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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
Autoren: Mark Billingham
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sie einander nicht aus. Sie ließen sich nur verdammt schwer miteinander vereinbaren. So wie diese Physiksachen, die theoretisch möglich sind, die aber noch niemand gesehen hat.
    Schweigen machte sich breit in dem Raum, der lachhafterweise als Konferenzraum bezeichnet wurde, dabei jedoch kaum größer als ein normales Büro war und sich nur durch eine Kaffeekanne und eine größere Anzahl unbequemer Plastikstühle von einem solchen unterschied. Thorne rief sich ins Gedächtnis, was er über den Mann wusste, der Carol Garner getötet hatte. Ein Mann, der gern die Fäden in der Hand hielt. Ein Feigling. Vielleicht nicht körperlich überlegen … Himmel, er klang wie einer dieser Gerichtspsychiater, die er für horrend überbezahlt hielt. Eines allerdings wusste er: Dieser Mörder war keinesfalls gewöhnlich. Er war in hohem Maße außergewöhnlich und zu weit mehr fähig, als Holland und McEvoy bislang klar war.
    Dann gab es da natürlich noch die Frage nach dem Warum. Stets die Frage nach dem Warum. Und wie immer ging Thorne diese Frage am Arsch vorbei. Darum wurde er sich kümmern, wenn sie sich aufdrängte. Er würde mit beiden Händen danach greifen, falls er so den Mörder fangen könnte. Aber sie war ihm nicht wichtig. Zumindest kümmerte es ihn nicht im Geringsten, ob der Mann, hinter dem er her war, als Kind ein Fahrrad bekommen hatte …
    McEvoy rutschte neben ihm auf ihrem Stuhl hin und her. Sie hatte aufgehört, in der vor ihr liegenden Akte zu blättern, und er spürte, dass sie etwas sagen wollte.
    »Was gibt es, Sarah?«
    »Das ist schrecklich, keine Frage … und die Sache mit dem Kind, absolut widerlich. Aber mir ist nicht ganz klar, warum das unser Fall ist. Und nicht der Fall einer anderen Gruppe. Ich will damit sagen, woher wissen wir, dass sie nicht von jemandem umgebracht wurde, den sie kannte? Es gab keine Hinweise auf gewaltsamen Zutritt, es könnte ein Freund oder Exfreund gewesen sein … warum also wir, Sir?«
    Thorne blickte zu Brigstocke, der mit gekonntem Timing einen weiteren Stapel Fotos in die Mitte des Tisches warf.
    Holland nahm sich ein Foto. »Ich hab mir dieselbe Frage gestellt. Ich verstehe nicht, warum …« Er hielt mitten im Satz inne, als er die auf dem Rücken liegende Frau sah, ihren weit aufgerissenen Mund, die hervorquellenden, blutunterlaufenen Augen. Die Frau lag zwischen Müllsäcken in einer kalten, dunklen Straße. Die Frau, die nicht Carol Garner war.
    Die Geste entbehrte nicht einer gewissen Dramatik, und das war durchaus beabsichtigt. Brigstocke wollte seinen Leuten Feuer unterm Hintern machen. Er wollte sie schockieren, motivieren und ihre Leidenschaft wecken.
    Ihre Aufmerksamkeit hatte er sich auf alle Fälle gesichert.
    Thorne übernahm es, ihnen auseinander zu setzen, um was es ging. »Der entscheidende Grund, Holland« – er blickte zu McEvoy – »der Grund, warum es in unseren Bereich fällt, ist, dass er es wieder getan hat.«
    Die vorherige Stille erschien nun als die reinste Kakophonie. Thorne konnte nichts hören als das Echo seiner eigenen Stimme und das Zischen des Adrenalins, das durch seine Adern rauschte. Brigstocke und Hendricks saßen, den Kopf gebeugt, wie erstarrt da. Holland und McEvoy tauschten einen entsetzten Blick.
    »Deshalb wissen wir, dass er Carol Garner von der Euton Station folgte. Denn sobald er mit diesem Mord fertig war, am selben Tag noch, machte er sich auf den Weg nach King’s Cross. Er ging zu einem anderen Bahnhof, suchte sich eine andere Frau und machte es noch einmal.«
     
    Karen, es ist wieder passiert.
    Lass mich dir bitte erzählen, was geschah. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du schlecht von mir dächtest. Ich weiß, dass du mir unmöglich verzeihen oder vergeben kannst, was ich getan habe … was ich tue, aber ich bin mir sicher, dass du es verstehst. Ich hatte immer das Gefühl, dass du, wenn ich die Möglichkeit hätte, dir alles zu erklären, mich dir anzuvertrauen, dazu in der Lage wärst, mich wirklich zu verstehen. Du hast immer gewusst, was ich über dich denke. Das konnte ich an deinem schüchternen Lächeln ablesen.
    Du wusstest, welche Macht du über mich hattest. Wes halb ich aber nie wütend war. Einem Teil von mir gefiel es, von dir geneckt zu werden. Ich wollte der sein, den du neckst. Das gab mir das Gefühl, gebraucht zu werden. In meinen Augen machte dich das nur anziehender, Karen …
    Aber jetzt, Herrgott, habe ich es wieder getan. Habe getan, was man mir auftrug.
    Sie war allein und hatte
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