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Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)

Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)

Titel: Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)
Autoren: Jörg Kohlmeyer
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Es dauerte nicht lange und er holte das unheimliche Gefährt samt Geleitschutz ein. Es stand inzwischen etwas abseits des Weges vor der Stadtmauer und Taris stellte zufrieden fest, dass die Wachen seinen Befehl befolgten. Die Soldaten standen so um den Wagen herum, dass dieser sich nicht ohne Weiteres bewegen konnte, sie jedoch gleichzeitig gebührenden Abstand zu ihm hielten. Der Kutscher saß noch immer auf dem Kutschbock und redete auf eine der Wachen ein.
          Taris erkannte, dass dem Soldaten sichtlich unwohl in seiner Haut war. Seine Miene hellte sich aber sofort auf, als er den Hauptmann kommen sah. >> Gut gemacht, Männer! << , lobte Taris die Gardisten und trat langsam an den Kutschbock heran. Erst jetzt hatte er Gelegenheit, den Fahrer genauer in Augenschein zu nehmen und was er sah, bereitete ihm noch mehr Kopfzerbrechen. Der Mann sah noch schlechter aus, als Taris ihn in Erinnerung hatte. Der Mangel an Nahrung war deutlich zu erkennen und auch der Dreck und das getrocknete Blut waren noch da, doch am schlimmsten waren die Augen. Rot unterlaufen, glänzten sie fiebrig und flackerten bei jeder Bewegung unruhig hin und her. Etwas Furchtbares musste ihm zugestoßen sein und die Folgen davon wüteten scheinbar noch immer in seinem Inneren. Völlig ausgezehrt, einer leeren Hülle gleich, und die Zügel in den Händen haltend, saß er da.
          Es dauerte einen Moment, bis er Taris bemerkte, doch dann begann er sofort zu sprechen. >> Leuenburg! Leuenburg! Ich muss nach Leuenburg! << Den Satz wiederholte er einige Male, ohne Unterbrechung, ohne Pause. Speichel sammelte sich dabei in einem Mundwinkel, und lief ihm anschließend als kleines Rinnsal über das Kinn.
          Taris beobachtete den Mann genau und sofort hatte er das Gefühl, dass ihn der Kutscher zwar ansah, aber gleichzeitig auch durch ihn hindurch zu sehen schien. >> Ihr seid in Leuenburg, beruhigt Euch. Dort, hinter den Mauern, ist die Stadt des Herzogs. << Taris deutete mit einer Geste nach hinten und obwohl er bereits ahnte, dass mit dem Fremden etwas nicht stimmte, versuchte er es dennoch mit der einfachsten aller Möglichkeiten: einer vernünftigen und klaren Antwort. Der Erfolg blieb aus. Entweder wollte der Kutscher sie nicht hören, oder aber er war schon gar nicht mehr dazu im Stande, denn mehr als den Satz von eben bekam Taris nicht als Antwort. Noch einmal versuchte es der Hauptmann, doch auch diesmal war das Ergebnis das Selbe. Seufzend wandte sich Taris ab. Ohne den Medikus würde er hier nicht weiterkommen. Langsam und nachdenklich ging er dann zur Wache, die den Wagen vor dem Tor in Empfang genommen hatte. Mit einem kurzen Nicken grüßte Taris den Soldaten.
          >> Was hat er Euch vorhin am Tor gesagt? <<
          >>   Das Selbe wie Euch eben. << Der Wachmann zuckte entschuldigend mit den Schultern als er bemerkte, dass Taris mit der Antwort nicht wirklich zufrieden war. >> Verzeiht Hauptmann! Ich habe mir anfangs nichts dabei gedacht und … <<
          Taris winkte ab. >> Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen! Ihr habt keinen Fehler gemacht. <<
          >> Aber der Wagen … Ihr … << , versuchte es der Mann erneut, doch abermals wurde er von Taris unterbrochen.
            >> Vergesst den Wagen fürs Erste. Wichtig ist nur, dass er die Stadtgrenze nicht passiert hat. Alles Weitere wird sich in den nächsten Stunden zeigen. << Taris wusste genau, dass sich der Gardist zu erklären versuchte. Immerhin hatte er die Order, strikt darauf zu achten, wer in die Herzogstadt wollte, und auch dessen Beweggründe dafür am Ende zu erfragen. Bei dieser Arbeit war ein besonderes Auge für Menschen, und ein Gespür für die Situation äußerst wichtig, um schon im Vornherein die Zwielichtigen von den Aufrichtigen unterscheiden zu können. Taris wusste zwar nicht, ob sich der Soldat am Ende auch noch die Mühe gemacht und einen Blick ins Innere des Gefährts geworfen hätte. Er wusste jedoch sehr wohl, dass die Arbeit am Tor mit all dem Gedränge und den schimpfenden und zeternden Menschen alles andere als leicht war und der Druck schnell empfindlich hoch werden konnte. Ging es nicht schnell genug oder fühlten sich die Menschen gegängelt, wurde rasch gemeckert und auch die Uniform der Garde schützte dann nicht mehr vor den verbalen Anfeindungen der Händler, Lieferanten und Kaufleute. Es lag Taris fern, den Gardisten zu tadeln, eher im Gegenteil, er wollte ihm Mut zusprechen. Die Männer hatten ihre
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