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Trattoria Finale

Trattoria Finale

Titel: Trattoria Finale
Autoren: Patrick P. Panahandeh
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erhalten an gleicher Stelle das restliche Geld. Falls Sie weitere Auslagen haben, können wir diese ebenfalls begleichen, sofern Sie diese glaubhaft machen können. In diesem Falle gilt ausnahmsweise: keine Buchung, kein Beleg. Aber Sie wurden uns trotz Ihrer Jugend als ein Geschäftspartner von Ehre empfohlen. Enttäuschen Sie uns nicht, Signore Violenza.«
    »Das liegt mir fern, meine Herren«, entgegnete Ettore und steckte den Umschlag unbesehen ein. Dann sah er sich die Gesichter der drei Männer nochmals kurz an, um sie sich einzuprägen, und verließ den Raum.

    »Und ihr beide kanntet euch zu diesem Zeitpunkt noch nicht?«, fragte Zippo Violenza, der brav unter der Tischkante mit seinem Feuerzeug herumschnippte.
    »Nein, woher auch?«, antwortete Jacques. »Ich war aus Marrakesch nach Frankreich geflohen, als man auch dort anfing, gestochenes Deutsch zu sprechen und die Juden immer mehr bedrängt wurden. Mein Onkel Chaim war als einer der ersten nordafrikanischen Juden schon in die Gascogne übergesiedelt. Dort fand ich Unterschlupf und lernte schon ein wenig kochen bei ihm. Zippo, das gibt’s doch nicht! Siehst du nicht, dass du die Tischdecke angezündet hast?«
    Mario Violenza sah an sich herunter, dann ließ er fluchend das Feuerzeug fallen und goss sein Champagnerglas über der am Tischtuch leckenden Flamme aus. Als das Gelächter abebbte und man sich vergewissert hatte, dass der Brand keine größeren Ausmaße angenommen hatte, sprach Jacques kopfschüttelnd weiter: »Doch dann packte mich die heilige Wut, da Frankreich auch immer deutscher wurde, und ich trat der Résistance bei. So kam ich 1943 als Aktivist des Maquis nach Paris. Und ich bekam einen heiklen Auftrag, der mich mit Ettore zusammenbrachte. Oder besser gesagt, dieser Auftrag führte dazu, dass wir uns in die Quere kamen …«

    Jacques Assaraf stieg die Treppe zu der kleinen Souterrainwohnung in der Rue du Dragon hinab und klopfte in dem verabredeten Rhythmus an. Die Tür wurde unvermittelt geöffnet. Eine junge Frau winkte ihn hinein und schloss die Tür sofort hinter ihm wieder ab. Dann führte sie ihn zu einem Tisch, an dem ein Mann in Uniform vor einem Haufen von Karten, Stadtplänen und Notizblättern saß. Er sah auf. Seine Augen waren klar und scharf auf Jacques gerichtet. »Sie sind der Mann, von dem mir Cécile berichtet hat.« Das war keine Frage. Jacques nickte und wartete stumm ab, was der Uniformierte weiter sagen würde.
    »Ich bin Henri Rol-Tanguy. Man hat mich überzeugt, Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen.«
    Jacques schwieg weiterhin. Tanguy schien auch nicht zu erwarten, eine Entgegnung zu erhalten, und fuhr fort: »Ich bin Soldat und durch die Umstände gezwungen, im Untergrund zu arbeiten. Attentate sind nicht meine bevorzugte Art zu kämpfen. Aber nun – Sie wollen sich das sicher nicht anhören. Ist Ihnen bekannt, um wen es geht und wie Ihre Aktion vonstatten gehen soll?«
    Nun schien es Jacques, dass der Mann tatsächlich eine Antwort von ihm hören wollte. »Mein Name ist Jacques Assaraf. Ich bin gestern in Paris eingetroffen, weil es meine Aufgabe sein soll, den Kollaborateur Paul Beauregard zu töten. Es soll keinesfalls aussehen wie eine Tat der Résistance.«
    »Sie wissen, dass Beauregard selbst der Résistance angehört?«
    »Doppeltes Spiel ist stets gefährlich. Es ist nicht an mir, die Hintergründe und Notwendigkeit des Auftrags zu hinterfragen.«
    Tanguy stand auf und begann, hin und her zu laufen. Dann blieb er sehr nah vor Jacques stehen und fragte: »Sie haben eine auffallend dunkle Haut. Was sind Sie für ein Landsmann?«
    »Ich komme aus Marrakesch, Marokko.«
    »Jude?«
    »Richtig.«
    »Ja, das sagte man mir. Sie sprechen ein exzellentes Französisch. Ist das hier Ihr Kampf?«
    »Ich betrachte den Widerstand gegen die Nazi-Besatzer, wo immer er stattfindet, auch als meinen Kampf.«
    Oberst Rol-Tanguy nickte nachdenklich. »Nun gut. Es sind schlimme Zeiten. Aber sie werden vergehen, und dann werden die Verteidiger Frankreichs nicht mehr in den Katakomben von Paris hocken müssen. Vielleicht eher da, wo Sie herkommen. Aber das wird uns erst beschäftigen, wenn wir die Boches hinausgeworfen haben.«
    »Davon verstehe ich nichts«, sagte Jacques. »Sie scheinen mich für geeignet zu halten, einen Mann namens Beauregard zu töten. Und genau das werde ich tun.«

    »Was?«, rief Koschej das unsterbliche Gerippe aus. »Hast du etwa kein Geld für diesen Auftrag erhalten?«
    Jacques lächelte nachsichtig.
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