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Totenacker

Totenacker

Titel: Totenacker
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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blödes Freundschaftsspiel zwischen dem Nimwegener Präsidium und euch.»
    Auch van Appeldorn grinste. «Die holländischen Kollegen haben der Euregio das Preisgeld aus den Rippen geleiert, zweitausendfünfhundert Euro immerhin.»
    Ulli klatschte in die Hände. «Wir werden reich! Oder bekommst du als Trainer etwa nichts von dem Batzen ab?»
    «Keine Ahnung.»

    Am Sonntagabend brachte van Gemmern selbst die letzten Gebeine in die Pathologie. «Genau wie bei den Kindern werdet ihr mit diesem hier nicht viel Arbeit haben», sagte er. «Für mich sieht es intakt aus.»
    Dann schaute er sich um, ging langsam an den Bahren entlang, auf denen die wieder zusammengefügten Skelette lagen.
    «Alle Achtung», entfuhr es ihm. «Dass ihr das so schnell geschafft habt!»
    Bonhoeffer wunderte sich. Sie hatten viele Jahre lang gut zusammengearbeitet, einander auf die Schulter geklopft hatten sie nie. Nun denn, vielleicht war das Kompliment ja eher an Marie gerichtet. Die stand am Mikroskoptisch am anderen Ende des Raumes und hatte nur kurz gegrüßt, als van Gemmern hereingekommen war.
    «Möchtest du vielleicht einen Kaffee? Wir haben ihn eben frisch aufgebrüht.»
    Van Gemmern schüttelte sich. «Wenn ich noch mehr Kaffee trinke, hebe ich ab. Hat sich deine Schätzung bestätigt, was die Liegezeit angeht?»
    «Ja», nickte Bonhoeffer, «ich bin gerade eben mit den Tests fertig geworden.»
    «UV-Fluoreszenz?»
    «Auch, Benzidinreaktion, Aminosäuren, Prolin, das ganze Spektrum. Zweiundsechzig bis fünfundsechzig Jahre, wie ich es mir gedacht hatte.»
    «Und was treibt Marie dahinten?»
    «Sie arbeitet an der Altersbestimmung der Leichen. Da gibt es ein neues Verfahren, höchst spannend.»
    «Willst du mal durchschauen, Klaus?», rief Marie, die zwar weitergearbeitet, aber offenbar auch zugehört hatte. «Ich habe hier gerade einen besonders guten Schnitt.»
    Van Gemmern ließ sich nicht zweimal bitten. Er schob die Brille auf die Stirn und schaute durchs Okular.
    «Hm», brummte er, «was ist das?»
    «Ein Schnitt von einem Zahn», antwortete Marie. «Du musst dir das so vorstellen wie bei den Jahresringen von Bäumen. Auch im Zahnzement kann man den Wechsel von Sommer und Winter feststellen. Man muss die Ringe nur abzählen, und schon weiß man, wie viele Jahre der Mensch gelebt hat.»
    «Toll», sagte van Gemmern. «Und das funktioniert aufs Jahr genau?»
    «So ziemlich, ich nehme immer einen Spielraum von dreißig Monaten an, um auf der sicheren Seite zu sein.»
    «Toll», meinte van Gemmern wieder und lächelte sie versonnen an.
    Bonhoeffer schlug die Augen gen Decke. Das konnte doch nicht wahr sein, van Gemmern hatte sich verknallt!
    «Zur Todesursache kann ich bei keinem einzigen bisher etwas sagen», holte er den ED-Mann wieder auf die Erde zurück.
    «Das ist seltsam.» Van Gemmern ging wieder zu den Bahren hinüber und betrachtete die Toten. «Sehr seltsam. Ich habe auch nichts …» Er hielt inne. «Na ja, ich siebe noch, vor morgen Nachmittag lege ich mich nicht fest. Wie sieht es bei euch aus? Können wir Norbert morgen um 14 Uhr unsere vorläufigen Berichte liefern?»
    Dann stutzte er. «Da müsst ihr euch aber vertan haben!»
    Er starrte das für ihn eindeutig jugendliche Skelett an, dem die Pathologen ein in der Länge voll ausgewachsenes linkes Bein zugeordnet hatten.
    Dann hörte er Marie kichern und drehte sich um.
    «Daran bin ich letzte Nacht fast verzweifelt», gab sie zu. «Durch deine Fotos wusste ich ja, dass die Knochen nebeneinandergelegen hatten, und habe irgendwann auch entdeckt, dass die linke Hüftpfanne merkwürdig ausgeleiert war und der Gelenkkopf hier am Oberschenkel durchaus hineinpassen konnte, trotzdem war ich komplett verunsichert. Aber gottlob gibt es Arend. Der hat heute Morgen nur einen Blick darauf geworfen: Klippel-Tréaunay-Weber-Syndrom. Ist übrigens extrem selten.»
    «Das ist eine Fehlbildung, bei der es zu einem Längenriesenwachstum einzelner Gliedmaßen kommt», erklärte Bonhoeffer, «gefäßbedingt. Gibt es tatsächlich nicht so häufig, ist aber eben sehr auffällig.»
    Van Gemmern richtete seinen Blick auf eine andere Bahre: das Skelett eines Kleinkindes mit einem ungewöhnlich großen Schädel.
    «Das sieht nicht gut aus», murmelte er.

[zur Inhaltsübersicht]
    Drei
    Die Berichte über den Knochenfund in den Lokalteilen der beiden Zeitungen waren, wie van Appeldorn gehofft hatte, kurz und sachlich gewesen, man hatte nicht einmal Fotos gebracht.
    Dennoch waren schon am
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