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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Markku Ropponen
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sehen wir uns?«
    »Eine Woche vor Mittsommer. Haben wir das nicht so ausgemacht, mein Ottolein? Du wolltest uns irgendwo in der Nähe von Jyväskylä ein Sommerhäuschen mieten. Das solltest du allmählich mal in Angriff nehmen. Von wo … ich komme schon, ja, ja, ich bin gleich da … von wo rufst du an?«
    »Von der offenen See. Hörst du nicht das Schreien der Möwen?«
    »Hast du was getrunken?«
    »Zuletzt deinen Schweiß, Baby.«
    Man hörte ein gedämpftes Lachen. »Ich muss los, Schatz. Kuss. Wir sehen uns!«
    Kuhala schloss die Augen und öffnete sie wieder, als gerade ein Wasserschwall vom Ruderblatt in allen Regenbogenfarben leuchtete. Das musste ein gutes Omen sein. O Mann, wie sehr er Annukka liebte!
    Sie hatten sich vor Jahren in einem Vernehmungsraum im Präsidium von Jyväskylä kennengelernt, unter eher unerotischen Vorzeichen, aber dann hatten die Konjunkturkurven des Lebens sie doch zusammengeführt.
    Während des Telefonats hatte sich der Bug des Boots in Richtung Wasserwerk gedreht. Kuhala korrigierte den Kurs. Er knöpfte das Hemd auf und warf dabei einen besorgten Blick auf seinen Körper, der in der Wintersaison aus dem Leim gegangen war. Blass war er auch, aber wie beruhigend hatte sich Annukkas Hand auf der Haut angefühlt. Außerdem wurde er bald fünfzig und schaffte es einfach nicht mehr, sich so regelmäßig fit zu halten, wie er es sich vornahm. Vor allem mit dem Joggen lief es schlecht, aber immerhin schlug er gelegentlich auf den Sandsack ein. Und sah sich nicht jeder irgendwann beim Betrachten seines Fettanteils mit der unwiderruflichen Wahrheit konfrontiert, aufgegeben zu haben? Warum sollte das bei ihm anders sein?
    Vom Badestrand her hörte man das Jauchzen der Kinder, die Sommerferien hatten, ein einzelner Angler trieb mit seinem Boot gemächlich an den Flachstellen entlang, mit krummen Schultern und in Gedanken versunken wie ein Kutscher in einem russischen Klassiker. Es würde nicht mehr lange dauern, bis alle Seeufer zugebaut wären; nur das war die richtige Entwicklung, und alle, die dagegen ankämpften, waren Spinner, deren Realitätssinn im Bann vergangener Jahrhunderte hinterherschleifte. In der regionalen Zeitung Nummer eins wurde in diesem Tenor über das Thema debattiert, aber Kuhala, der auf dem Land aufgewachsen war, unter rauschenden Fichten, wusste, auf welcher Seite er stand.
    Mit kräftigen Zügen kam er vorwärts. Die fernen Stadtgeräusche wurden vom Bellen der Hunde im Tierheim begleitet. Bunt gekleidete Jogger und Nordic Walker bevölkerten die Wege. Kuhala ging bei der Hauswirtschaftsschule an Land. Es war niemand zu sehen, auch hier schien das Schuljahr zu Ende gegangen zu sein. Der Wind hatte auf dem Steg eine Pikkoloflasche umgekippt, am Dachrand des kleinen Saunahäuschens hing ein Bikinioberteil. Der christlich-keusche Geist der ehemaligen Bäuerinnen-Lehranstalt hatte sich offenbar überlebt.
    Ein undurchdringlicher Heckenzaun fasste das Grundstück des ehemaligen Söldners Vikman ein. Weder am Steg noch sonst wo am Ufer sah man das von Jokela beschriebene Kajak. Das Haus war kastenförmig, hatte ein schwarzes Dach und erinnerte mit seinen kleinen abweisenden Fenstern mindestens ebenso sehr an einen Bunker wie an ein Eigenheim.
    Kuhala wollte nicht durchs Wasser aufs Grundstück waten, weshalb er an der Hecke entlang zur Straße ging und zum Tor hinein, dessen Schmiedeeisen Teufelsköpfe zierten, die den Besucher angrinsten, als wollten sie seinen Sinn für Humor auf die Probe stellen. Kuhala hatte davon genug für den Hausgebrauch, und die geschmiedeten Dummschädel munterten ihn bloß auf.
    Er verlangsamte die Schritte, weil bedauerlich oft in solchen Situationen ein Wachhund um die Ecke geschossen kam. Diesmal passierte jedoch nichts dergleichen. Vikmans Grundstück war verwuchert. Vor einer Schuppenbaracke, die abseits des Haupthauses stand, lagen zwei Autowracks und sonstiger Metallschrott herum, wie bei einem verrückten Erfinder. Eine von Treffern zerfressene Wurfscheibe und ein Zementsack, der im Freien überwintert hatte und von einem Spatenblatt aufgebrochen worden war, kündeten von einem Junggesellenhaushalt, in dem nicht sonderlich viel Wert auf schöne Details gelegt wurde und der einen deutlichen Kontrast zur guten alten Ordnungsliebe bei Jokelas bildete. Womöglich war Helena Jokela hier auf der Suche nach ein paar Ecken und Kanten in ihrem Leben.
    Kuhala blickte auf den See und konnte am stadtseitigen Ufer das Reihenendhaus des
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