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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
Autoren: Mark Billingham
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reiner Zufall? King’s Cross konnte auch etwas anderes bedeuten. Hatte er das zweite Opfer aus Versehen für eine Prostituierte gehalten? Warum wurde eine Frau zu Hause und eine auf der Straße umgebracht?
    Und dann war die eine Frage, die sich in den Vordergrund drängte: Beging er an einem Tag zwei Morde, weil er außer Rand und Band war, oder war der Doppelmord das eigentlich Zentrale? Blutrausch oder Zwang? Im Augenblick machten Holland und McEvoy Überstunden, um genau das zu klären. Doch wie immer die Antwort ausfallen würde, angenehm wäre sie keinesfalls.
    In den acht Monaten, seit das Team zusammen war, hatte es nur an zwei großen Fällen gearbeitet, für die es ausschließlich zuständig war. Die meiste Zeit waren sie – entweder als Gesamtteam oder einzelne Mitarbeiter – anderen Ermittlungen zugewiesen worden, um im Bedarfsfall wieder zurückgeholt zu werden.
    Nach dem Terroranschlag vom 11. September hatte die Serious Crime Group noch nie da gewesene Aufgaben übernommen. Nicht wenige hatten ihrer Verwunderung Ausdruck gegeben, dass sie sich mit so etwas wie der Heimholung von Leichen aus New York abgeben mussten, doch Thorne hatte das eingeleuchtet. Es handelte sich hier um britische Staatsbürger. Sie waren ermordet worden. Daran war nichts kompliziert.
    Am schlimmsten waren die Telefonanrufe gewesen. Tausende von Leuten, die wissen wollten, wo sich ihr Ehemann, ihre Ehefrau, ihr Sohn, ihre Tochter befand, Angehörige, die sich nicht gemeldet und sich möglicherweise im Bereich des World Trade Center befunden hatten. Bislang hatte nur einer von den Hunderten ohne Nachricht von ihren vermissten Angehörigen eine identifizierbare Leiche zum Bestatten erhalten …
    Drei Monate später hatte die Met noch immer alle Hände voll zu tun – es galt, Witzbolde aufzuspüren, die auf den Anthraxzug aufsprangen, und potenzielle Ziele für Terrorangriffe zu überwachen. Kurz, sie rissen sich den Arsch auf, während die Kleinkriminalität, die Gunst der Stunde nutzend, florierte. Auch wenn sexuelle Belästigung am Telefon plötzlich nicht mehr ganz so wichtig schien, es gab immer noch Verbrechen wie die, die dem Team 3 zugewiesen wurden und die nun wirklich nicht auf die leichte Schulter genommen werden durften.
    Diese Fälle waren alle beide … ungewöhnlich. Beim ersten handelte es sich um eine Serie brutaler Morde im Südosten Londons, die allesamt die Kennzeichen eines Bandengemetzels aufwiesen. Es stellte sich jedoch heraus (nachdem die Leichenteile mühevoll zusammengesetzt waren), dass die Ermordeten weder Drogendealer noch Geldverleiher gewesen waren, sondern ganz gewöhnliche, gesetzestreue Bürger. Schnell war klar, dass diese Morde das Werk eines zutiefst gestörten Einzeltäters waren und nicht einer Bande. Ob der Mörder – ein glücklich verheirateter Elektrotechniker – nur versucht hatte, eine falsche Spur zu legen oder unter einem psychischen Zwang litt, Mafiamethoden nachzuahmen, war noch unklar. Er wurde noch immer psychiatrisch untersucht.
    Der andere Fall war der beunruhigendere von den beiden, obwohl es keine Leichen gab. Hotelgäste wurden in ihren Zimmern ins Visier genommen und ausgeraubt. Dabei hatten allerdings die körperlichen Übergriffe, die mit den Diebstählen einhergingen, bald angefangen überhand zu nehmen. Selbst wer bereitwillig Bargeld, Rolex und andere Wertgegenstände herausrückte, wurde gefoltert. Das Messer kam zum Vorschein und die Geheimnummer wurde verlangt. Nach Preisgabe der Geheimnummer kam das Messer dennoch zum Einsatz. Kleine Schnitte, Schlitzereien: Verletzungen aus purer Lust. Thorne wusste, dass dieser Kerl es genoss, jemandem das Messer auf die blanke Haut zu legen, zu hören, wie sein Opfer tief Luft holte, und dabei zuzusehen, wie sich der schmale Schnitt mit Blut zu füllen und zu tropfen begann.
    Aus dem Raub wurde langsam etwas anderes, aus dem Räuber wurde ein anderer. Hinter seiner schwarzen Sturmmütze fing er an, etwas zu viel Spaß an seiner Arbeit zu haben – es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Leute anfingen zu sterben.
    An diesem Punkt holte man Thorne hinzu.
    Mit so gut wie keinem Beweisstück und keiner wirklichen Täterbeschreibung war der Fall sehr schnell zu einer Quelle steter Frustration geworden. Thorne, Holland und McEvoy hatten, um diesem latenten Mörder eine Falle zu stellen, einige Nächte in sehr netten Hotels verbracht, doch ohne Erfolg. Offensichtlich waren ihre Bemühungen nicht unbemerkt geblieben, und der
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