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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition)
Autoren: Lea Nicolai
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Beine übereinander und applaudierte. Die Bildschirme beider Kandidaten wurden eingeblendet. Beide hatten dieselbe Antwort gewählt, aber wieder war Ravenna ein klein wenig schneller gewesen.
    Verstohlen wischte sie die Handflächen an ihrer Hose ab. Sie hatte gehofft, dass sie lockerer werden würde, sobald das Quiz begann. So war es auch im Hexenkonvent gewesen: Ihre Angst vor den Prüfungen war viel schlimmer gewesen als die Prüfung selbst. Aber unter den jetzigen Umständen wurde sie mit jeder Frage nervöser und unruhiger.
    »Nächste Frage: Belladonna ist a) eine schöne Frau, b) eine Giftpflanze, c) das italienische Wort für Gewitter oder d) ein Hundename.«
    Diesmal war Vadym als Erster am Buzzer. »Tollkirsche«, gurrte er. »Die Beeren enthalten Hyoscyamin, Atropin und Scopolamin. Tödlich giftig. Und wunderschön.«
    Die gelben Augen glühten in ihre Richtung. Ravennas Magen krampfte, als sie sich plötzlich fragte, ob Vadym vielleicht eingeweiht war. Sie erinnerte sich daran, wie sie ihn zu Hause vor dem Fernseher einen Hohlkopf geschimpft und von der Couch aufgesprungen war, als er zum vierten Mal verlor. Gescheitert an einem billigen magischen Trick, den die Schülerinnen des Konvents bereits im ersten Jahr ihrer Ausbildung beherrschten. Das WizzQuizz war ihr so simpel erschienen, und die Geldscheine winkten ihr bereits einladend zu.
    Sie schloss die Augen und rieb sich die Nasenwurzel. Natürlich war Vadym eingeweiht. Er war der Köder, den Beliar für sie ausgelegt hatte. Und der Hohlkopf war sie.
    »Und nun aufgepasst«, sagte der Moderator. »Die letzte Aufgabe dieses Durchgangs lautet: Bringen Sie folgende Begriffe in die richtige Reihenfolge: a) Ostara, b) Yule, c) Beltaine und d) Imbolc.«
    Das ist meine Chance!, durchzuckte es Ravenna. Sicher hatte ein russischer Quizshow-Kandidat keine Ahnung, welche Hexenfeste man im Mittelalter feierte. Aber sie – sie war dort gewesen! Sie hatte die Hexen tanzen sehen. Ihre Finger huschten über den Bildschirm. Blitzschnell verschob sie die blinkenden Kästchen, bis die Abfolge stimmte. Dann drückte sie auf den Knopf.
    Nur ein Summen ertönte. Als Ravenna den Kopf hob, schaute Vadym noch auf den Touchscreen. Seine Züge waren von unten bläulich erleuchtet. Als er den Buzzer hörte, zuckte er zusammen, und sie sah sein fassungsloses Gesicht.
    »Verdammt. Es ist schon vorbei?«
    Das Publikum stöhnte, aber es erklangen auch einzelne Lacher, besonders aus der Ecke, in der die anderen Russen saßen. Hatte sich Vadym diesen Patzer wirklich geleistet? Oder gehörte der Ausrutscher zum Plan, um sie im Spiel und die Zuschauer bei Laune zu halten? Alles war möglich, denn der Teufel bestimmte die Regeln.
    »Ravenna.« Beliar schwenkte auf seinem Drehstuhl hin und her. »Nun sind wir aber gespannt.«
    Ihre Lösung erschien auf der großen Leinwand des Studios. Vadyms Touchscreen wurde dunkel. Nun lachten alle, die den Favoriten nicht ausstehen konnten.
    »Das sind die Namen der Hexenfeste«, erklärte Ravenna. »Yule wird an Mittwinter gefeiert, um den 21. Dezember herum. Dann folgt Imbolc Anfang Februar. Als Nächstes Ostara zu Frühlingsanfang. Und Beltaine ist das Maifest. Außer diesen gibt es noch vier weitere Hexenfeste, aber mit den Daten und Namen will ich niemanden langweilen.«
    »Exakt! Fehlerfrei! Damit geht Ravenna in Führung!« Beliar fiel in den Applaus ein und nickte ins Publikum. Aufatmend lehnte Ravenna sich zurück. Wenigstens hatte sie dafür gesorgt, dass Vadym gegen einen weiteren Herausforderer antreten musste, falls er sie doch noch aus dem Rennen warf.
    Als der Applaus verebbte, stützte Beliar die Unterarme auf die Konsole. Er gab sich betont leutselig. »Falls du das Quiz gewinnst, Ravenna: Was würdest du mit dem Geld machen?«
    Sie hatte sich auf diese Frage vorbereitet. Schließlich wurde jeder Kandidat nach seinen Wünschen gefragt: eine Reise, ein neues Auto oder einfach eine längst überfällige Reparatur. Manche Gewinner halfen auch einem alten Freund aus der Klemme oder gönnten sich ein wenig Luxus.
    »Ich werde meine Schwester suchen.«
    Es war nicht das, was sie hatte sagen wollen. Nicht das, was sie und Lucian vorher vereinbart hatten. Die Wahrheit sprudelte einfach so aus ihr heraus, während die roten Kameraaugen wieder in ihre Richtung blickten.
    »Ach.« Mit gespieltem Erstaunen legte Beliar die Stirn in Falten. Das Steinchen an seinem Ohr glitzerte.
    Ravenna rutschte auf dem Sitz hin und her. Der Hocker schien zu
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