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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste
Autoren: Roger Zelazny
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Gesicht. Ich umklammerte die Kreatur, konnte sie aber nicht losreißen. Verzweifelt schlug ich den Kopf gegen die Wand des Pavillons.
    Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, sprang das Miststück im letzten Moment ab, und ich knallte mit dem Kopf gegen die Wand.
    Fluchend, taumelnd und meinen schmerzenden Kopf re i bend, war ich einen Augenblick nicht imstande, etwas Ve r nünftiges zu tun. Ich konnte das Ding nicht verfolgen. Wer t volle Sekunden verstrichen …
    Endlich streckte ich mich wieder, wischte mir das Blut von Stirn und Wangen und hielt wieder Ausschau. Dieses Mal sah ich ihn genau; er strebte dem Rand des Daches zu, dann sprang er auf die Brüstung …
    Dort blieb er stehen und sah herüber zu mir. Verspottete er mich? Ich erhaschte einen Blick seiner Augen.
    „ Wie du willst! “ keuchte ich und rannte los.
    Das tat er auch, mit großer Geschwindigkeit. Er wird nicht stoppen können, wenn er den Dachrand erreicht, dac h te ich.
    Er stoppte tatsächlich nicht.
    Ich hielt es für unmöglich, daß er es schaffen könnte, aber ich hatte seine Kräfte unterschätzt.
    Gerade in dem Augenblick, als er in die Luft sprang, gi n gen die Lichter an, und ich konnte die Gestalt der Katze deutlich sehen, wie sie mit weit vorgestreckten Vorderbe i nen zwischen den Dächern segelte. Dann verschwand sie aus meinem Sichtfeld – keine neun Leben, mit denen man spielen konnte, da war ich sicher –, gefolgt von kratzenden Geräuschen und einem sanften Aufprall.
    Als ich an der Brüstung ankam, sah ich, daß er es g e schafft hatte. Er balancierte auf dem Skelett des gegenübe r liegenden Gebäudes, von wo er bereits nach weiteren Fluchtmöglichkeiten Ausschau hielt.
    Ich zögerte keine Sekunde.
    Als ich das letzte Mal dieses Dach besucht hatte, hatte ich einen einfacheren Weg gewählt, aber jetzt hatte ich keine Zeit für einen derartigen Luxus. Aber dieses Mal wollte ich meinen Verstand gebrauchen, um nicht wieder impulsiv in eine unmögliche Situation hineinzuschlittern.
    Im Laufen schätzte ich den Sprung automatisch ab, stieß mich exakt an dem Punkt ab, den mir mein Gefühl als den richtigen angab, heftete meine Augen fest auf mein Ziel und hob die Arme vorsichtshalber.
    In solchen Augenblicken mache ich mir immer Sorgen um meine Schienbeine. Ein ungeschickter Stoß oder Sturz, und der Schmerz konnte ausreichen, um die Kette der no t wendigen Aktionen zu durchbrechen. Aber ein wenig Koo r dination war schon nötig – und das ist immer ein Nachteil. Gutes Klettern erfordert eine Aktion zu einem bestimmten Zeitpunkt. Zwei gleichzeitig sind noch tragbar. Aber zuviel zu koordinieren führt einen in ein risikoreiches Areal. Und sich selbst in Gefahr zu bringen, ist Dummheit. Zu jeder a n deren Gelegenheit wäre ich dieses Risiko nicht eingegangen. Ich springe selten aufs Geratewohl, wenn es sich vermeiden läßt. Ich gehöre ganz bestimmt nicht zu diesen Alles-oder-nichts-Typen. Wie auch immer …
    Meine Füße landeten mit einer Wucht auf dem Träger, die ich bis in meine Weisheitszähne spürte. Meine Hand umklammerte den senkrechten T-Träger, neben dem ich g e landet war, meine Schulter tat so höllisch weh, daß Torqu e mada bestimmt seine Freude daran gehabt hätte. Ich kippte nach vorne, wurde aber gleichzeitig nach links gezogen, meine Füße glitten von ihrer Stütze, ich schlang auch noch die rechte Hand um den Träger. Ich zog mich hoch auf den Querbalken, bis ich das Gleichgewicht wieder erlangt hatte. Als ich meinen Kontrahenten erspäht hatte, ließ ich die Str e be wieder los.
    Er näherte sich der überdachten Sektion, wo die Baua r beiter ihre Werkzeuge in Fässern und abgedeckten Schu b karren aufbewahrten. Natürlich wandte ich mich sofort in dieselbe Richtung, ich tänzelte auf Trägern und Gerüstdielen entlang, duckte mich, wo es nötig wurde, oder wich auch einmal kurz zur Seite aus.
    Er sah mich kommen. Er kletterte auf eine Erhöhung und sprang von dort zum nächsthöheren Stockwerk empor. Ich angelte nach einem Gerüst auf halber Höhe, umklammerte einen Balken, stemmte den linken Fuß dagegen und zog mich hoch, griff nach dem darüberliegenden Träger, zog mich weiter hoch. Als ich mich umsah, konnte ich gerade noch erkennen, wie er wieder ein Stockwerk höher kletterte, also wiederholte auch ich meine Prozedur.
    Er war nirgends mehr zu sehen. Daß er noch weiter hoc h gestiegen war, konnte ich nur vermuten. Ich kletterte auf Verdacht.
    Drei Stockwerke höher sah ich ihn erneut. Er saß auf
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