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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung
Autoren: Brian Lumley
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jemanden, der meinen Vorteil angesichts seiner Arglosigkeit herausstreicht, haben Sie das aber recht mühelos aus meinem Bewusstsein gelesen, Tzonov. Natürlich beschäftigt mich die Frage nach der Wahrheit. Das war schon immer so und so wird es auch weiterhin bleiben. Zufällig besteht darin nämlich mein Talent.« Während er dies entgegnete, musterte er Tzonovs Züge.
    Turkur Tzonov war zur einen Hälfte Türke, zur anderen Mongole und außerdem das, was man gemeinhin als ganzen Mann bezeichnet – ohne jeden Zweifel eine Alphapersönlichkeit, der geborene Anführer, ein brillanter Kopf mit dem Körper eines Athleten. Seine grauen Augen konnten jemanden anblicken und zugleich in ihn hineinsehen – oder auch durch ihn hindurch, falls Tzonov sein Gegenüber für nicht so wichtig oder unbedeutend hielt. Welches Ansehen Trask genoss, konnte man daran ablesen, dass Tzonov ihn an blickte, und zwar nicht ohne Respekt.
    Die Augenbrauen des Russen waren so schmal wie mit dem Bleistift gezogen. Nach oben geschwungen, hoben sie sich silberblond von den scharf geschnittenen Furchen seiner sonnengebräunten Stirn ab. Oberhalb der Augenbrauen hatte er kein einziges Haar mehr. Es passte zu ihm, und man hatte den Eindruck, es sei nie etwas anderes vorgesehen gewesen. Seine Kahlköpfigkeit war mit Sicherheit kein Anzeichen mangelnder Gesundheit oder vorzeitigen Alterns. Ebenso wie sein Teint hatte sein kantiger Schädel eine gesunde Bronzefarbe. Nur die Höhlen seiner dunklen Augen stachen davon ab. Sie waren tief eingesunken und von Ringen umgeben wie von stundenlanger geistiger Anstrengung oder pausenloser Konzentration. Trask wusste, dass dies von den telepathischen Fähigkeiten des Mannes herrührte.
    Tzonov hatte eine ausgeprägte Hakennase, was trotz seiner hellgrauen Augen auf arabische Abstammung hinweisen mochte. Trask vermutete jedoch, dass er sie sich bei einem Unfall oder in einem Kampf gebrochen hatte. Wahrscheinlich Letzteres, denn der Leiter des russischen E-Dezernats war ein begeisterter Anhänger der asiatischen Kampfkünste. Er hatte volle Lippen, einen vielleicht etwas zu breiten Mund und ein kräftiges, kantiges Kinn. Die Wangen waren beinahe unmerklich eingefallen, und seine kleinen, schmalen Ohren lagen eng am Kopf an. Insgesamt vermittelte er den Eindruck einer allzu perfekten Symmetrie. Die beiden Gesichtshälften des Russen wirkten, als würden sie einander spiegeln. Den meisten Menschen, dachte Trask, hätte dies zum Nachteil gereicht. Die physische Anziehungskraft eines Gesichts, das »gute Aussehen«, beruhte für gewöhnlich auf einer gewissen Unausgewogenheit. Bei Turkur Tzonov jedoch war das Gegenteil der Fall. Er war ein äußerst attraktiver Mann.
    Das Geheimnis lag in seinen Augen, die an sich bereits faszinierend waren. Trask konnte das Profil, welches das Dezernat von diesem Mann erstellt hatte, sehr gut nachvollziehen. Es führte eine ganze Reihe schöner und intelligenter Frauen auf, mit denen er eine Affäre gehabt hatte. Keine von ihnen hatte sich auch nur im Geringsten beklagt, wenn er Schluss gemacht hatte. Sie alle hatten ihm auf ihre jeweils eigene Art die »Treue« gehalten. Trask fragte sich, ob das nun Loyalität war oder ob Tzonov ganz einfach zu viel über sie wusste. Wie sollte eine Frau sich gegen einen Mann stellen, der über jede Einzelheit ihres bisherigen Lebens informiert war? Nur eine dumme, unsensible oder vollkommen unbedarfte Frau würde das wagen und die waren nicht Tzonovs Typ.
    Und nun ruhte Tzonovs telepathischer, beinahe hypnotischer Blick forschend auf Trask, als die Leiter der beiden ESP-Dienste, des britischen und des russischen E-Dezernats, einander über eine Entfernung von mehr als zweitausendvierhundert Kilometern hinweg abschätzten.
    Trask brauchte nur Sekunden dazu, sich ein Bild von seinem Gegenüber zu machen. Wahrscheinlich las der Russe etwas davon in seinen Gedanken. Aber wie dem auch sei, es war nichts dabei, wogegen er möglicherweise Einwände erheben konnte. Und falls doch, nun, schließlich war er derjenige, der um Hilfe bat. Trask nickte. »Sie haben also ein Problem, Turkur ... äh, es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie mit Ihrem Vornamen anrede? Ich weiß, dass man bei Ihnen immer noch gern den Ausdruck ›Genosse‹ benutzt, aber bei uns ist das ein bisschen anders.«
    »Sagen Sie Turkur zu mir, ich bitte darum!« Tzonov zuckte die Achseln und erlaubte sich den Anflug eines Lächelns. »Was den ›Genossen‹ angeht – zugegeben,
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