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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Sonja Ullrich
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würde ich den Teufel tun und mir die Schuld dafür geben, dass er mir einst
in meiner Wohnung in die Schusslinie gelaufen war oder den Unmut der Holländer auf
sich gezogen hatte, um sie von mir abzulenken.
    Ansmann
schien aus meinen Querfalten auf der Stirn zu lesen, worüber ich gerade nachdachte.
Seine Brauen entspannten sich, doch der Bullenblick blieb. Er holte Schreibkram
aus seiner Windjacke. »Also. Was wissen Sie über die Person da draußen?«
    »Er ist
tot.«
    »Noch was?«
    »Nein.«
    Prompt wurde
er wieder knatschig. »Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ich Ihnen das abkaufe!«
    »Ich kenne
den Mann nicht!«
    »Warum hat
er Sie aufgesucht?«
    »Wer sagt,
dass er mich aufgesucht hat?«
    »Er sitzt
tot unter Ihrer Türklingel! Also verarschen Sie mich nicht!« Seine harsche Stimme
hallte im Wohnungsflur und ich wusste, dass die Leute im Treppenhaus ihn hören mussten.
Aus irgendeinem Grund war mir der Umstand peinlich und ich wurde bockig. »Warum
sagen Sie mir nicht, woher Sie den Mann kennen?«
    Er popelte
seinen Schreibblock in die Tasche zurück. »Weil ich hier die Fragen stelle.«
    Damit ließ
ich mich nicht abfertigen. »Kommen Sie mir nicht damit! Sie haben den Toten gesehen
und waren sofort mies drauf. Und Sie hielten es nicht für nötig, den Arzt nach den
Personalien des Mannes zu fragen. Warum auch? Sie wussten ja längst, wer er ist.«
    »Sind Sie
fertig?«, herrschte er mich an.
    Ich nickte.
    »Dann ziehen
Sie sich um.«
    »Ich fahre
nicht zur Wache.«
    »Dann werde
ich Sie vorladen.«
    »Tun Sie
das«, trotzte ich.
    Er machte
einen tiefen Atemzug. Ich wusste, dass er mich am liebsten abgeführt und in seinen
Ford Focus geschleift hätte, doch das hier waren nicht ›Die Straßen von San Francisco‹.
Sein eisiger Blick durchbohrte meinen Schädel. »Wir hören voneinander.« Ohne weitere
Worte marschierte er an mir vorbei, öffnete die Tür und ließ sie saftig hinter sich
ins Schloss knallen.
    Ich lauschte
meinem Puls, der auf 180 war und sich nur langsam beruhigte. Ich war unschlüssig,
ob ich mich bewegen, hinsetzen oder einfach stehen bleiben sollte, doch ich wollte
auf gar keinen Fall die Wohnung verlassen, solange die Polizisten und der Arzt vor
meiner Fußmatte herumwuselten. Allmählich spürte ich wieder den Luftzug, der durch
die Fenster blies, in meinen Haaren und begann erneut zu frösteln. Daher zog ich
mir den Wollpulli über und nahm eine halbwegs sauber wirkende Jeans vom Wäschestapel.
Ich kickte meine Sommerhose von den Füßen, was dazu führte, dass mir die Notiz mit
dem Foto aus der Tasche und über den Boden rutschte. Ich griff mir sofort das Papier
und überlegte angestrengt, was zur Hölle ich mir dabei gedacht hatte, es der Polizei
wegzuschnappen und vorzuenthalten. Das Engelchen auf meiner Schulter schimpfte wie
ein Rohrspatz: ›Esther Roloff! Kaum zu Hause, und schon wieder Bockmist gebaut‹.
Aber jetzt war es zu spät. Ich hüpfte in meine Hose und stopfte den Zettel in die
Tasche. Kaum erledigt, schellte es an meiner Wohnungstür.
    Betont langsam
drückte ich die Klinke herunter. Auf der anderen Seite wartete Anastasios mit der
blonden Kommissaranwärterin im Schlepptau. Er hielt einen kleinen offenen Pappkarton
vor sich, mein türkisfarbener Koffer stand ihm bei Fuß. Seine Hände zitterten. »Deine
Post«, flüsterte er.
    Ich sah
an ihm vorbei auf den Boden. Brülling war bereits abtransportiert worden.
    »Das ging
aber schnell«, dachte ich laut. Die Polizistin reagierte nicht darauf. Ich sah auf
meine Klingel. Sie schien unversehrt. »War es nicht verboten, auf die Klingel zu
drücken?«
    Anastasios
wurde leichenblass und drehte sich zur Polizistin, die ihre Lippen nervös um die
Zähne rollte. Ich tat so, als hätte ich nichts gesagt, nahm Anastasios die Schachtel
ab und zerrte den Koffer, ohne auch nur einen Schritt über die Schwelle zu tun,
in den Flur. Mit einem Nicken ließ ich die Tür zufallen.
    Die Post
im Karton stellte ich unbeachtet neben der Tür auf dem Boden ab, denn ich hatte
eine bunte Vorstellung davon, was mich darin erwartete: Pay-TV-Rechnungen, Handyrechnungen,
Stromrechnungen – abgebucht von einem Konto, das seit einiger Zeit keine Pluszahlen
mehr gesehen hatte und dessen Saldo sich mittlerweile am Abgrund des Dispokredites
befinden musste. Ich wusste, dass ich mit der Bank sprechen musste, aber ich war
arbeitslos und pleite, ohne irgendwelche Sicherheiten. Es gab keinen Anlass, mir
auch nur einen Cent zu leihen. Vielleicht war
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