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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung
Autoren: Brian Lumley
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Er war bei Weitem nicht der Einzige, der im Unklaren gelassen wurde. Kaum jemand, der das Gebäude von außen betrachtete, hätte vermutet, dass es noch einem anderen als dem vorgeblichen Zweck diente. Es war ein Hotel und damit basta! Ebendiesen Anschein wollten »sie« auch erwecken. Das Hotel war der ideale Deckmantel, weil es gar kein Deckmantel war. Das Dezernat existierte ganz einfach nicht außer für seine Mitarbeiter und eine handverlesene Gruppe wichtiger Persönlichkeiten an den Schaltstellen der Macht, die man an den Fingern einer Hand abzählen konnte. Und nur einer von ihnen, nämlich der zuständige Minister, wusste, wo die Zentrale untergebracht war.
    Paradoxerweise war andernorts durchaus bekannt, dass es das Dezernat gab und wo es sich befand. Zumindest eine Organisation wusste davon und wahrscheinlich auch weitere. Das sowjetische Gegenstück mit Sicherheit und möglicherweise auch die chinesische ESPionage-Abteilung. Sie wussten Bescheid über die Zentrale des E-Dezernats, machten jedoch nicht viel Aufhebens darum – noch nicht. Es genügte, dass das Hotel erkannt und als Ziel identifiziert worden war. In dem unwahrscheinlichen Fall eines globalen Konfliktes würde eine der ersten »fehlgeleiteten« Raketen hier einschlagen, ganz einfach, weil das E-Dezernat dem Westen einen zu großen Vorteil verschaffte.
    Doch das war nicht weiter von Bedeutung, denn seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs war die gesamte Londoner Innenstadt ein potentielles Ziel, nicht anders als weltweit alle Regierungs-, Finanz- und Wirtschaftszentren, ganz zu schweigen von Tausenden militärischer Einrichtungen. Außerdem waren der russische und chinesische ESP-Dienst ebenfalls Ziele, einschließlich des sowjetischen Hauptquartiers auf dem Moskauer Protze-Prospekt gleich neben den Staatlichen Biologischen Forschungslaboratorien. Desgleichen die sowjetische »Horch«-Station in Mogocha nahe der chinesischen Grenze, von wo aus ein Team von Telepathen die gelbe Gefahr im Auge (beziehungsweise im Ohr) behielt. Dasselbe galt für die chinesische Einrichtung auf dem Kwijiang-Boulevard in Chungking.
    Wenn der Dritte Weltkrieg ausbrach, würde es für ESPer brenzlig werden. Für die ESP-Dienste dieser Welt war das ein guter Grund, daran zu arbeiten, dass es nicht so weit kam. Darum waren Perestroika und Glasnost eigentlich immer noch an der Tagesordnung.
    Deshalb war Trask auch nicht unbedingt überrascht, als Chung ihm sagte: »Unsere Freunde auf dem Protze-Prospekt haben es bestätigt. Etwas ist durch das Tor von Perchorsk gekommen. Sie haben es dort eingeschlossen und ersuchen uns nun um unsere Hilfe, und zwar dringend.«
    Er gebrauchte den Ausdruck »Freunde« in seiner weiteren Bedeutung. Das britische und das sowjetische E-Dezernat hatten einander nie anders denn als argwöhnische Kontrahenten gegenübergestanden. Tatsache war, dass der Necroscope dem Gegner seinerzeit gleich zweimal erheblichen Schaden zugefügt hatte. Doch seit der Katastrophe von Tschernobyl waren die Russen viel eher dazu bereit, das Ausland um Hilfe anzugehen. Sie hatten nicht nur in jenem schrecklichen Fall darum gebeten, sondern auch als es darum ging, ein Dutzend weiterer veralteter, technisch überholter, äußerst gefährlicher Atomreaktoren stillzulegen und einzumotten. Seit mittlerweile zehn Jahren war der Westen ihnen nun dabei behilflich, ihren scheinbar unerschöpflichen Vorrat an Giftmüll zu entsorgen – wenn schon aus keinem anderen Grund, dann wenigstens dem Planeten zuliebe.
    Als die Aufzugtüren sich mit einem Zischen öffneten und sie in den Hauptkorridor entließen, sagte Trask: »Ich glaube, am besten erzählst du mir alles von Anfang an, damit ich mir ein Bild machen kann. Außerdem möchte ich, dass alle verfügbaren Leute informiert werden – der Beamte vom Dienst, die ESPer, die mit ihrer Schreibtischarbeit beschäftigt sind, und die Verwaltung – die ganze Mannschaft.«
    Damit hatte Chung gerechnet. »Sie warten in der Einsatzleitung auf uns. Aber nur Millie Cleary weiß, worum es geht. Sie hatte heute Nacht Dienst und hat gerade mal vor einer Stunde den Anruf aus Moskau entgegengenommen. Was mich betrifft, ich konnte nicht schlafen und bin früher gekommen. Als ich dann an Harrys Zimmer vorbeigegangen bin, habe ich es ... sozusagen gespürt. Zu der Zeit war der Leiter des russischen E-Dezernats bereits am Telefon und hat nach dir verlangt.«
    »Harrys Zimmer?« Trask runzelte die Stirn.
    Sie gingen den Flur entlang in Richtung
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