Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tom Sawyers Abenteuer und Streiche

Titel: Tom Sawyers Abenteuer und Streiche
Autoren: Mark Twain
Vom Netzwerk:
ehrlicher Arbeit zu verdienen. Na, liegt mal so in der menschlichen Natur, läßt sich nicht ändern. Na nur flink, vorwärts, vorwärts!«
    Die Jungen wollten wissen, weshalb solche Eile nötig sei.
    »Fragt jetzt nicht lang, – nur zu, werdet's schon sehen, wenn wir zur Witwe kommen.«
    Huck fühlte böse Ahnungen in sich aufsteigen. Er war gewohnt, daß man ihn fälschlicherweise dummer Streiche bezichtigte.
    »Herr Jones, ganz gewiß, wir haben nichts getan«, beteuerte er zaghaft.
    Der Alte lachte herzlich.
    »Wer weiß Huck, mein Junge, wer weiß? Bist du denn nicht gut Freund mit der Witwe?«
    »O ja, jedenfalls ist sie freundlich mit mir gewesen!«
    »Na – also! Weshalb hast du dann Angst?«
    Huck war sich über die Frage noch nicht ganz klar geworden, als er sich schon mit Tom in den Salon der Frau Douglas hineingeschoben fühlte. Jones ließ den Karren an der Türe stehen und folgte ihnen.
    Das Haus war strahlend hell erleuchtet, und jeder, der im Städtchen irgend etwas zu bedeuten hatte, war zugegen. Thatchers waren da und Haiders, Rogers, Tante Polly, Sid, Mary, der Pfarrer, der Redakteur und noch viele andere, und alle in festlichem Gewande. Frau Douglas empfing die Jungen so herzlich, wie man zwei so aussehende Menschenkinder empfangen konnte. Sie waren mit Lehm und Talgtropfen förmlich überzogen, Tante Polly wurde feuerrot vor Verlegenheit, legte die Stirn in drohende Falten und schüttelte vorwurfsvoll und mißbilligend ihr graues Haupt gegen Tom. Niemand aber konnte verlegener, beschämter sein, als die Jungen selber. Herr Jones sagte:
    »Tom war noch nicht zu Hause; ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, ihn herbeizubringen, aber just vor meiner Haustüre stolpere ich dann über die beiden, und da hab ich sie eben mitgebracht, wie sie gingen und standen.«
    »Und das war sehr recht«, bekräftigte die Witwe. »Kommt mit mir, Jungens!«
    Sie nahm sie mit sich in ein Schlafzimmer und sagte:
    »Jetzt wascht euch und zieht euch an. Hier sind zwei neue Anzüge, Hemden, Socken, alles vollständig. Die gehören dir, Huck, – nein, – keinen Dank weiter, – Herr Jones hat den einen gekauft und ich den anderen. Leihst Tom den einen heut abend, werden ja wohl beiden passen. Flink also hinein. Wir warten so lange. Kommt schnell herunter, wenn ihr euch genug gestriegelt habt.«
    Und sie ging.
     

     

31. Tom und Huck werden reich.
    Kaum war sie weg, so stürzte Huck zum Fenster, riß es auf und flüsterte drängend:
    »Tom, wir können zum Fenster hinaus, wenn wir einen Strick finden, es geht nicht hoch hinunter.«
    »Dummes Zeug! Weshalb sollten wir zum Fenster hinaus?«
    »Ich – ich kann so 'nen Haufen Menschen nicht vertragen, bin nicht dran gewöhnt. Ich geh nicht wieder hinunter, Tom.«
    »Dummheit! Ist auch was Rechtes. Mir ist's ganz einerlei. Wart, ich geh acht auf dich und helf dir!«
    Sid erschien.
    »Tom,« sagte er, »die Tante hat den ganzen Nachmittag auf dich gewartet. Mary hat deine Sonntagskleider zurechtgelegt und jeder hat sich deinethalben abgeängstigt. Sag mal, ist das nicht Lehm und Talg auf deinen Kleidern?«
    »Na, junger Mann, ich rat dir, kümmere dich nur um deine Sachen. Weshalb ist denn der ganze Lärm?«
    »Ei, 's ist 'ne Gesellschaft, wie sie die Witwe oft hat, und diesmal zu Ehren vom alten Jones und seinen Söhnen, weil sie ihr neulich nachts so aus der Patsche geholfen haben. Na und hör' mal, ich weiß noch was, wenn du's wissen willst.«
    »Na und was?«
    »Ei, der alte Jones will die Gesellschaft noch mit was überraschen, hab's gehört, wie er's heut mittag der Tante erzählte, als 'n Geheimnis natürlich, ist aber kein großes Geheimnis mehr. Jeder weiß es, – die Witwe auch, obgleich die sich stellt, als wisse sie nichts. Herr Gott, hat sich der alte Jones abgesorgt, ob auch der Huck gewiß da sei heut abend, – ohne den war ja sein großes Geheimnis keine Bohne wert gewesen, weißt du!«
    »Geheimnis – wieso, Sid?«
    »Ei einfach, daß Huck damals hinter den Kerlen hergeschlichen ist bis zum Zaun hier, weiter gar nichts. Der Alte wollt' 'nen großen Hopphei draus machen heut abend, 's wird aber wohl 'en bißchen schwach ausfallen.«
    Und Sid lachte hämisch und selbstzufrieden in sich hinein.
    »Sid, hast du's verraten?«
    »Was liegt dran, wer's verraten hat? – einer hat's getan, soviel ist sicher.«
    »Sid, ich weiß nur einen solchen Kerl im Städtchen, der elend genug ist, so was zu tun, und der bist du! Wenn du Huck gewesen wärst, du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher