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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage
Autoren: Harry Bingham
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mit Kugelschreiber: Janet und April Mancini. Wohnhaft Allison Street Nr. 86. Ermordet am 21. Mai. Informationen erwünscht. Bitte melden Sie sich bei DC Fiona Griffiths.
    Dann füge ich statt der Nummer der kostenlosen Hotline meine private Handynummer hinzu. Keine Ahnung, wieso – aber sobald sie auf der Karte steht, will ich sie nicht mehr ändern.
    » Eine, zwei oder vier Wochen?«, fragt Farideh. Eine Woche kostet 50 Pence, vier Wochen 1,50 Pfund. Ich nehme vier Wochen.
    Während ich den Kiosk verlasse, hängt Farideh die Karte zu den anderen.
    Sonnenschein, Geheimnisse und Stille.
    Draußen setze ich mich auf einen sonnenbeschienenen Poller, esse mein Sandwich und rufe Bev Rowland auf ihrem Handy an. Sie hat gerade zu tun, trotzdem unterhalten wir uns etwa eine Minute lang. Dann bekomme ich eine SMS von David Brydon. Er lädt mich für heute Abend auf einen Drink ein. Ich starre das Display an und weiß nicht, was ich tun soll. Erst mal nichts, außer mein Sandwich fertig essen.
    Als ich ins Büro zurückkehre, werde ich nicht mit der » Wo zum Teufel haben Sie gesteckt?«-Frage begrüßt, die ich eigentlich erwartet hatte. Offenbar ist niemandem aufgefallen, dass ich weg war. Ich schreibe Dennis Jackson eine E-Mail mit einem kurzen Bericht über meinen Ausflug nach Cefn Mawr, formuliere meine Notizen aus und gebe sie in Groove ein.
    Danach muss ich mich wohl oder übel wieder Penrys verdammten Kontoauszügen widmen. Irgendwie passt da nichts zusammen. Möglicherweise kann ich aber auch den Taschenrechner nicht bedienen. Ich rufe die Knabenschule an, ob es nicht noch ein anderes Konto gegeben haben könnte, von dem er Geld gestohlen hat, und bin ein bisschen verärgert, als sie mir dort hoch und heilig versichern, dass es nur ein Konto gab. Daran kann es also nicht liegen.
    Meine Stimmung verschlechtert sich rapide, als ich einen Anruf von Jackson erhalte, der mich sofort in seinem Büro sehen will.
    Er möchte mehr über Cefn Mawr wissen. Ich erzähle ihm das Wesentliche, so nüchtern und professionell wie möglich. Genau wie man es uns beigebracht hat. Jackson fällt nicht darauf rein.
    » Sie haben was gefragt?«
    » Ich habe gefragt, ob Mr und Mrs Rattigan eine normale sexuelle Beziehung unterhielten. Natürlich habe ich mich im Vorfeld für die womöglich allzu persönliche Natur meiner Fragen entschuldigt, aber …«
    » Lassen Sie den Scheiß. Was hat sie geantwortet?«
    » Eigentlich nichts. Aber ich hab da wohl einen Nerv getroffen. Sie konnte kaum noch reden.« Und hat rote Ohren bekommen. Und man konnte ihre Verletzung deutlich in ihrem Blick erkennen. Ihre abwesende Art, die mir vorher so komisch vorkam, hatte plötzlich einen sehr, sehr guten Grund.
    » Und dabei haben Sie es belassen. Sie haben es doch dabei belassen, oder?«
    » Ja. Mehr oder weniger. Also, sie hatte ja praktisch schon zugegeben …«
    » Sie hat gar nichts zugegeben. Ich dachte, sie konnte kaum reden.«
    Es entsteht eine lange Pause, die Jackson nutzt, um mich wütend anzustarren.
    » Ich habe gefragt, ob ihr Ehemann möglicherweise harten Sex mit Prostituierten ausgeübt hat«, gebe ich schließlich zu.
    » Das haben Sie gefragt? Mit genau diesen Worten?«
    » Jawohl, Sir.«
    » Und?«
    » Ihre Mimik schien meine Vermutung zu bestätigen.«
    » Ihre Mimik? Sie schließen das aus ihrer Mimik?«
    » Sir, seine Kreditkarte wurde am Tatort gefunden. Die Frage erschien mir als durchaus legitim.«
    » Durchaus – wenn sie ein erfahrener Ermittler stellt, nachdem er mit seinem Vorgesetzten Rücksprache gehalten hat. Für einen Detective Constable, der auf eigene Faust, ohne Erlaubnis und ohne die Anwesenheit eines Vorgesetzten Nachforschungen anstellt, war diese Frage keineswegs legitim. Besonders nicht, wenn sie der trauernden Witwe eines Verstorbenen gestellt wird.«
    » Natürlich, Sir.«
    Jackson wirft mir pro forma noch einen wütenden Blick zu. Dann beugt er sich vor und wird wieder ganz sachlich und nüchtern. Er durchwühlt einen Papierstapel auf seinem Schreibtisch, bis er das Blatt findet, nach dem er gesucht hat.
    » Die Akte von der Sitte. Mancini ist ein paar Mal auffällig geworden. Sie war keine Vollzeitprostituierte, aber auch nicht abgeneigt, wenn sie knapp bei Kasse war.« Seine Augen überfliegen in Windeseile den Ausdruck. » Die Sitte hat ihr wohl ausreichend klargemacht, welche Risiken damit verbunden sind. Sie haben ihr Notrufnummern gegeben und so. Wie es aussieht, hat das am Ende nicht viel gebracht.«
    »
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