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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
Autoren: Mark Billingham
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Situation zur Salzsäule erstarrt, als ein Mann einer Kollegin ein Messer an die Kehle setzte. Aus Angst, unangebrachter Heldenmut könne sie das Leben kosten, hatte er sich regelkonform verhalten.
    Um zusehen zu müssen, wie sie dennoch starb.
    Der Junge war plötzlich ganz ruhig und gab keinen Ton von sich. Er hatte die Augen geschlossen. Dann schienen die Worte von Lukes Mutter – die seinen Namen rief, ihn wiederholt fragte, ob auch alles in Ordnung sei – Lardner zurückzuholen.
    »Ihm fehlt nichts«, sagte Lardner. »Wirklich. Wir haben uns prima verstanden, nicht wahr, Luke?«
    Der Junge öffnete die Augen.
    »Wir haben ein paar interessante Gespräche geführt, da unten, oder?«
    »Nein …«
    Thorne entging der schreckerfüllte Blick Maggie Mullens nicht.
    »Über alles Mögliche.«
    »Und das wäre?«
    Ein Schulterzucken. »Familie. Was wichtig ist im Leben …«
    »Nein.«
    Luke Mullen stöhnte. Ein langes, verzweifeltes »Nein …« drang hinter dem Klebeband hervor.
    »Ich hatte nicht vor, hier oben darüber zu sprechen«, sagte Lardner, »aber jetzt, wo ihr es wissen wollt …«
    Es waren nur ein paar Schritte, aber Thorne war klar, dass Lardner mit dem Messer an Lukes Kehle sein konnte, bevor er ihn erreichte.
    »Was hast du meinem Sohn erzählt?«
    »Willst du, dass ich es wiederhole? Selbst Polizisten kann man schockieren. Aber der scheint was auszuhalten.«
    »Hör auf damit!«
    »Soll ich sagen, was wir beide im Bett gemacht haben? Oder warum du überhaupt diese Affäre mit mir angefangen hast?«
    Wenn sie zu ihrem Sohn rannte, wenn sie Lardner nur eine Sekunde ablenkte, hätte er eine Chance. Aber wie sollte er ihr das klarmachen?
    »Luke, hör mir zu. Ich weiß nicht, was er dir erzählt hat.«
    »Es war wohl bestimmt nicht mein Aussehen.«
    »Er ist krank. Das ist dir doch klar, mein Schatz? Dir ist doch klar, dass er krank ist?«
    Die linke Hand, er müsste sich auf die linke Hand stürzen, in der Lardner das Messer hielt. Wenn Luke schnell reagierte und im selben Moment zur Seite spränge, dann könnten sie Lardner überrumpeln …
    »Sie ist in meine Arme getrieben worden«, sagte Lardner. »Ich finde, das beschreibt es am besten.«
    »Er verdreht die Wahrheit.«
    »Und bestimmt ist sie aus den Armen ihres Mannes getrieben geworden.«
    »Schau mich bitte an, Luke.«
    »Ich glaube, wir alle kennen uns inzwischen ganz gut. Ein paar unbequeme Wahrheiten können da nicht stören, oder?«
    » Luke . Bitte!«
    Die perfekte Gelegenheit gab es nicht. Er musste sich entscheiden …
    »Warum erzählst du dem Inspector nicht alles?« Lardners Mund war hart, entschlossen, aber sein Blick war sanft. »Warum du es nicht erträgst, wenn er dich anfasst …«
    Er war nicht von dieser Welt, dieser Ton, der zu hören war, als das wutentbrannte, schreckverzerrte Geheul sich im Klebeband verfing. Luke taumelte zu seiner Mutter und gab, als er zurückgezogen wurde, dem Zug nach, ließ sich auf Lardner fallen und stürzte mit ihm auf das Sofa.
    Thorne erkannte zu spät, was dann geschah.
    Er sah die Hand, die der Junge die ganze Zeit gegen das Bein gepresst hatte, in die Höhe schießen. Etwas in seiner Faust glitzern. Hörte das Seufzen, als das Fleisch aufgeschlitzt wurde, und das Schnappen.
    Alles Weitere lief mit doppelter Geschwindigkeit ab. Erfüllt von Schreien und rot gefärbt.
    Thorne fand sich zu Lardners Füßen wieder, neben einer Glasscherbe, die Luke fallen gelassen hatte. Sie war voller Blut, und das Klebeband, das an einem Ende als eine Art Griff um die Scherbe gewickelt war, war schweißnass.
    Die Scherbe sah aus, als stamme sie von einem Bilderrahmen. Dünn und zerbrechlich.
    Er suchte nach dem Stück, das in Peter Lardners Hals stecken musste. Es war kaum zu sehen unter dem grellrot strömenden Blut.
    Maggie Mullen war auf den Knien, einen Arm um Lardners Nacken. Beide waren sie blutüberströmt. Sie flüsterte auf ihn ein, während sie mit dem anderen Arm nach Luke suchte. Den Sohn zu fassen suchte, der ein paar Schritte von ihr entfernt stand und noch immer brüllte, als handle es sich dabei um eine Sprache, die er soeben erst begriffen hatte. Seine Augen waren groß wie Untertassen, wild vor Entsetzen und erfüllt von einem Rausch.
    Und von mehr. Von etwas, für das Thorne die Worte fehlten, das grauenvoller war als all das Blut, das in die Ritzen zwischen den abgeschlagenen und abblätternden Dielen floss.

Montag

Neunundzwanzigstes Kapitel
    Sie tranken Wein und jeder noch ein Glas
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