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Tränen aus Gold

Tränen aus Gold

Titel: Tränen aus Gold
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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Elises Besorgnis und versuchte sie zu beruhigen. »Sag ihm, ich möchte einen Augenblick allein sein, um mich auf Reland vorzubereiten. Nur ganz kurz… bis ich mich ein wenig gefaßt habe. Dann kannst du wiederkommen und mir an die Hand gehen.«
    »Reland ist ein sehr stattlicher Mann«, sagte Elise nun, um die Stimmung ihrer Kusine zu heben. »Gewiß beneidet dich manches Mädchen.«
    Nachdenklich antwortete Arabella: »Nicht so stattlich wie jemand, den ich kannte.«
    Ein Schatten huschte über Elises Gesicht. »Sehnst du dich nach einem Toten, Arabella?«
    Die grauen Augen starrten sie erstaunt an. »Nach einem Toten? Wen meinst du, Elise?«
    »Natürlich den Marquis von Bradbury. Will er dir nicht aus dem Sinn?«
    Arabella seufzte. »Wahrhaftig, das war ein Mann, der weibliche Herzen zu gewinnen vermochte.« Sie berührte geistesabwesend eine Draperie und strich wie in zärtlicher Erinnerung über den weichen Samt. »Kühn… stattlich, immer ein Gentleman… immer…« Sie riß sich von der Erinnerung los. »Genug davon! Ich muß jetzt allein sein!« Sie legte die Hände auf die Schultern ihrer widerstrebenden Kusine und drehte sie zur Tür um. »Ich brauche ein paar Minuten der Besinnung, ehe mein Mann kommt. Mehr verlange ich nicht.«
    »Ich werde es deinem Vater sagen«, sagte Elise und ging. Als sie die Tür leise hinter sich schloß, fragte sie sich, wie sie die Sache Edward am geschicktesten beibringen konnte. Falls sie ungestört mit ihm sprechen konnte, würde er sich vielleicht zugänglicher zeigen als inmitten einer Runde lärmender Witzbolde, vor denen man Haltung bewahren mußte.
    Die steinerne Treppe machte auf jedem Absatz eine scharfe Wendung um einen kunstvoll geschnitzten Spindelpfosten. Die Wandleuchten flackerten, und das wirre Spiel von Schatten und Licht machte Elise ganz benommen. Trotz ihrer Eile achtete sie darauf, mit ihren Seidenpantoffeln nicht auszugleiten. Die Klänge der Tamburine, keltischen Harfen und Lauten mischten sich mit dem lauten, grölenden Gelächter der Gäste und übertönten die plötzlich von unten kommenden Schritte. Der Entgegenkommende hatte es noch eiliger als sie. Sie stießen so heftig zusammen, daß Elise strauchelte. Als sie schon fürchtete, kopfüber hinunterzustürzen, legte sich ein Arm, fest wie ein Eichenast, um sie und hielt sie fest. Sie schlug die Augen auf, die sie unwillkürlich geschlossen hatte, und sah verblüfft das derbe Gewand des Dieners Taylor vor sich. Seine Kapuze war heruntergeglitten. Was sie nun vor sich sah, war nicht die Fratze, die sie erwartet hatte, kein von Narben entstelltes und angsteinflößendes Ungeheuer, sondern ein bemerkenswert gutaussehender Mann mit hell durchsetztem braunen Haar und aristokratischen Zügen, die von einem dichten Bart halb verborgen wurden.
    Er zog die Stirn in Falten: »Seid Ihr wohlauf, Mistreß?«
    Elise nickte zögernd, während sie ihrer Verwirrung Herr zu werden versuchte. Nun ließ er sie los und stieg weiter die Treppen hinauf. Schlagartig war ihre Benommenheit verflogen. »Nanu! Was hast du vor? Was hast du dort oben zu suchen?«
    Auf einer Stufe hielt er inne und drehte sich betont langsam um, wobei das Flackern der Fackeln auf seine Züge fiel. Seine grünen Augen schienen Elise zu durchbohren, so kühn und eindringlich, daß sie den Atem anhielt, gebannt von diesem stählernen Blick.
    »Ihr seid es!« stammelte sie fassungslos, gegen seinen geradezu schmerzhaft magnetischen Blick ankämpfend. Er hatte sie mit seiner Verkleidung hinters Licht geführt: Das bärtige Antlitz war ihr unauslöschlich im Gedächtnis geblieben und rief die Erinnerung an das Gemälde im Osttrakt wach. Jetzt erkannte sie, daß der Maler ein Meister seines Faches sein mußte, da er der Persönlichkeit Maxim Seymours, des Marquis von Bradbury, mehr als nur gerecht geworden war und seine Ausstrahlung wirklichkeitsnah festgehalten hatte.
    »Ihr… seid am Leben!«
    Ein Schatten huschte über Seymours Gesicht; dann nahm er seine ganze Kraft zusammen. Makellos weiße Zähne blitzten in seinem Lächeln auf, und als er sprach, da war von der kehligen Mundart nichts mehr zu hören. Er redete jetzt ganz wie ein kultivierter Gentleman.
    »Schönes Kind, Ihr zwingt mich, rascher als geplant zu handeln. Ehe Ihr Alarm schlagt, muß mein Werk getan sein.«
    Der Marquis warf einen bedauernden Blick zum oberen Ende der Treppe hin und seufzte. Mit einer raschen Wendung kam er auf sie zu, faßte im Vorüberlaufen ihren Arm und zog sie
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