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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition)
Autoren: Uwe Siebert
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richtete die Gestalt ihre schwarze Sense auf Larkyen. „Meine ganz besondere Aufmerksamkeit gilt jedoch dir, junger Unsterblicher mit Namen Larkyen. Man nennt dich auch den Totenkönig, Herrscher über ein Heer von Geistern. Ich bin mit der Macht vertraut, die einen König wie dich mit den toten Kentaren verbindet. Doch was weißt du schon vom Tod?“
    „Ich habe den Tod kennengelernt, so wie viele Krieger. Ich war hil flos im Angesicht seiner Macht und begann ihn zu hassen, als sei er ein personifizierter Feind, dessen Schädel ich mit meinem Schwert spalten will.“
    „Ich erzähle dir etwas vom Tod“, sagte der Totenflüsterer, und seine Stimme erbebte. „Einst fühlte ich wie du, ich hasste den Tod, wollte ihn besiegen, wollte begreifen, warum es die Vergänglichkeit gibt, doch dann öffneten ich und meine Gefährten das Tor zum Reich des Todes. Und als wir auf der anderen Seite wanderten, da erblic kten wir eine Welt, die mit Worten nicht zu beschreiben ist. Doch sie ist von einer gewaltigen Kraft erfüllt, von Energien, die jedweder Vorstellungskraft trotzen. Und wir lernten die Herrlichkeit jenes fremden Reiches kennen, und wir alle verliebten uns in den Tod. Ja, ich liebe den Tod. Seine Liebe ist besitzergreifend, beherrschend. Und die anderen Totenflüsterer verfielen dieser Liebe und waren nicht fähig, das Reich des Todes wieder zu verlassen. Ich kehrte als einziger zurück. Seitdem fühle ich mich zum Tod hingezogen und zu jenen Orten, die von seiner dunklen Macht erfüllt sind. Ich war da, als einst der Sonnensturm tobte und meine Brüder und Schwestern, die Söhne und Töchter der schwarzen Sonne, einander vernichteten; ich war da, als sie ihre Gier nach Lebenskraft in nie gekanntem Ausmaß an den Menschen stillten und ganze Landstriche entvölkerten. 
    Ich war da, als Atland eine gewaltige Kriegsflotte nach Bolwarien entsandte, und ich sah zu, wie sich das Wasser des grauen Meeres rot färbte. Ich war dabei, als Wulfgar, der König der Kentaren, den We sten in einen Krieg stürzte, ich zog über die weiten Schlachtfelder hinweg und lauschte den Schreien der Sterbenden. Manchmal ist es, als würde ein Lied erklingen, das Lied des Todes. Es hat viele Strophen und du kannst sie hören, wenn Stahl durch Fleisch schneidet und Eingeweide hervorquellen, wenn Knochen zerbersten und Blut die Erde tränkt. Ich hörte dieses Lied, als die Kedanier und Zhymaraner durch die Steppen Majunays ritten und die Nomadenstämme abschlachteten und es erklang in all seiner Pracht, als sich die Ostländer rächten und unter Sandokar gen Süden zogen, um Zhymara das Fürchten zu lehren.“ Er begann zufrieden zu lächeln. „Und es glich der prächtigsten Symphonie, als du, Larkyen, mit deinem Heer in der tiefen Finsternis von Ken-Tunys gegen die Strygarer kämpftest. Oh, so viele Tote, so viel Blut, so viel brennendes Menschenfleisch. Städte, die zu Massengräbern wurden. Und ich erlebte diese Eiseskälte, die dort überall herrschte. Ich stand bei den Kriegern aus Tharland, während Tausende von ihnen in einem unnatürlichen Winter auf weitem Feld erfroren. Und ich war dabei, als die wenigen Überlebenden vor Hunger begannen ihre Toten zu essen.“ Er sprach wie in Ekstase und beruhigte sich nur langsam wieder. „Und erst heute Morgen habe ich dich beobachtet, wie du bei einer Sterblichen verweiltest, als sie kurz davor war zu sterben. Und ich sah auch deine Freude, als ihr Leib erstarkte und sie ihr bisschen Lebenszeit zurückgewann.“ 
    „Sie ist die Tochter eines Freundes. Ihr Leben ist für mich von Belang.“
    „Sterbliche Freunde, zerbrechlich, wertvoll für dich. Und doch wirst du dich eines Tages von ihnen verabschieden müssen.“
    „Eines fernen Tages.“
    „Das liegt nicht in deiner Macht. Vielleicht sterben sie früher als dir lieb ist. Durch Krankheit, Unfälle oder die Klinge eines Kriegers.“
    „Und weißt du, wie wir sie vom Tod zurückbringen könnten?“
    „Ich kenne nur einen Weg. Selbst wir Totenflüsterer können den Tod nicht besiegen, aber wir können ihn manipulieren. Meridias glaubte an unsere Lehren. Er wusste, dass ein Leben genommen werden muss, um neues Leben zu ermöglichen. Und er wusste auch, dass Zairas Leib dazu bestimmt war, Marityrs Geist zu beherbergen. Manches Wissen offenbart sich den Liebenden schneller als den Forschenden. Zairas Geist hätte Marityrs Platz im Jenseits eingenommen, und Marityrs Geist hätte von Zairas Leib im Diesseits Besitz ergriffen. Du musst
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