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Träume wie Gold: Roman (German Edition)

Träume wie Gold: Roman (German Edition)

Titel: Träume wie Gold: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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hatte natürlich Tränen gegeben, sie hatten maßlose Angst, aber sie nahmen sich zusammen, bildeten eine enge Gemeinschaft, die gemeinsam im Warteraum die Minuten zählte, während Dora auf dem Operationstisch lag.
    Jed hatte Vorwürfe erwartet, doch sie waren ausgeblieben. Er hätte die Schuld auf sich genommen. Nicht einmal in dem Moment waren anklagende Worte gefallen, als er zugeben musste, sie alleine gelassen zu haben, ohne Schutz und Hilfe.
    Und er wünschte bei Gott, sie hätten etwas gesagt.
    Stattdessen hatte John für alle Kaffee geholt, Lea war zum Haupteingang des Krankenhauses gegangen, um dort auf Will zu warten, der von New York angereist kam, und Trixie und Quentin hatten nebeneinander auf der Besuchercouch gesessen und sich an den Händen gehalten.
    Nachdem eine weitere Stunde vergangen war, flüsterte Trixie ihrem Mann etwas zu. Auf sein zustimmendes Nicken hin erhob sie sich und setzte sich neben Jed.
    »Sie war schon immer ein tapferes kleines Mädchen«, begann sie. »Wie oft hat sie sich in der Schule geprügelt – nun, sie hat den Streit nicht direkt gesucht, aber wenn sie in eine Prügelei verwickelt war, ist sie anschließend stets mit stolz erhobenem Haupt davonmarschiert. Es hat mich immer wieder verblüfft, dass sie laut schrie, wenn sie hingefallen und sich das Knie angeschlagen hatte. Kam sie aber mit einer aufgeplatzten Lippe oder einem blauen
Auge nach Hause, hörte man keinen Laut von ihr. Eine Sache des Stolzes, nehme ich an.«
    »Das war nicht ihr Kampf. Es war nicht ihre Sache, ihn auszufechten«, sagte Jed.
    »Das sieht sie vielleicht anders. Aber machen Sie sich darauf gefasst, dass sie verwöhnt werden will. Sie war nicht oft krank, aber wenn …« Trixies Stimme ließ sie kurzzeitig im Stich. »Aber wenn sie einmal krank war, erwartete sie ganz selbstverständlich die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Familienmitglieder. Dora gehört nicht zu den Menschen, die schweigend und gottergeben vor sich hinleiden.«
    Sanft berührte sie seine Hand. »Alleine zu warten, ist so viel schwerer.«
    »Mrs. Conroy …«, begann er, doch ihm fehlten die Worte. Er lehnte sich einfach an sie und ließ sich von ihr halten.
    Eilige Schritte auf dem Flur waren das lang ersehnte Signal, auf das hin alle gleichzeitig aufsprangen. Mary Pat erschien in der Tür, sie war immer noch in ihrer Schwesterntracht. »Man hat sie gerade aus dem OP gefahren«, berichtete sie rasch. »Es sieht gut aus. Der Doktor muss auch jeden Augenblick herauskommen.«
    Jetzt erst begann Trixie zu weinen, wurde von heftigen Schluchzern geschüttelt, sodass Jed einen Arm um sie legte. Dann sah er Mary Pat an.
    »Wann können sie zu ihr?«
    »Das muss der Arzt entscheiden. Sie ist unglaublich zäh, das kann ich dir jedenfalls versichern.«
    »Habe ich es nicht gesagt?«, schluchzte Trixie und taumelte in Quentins Arme, um gemeinsam mit ihm ihre Erleichterung herauszuweinen.
     
    Erst als er allein vor dem Krankenhaus stand, begann Jed wie Espenlaub zu zittern. Er hatte beschlossen, nach Hause zu fahren. Die nächsten Stunden gehörten der Familie, hatte er sich eingeredet. Und nachdem er jetzt wusste, dass sie durchkommen würde, gab es keinen Grund mehr, im Wartezimmer herumzusitzen.
    Doch er schaffte es nicht, auf die andere Straßenseite hinüberzugehen, um ein Taxi anzuhalten. Seufzend ließ er sich auf den Stufen vor dem Haupteingang nieder und beschloss zu warten, bis sich seine Nerven beruhigt hatten. Der Graupelschauer war inzwischen zu Schnee geworden, der in dicken, feuchten Flocken aus dem grauschwarzen Himmel fiel. Die Art, wie die Flocken im Schein der Straßenlaternen zu Boden tanzten, hatte etwas Faszinierendes an sich. Jed starrte unverwandt in einen der Lichtkegel, während er eine Zigarette nach der anderen rauchte. Dann ging er zurück ins Krankenhaus und fuhr mit dem Fahrstuhl wieder hinauf. Die Familie war inzwischen gegangen.
    »Dachte ich mir’s doch, dass du zurückkommst.« Mary Pat lächelte ihn aus müden Augen an. »Verdammt, Jed, du bist ja klatschnass. Soll ich dich auch gleich ins Bett stecken?«
    »Ich will sie nur kurz sehen. Ich weiß, dass sie noch unter dem Einfluss der Narkose steht, dass sie gar nicht mitkriegt, dass ich da bin. Aber ich will sie sehen.«
    »Warte, ich hole dir ein Handtuch.«
    »MP.«
    »Du wirst dich erst mal abtrocknen«, beschied sie ihm. »Dann bringe ich dich zu ihr.«
    Bei Mary Pat war jeder Widerspruch zwecklos. Erst nachdem sie sich vergewissert hatte, dass er
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