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Totenplatz

Totenplatz

Titel: Totenplatz
Autoren: Jason Dark
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gehörte Willy eher zu den ruhigen Tieren, der seinem Herrn gehorchte und froh war, wenn er seine Ruhe hatte.
    Willy sah aus, als hätte er sich zum Schlafen niedergestreckt. Nur manchmal, wenn der Wagen durch eine zu tiefe Furche schaukelte, öffnete er die Augen und schielte in die Höhe.
    Der Untergrund war eingefurcht. Immer wieder hinterließen die breiten Reifen der Holztransporter ihre Spuren, aber es war der einzige zum Ziel führende Weg. Und das lag dort, wo sich der große Platz ausbreitete.
    Ein Parkplatz, ein Ort zum Grillen, wo auch die Hütte stand, die an den Seiten offen war, wohl aber gegen Regen schützte, und deren Mittelpunkt, die Grillstelle, von Bänken umsäumt wurde.
    Dort würde das große Fest am Nachmittag starten, und der Förster bekam ein kantiges Gesicht, als er daran dachte. Er rollte auf den Platz vor der Hütte und stoppte den Wagen. Als das Geräusch des Motors erstarb, blieb Garry zunächst sitzen, um sich an die Stille des Morgens zu gewöhnen.
    Er mochte sie. Er liebte die Ruhe des Waldes, wo er als Mensch seine Seele baumeln lassen konnte und von keinem anderen Menschen in seiner Meditation gestört wurde.
    Manche Menschen verglichen die morgendliche Stille des Waldes mit der in einer Kirche. Den Leuten gab der Förster recht. Der Wald hatte etwas von einer Kirche an sich, etwas, das einem Menschen Respekt einflößen konnte, das sehr erhaben war und selbst Garry McBain zu einer gewissen Andacht verleitete.
    Sein Hund dachte da anders. Als er gegen die hintere Scheibe kratzte, drehte sich Garry um. Zwei treue Augen schauten ihn vorwurfsvoll an.
    Garry wußte Bescheid. Willy hatte keine Lust mehr, auf der Ladefläche zu bleiben. Er wollte sich bewegen, tat dies aber nur, wenn auch sein Herr ausstieg.
    Seufzend löste der Förster den Gurt, und ebenso seufzend verließ er sein Fahrzeug.
    Darauf hatte Willy nur gewartet. Er setzte mit einem Sprung von der Ladefläche, blieb hechelnd und mit wackelndem Schwanz vor Garry stehen und wartete auf die Worte:
    »Ja, lauf, aber bleib hier!«
    Willy bellte kurz, es war mehr ein Wuff-Wuff, dann rannte er weg. Aber er hielt sich an die Befehle des Mannes, denn er blieb stets in Blickweite.
    McBain stemmte die Hände in die Hüften. Noch einmal schaute er sich um, dann drehte er sich der Ladefläche zu und fing damit an, sie zu entladen.
    Er hätte das auch seinen Mitarbeitern überlassen können, die aber hatten genug mit ihrem eigenen Job zu tun, und so lud er die Grillkohle selbst ab.
    Getränke und Verpflegung wurde noch gebracht. Er mußte sich nur darum kümmern, daß auch äußerlich alles in Ordnung war. Mit einem Reisigbesen fegte er das Innere der Hütte sauber, er reinigte auch die Bänke von Vogelkot, und er überprüfte auch den gemauerten Abzug über der eigentlichen Grillstelle.
    Er hätte zufrieden sein können, aber er war es trotzdem nicht. Erst nach einer Weile, als er alles einigermaßen in Ordnung gebracht hatte, fiel ihm die Stille auf. Es war eine für diese Tageszeit ungewöhnliche Stille.
    McBain mußte selbst überlegen, was ihn denn so mißtrauisch gemacht hatte. Er verließ das pilzförmige Dach der Grillhütte, stand im Freien und runzelte die Stirn. Plötzlich wußte der Förster Bescheid. Er vermißte sehr deutlich das Singen oder Zwitschern der Vögel. Ihre schrille Musik war ihm so vertraut, aber an diesem Morgen waren sie still.
    Der Förster konnte sich keinen Reim darauf machen. Weiter entfernt hörte er das Singen oder Zwitschern, aber warum schwiegen die Tiere gerade an diesem Ort?
    Eine heftige Bewegung irritierte ihn. Als er nach rechts schaute, sah er eine Dohle, die von einem Zweig zum anderen in die Höhe geflattert war, auf ihrem Platz hockenblieb und den einsamen Mann direkt anschaute.
    Der einzige Vogel in der Nähe.
    Das war schon seltsam, und McBain wunderte sich ferner, daß Willy noch nicht erschienen war. Er sah ihn auch nicht. Normalerweise hielt er sich immer am Rand der Lichtung auf, manchmal versteckte er sich auch, aber heute war von ihm nichts zu sehen.
    Der Förster spitzte den Mund und stieß einen bestimmten Pfiff aus. Es war das Signal für seinen Hund, das kannte er, und der Rauhhaardackel würde in den nächsten Sekunden ankommen. So zumindest war es immer gewesen.
    Nur an diesem Morgen nicht.
    Da blieb Willy verschwunden.
    Und McBain wunderte sich über die kühle Gänsehaut, die plötzlich auf seinem Körper lag. Er wollte sie nicht als Reaktion auf eine gewisse Furcht ansehen,
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