die Anführerin?«
    Einige Damen grinsten verhalten. »Tanja, dein Typ wird verlangt«, rief eine, und sofort erhob sich eine etwas dickliche Majorette, der ihr Kostüm definitiv zu eng war. Heiko erkannte in ihr die Trommelspielerin vom Musikzug.
    »Ja?«
    »Polizei. Kommen Sie bitte mal mit?«, bat Heiko, und die drei setzten sich abseits auf eine Bierbank, die sich in einer der Buchten befand. Das Gesicht der nicht mehr ganz jungen Frau, die wohl Anfang 30 war, war reizlos zu nennen, und Lisa verspürte einen Anflug von Mitleid. Obwohl sie schon weit über die Pubertät hinaus war, plagte sie noch eine Akne, die ihre Wangen verunstaltete. Der rotbraun bemalte und sehr volle Mund war der einzige Hingucker in ihrem Gesicht. Heiko räusperte sich und stellte sich murmelnd vor. Die Frau sagte, sie hieße Tanja Feldmann. Und sie wurde langsam ungeduldig, das konnte Heiko sehen. Aber in sowas war er nicht gut, gar nicht gut. »Erschrecken Sie jetzt, bitte, nicht. Wir werden Ihnen das Bild einer Toten zeigen, die Sie wahrscheinlich kennen.« Die Majorette sog scharf die Luft ein, was ein pfeifendes Geräusch verursachte, nickte dann aber. Heiko zog das Polaroid, das Uwe gemacht hatte, aus der Tasche und legte es auf den Tisch. Die Frau betrachtete es lange und sinnend, schließlich nahm sie es auf, um es dann wieder auf den Biertisch zu legen. »So, Freunde, und jetzt spielen wir für euch die ›Regenbogen-Polka‹«, brüllte der Dirigent der Musikkapelle ins Mikrofon. Triumphierend setzte gleich darauf die Musik ein.
    »Das ist Jessica«, sagte Tanja Feldmann nun, »Jessica Waldmüller. Wir haben uns schon gewundert, warum sie heute nicht gekommen ist. Ich
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