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Tolle Maenner

Tolle Maenner

Titel: Tolle Maenner
Autoren: Olivia Goldsmith
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gekündigt, und deswegen bin ich nicht sicher, ob ich Arbeitslosen-«
    Molly hob die rechte Hand, als wollte sie kein Wort mehr hören. Mit der linken drückte sie Tracie ein T-Shirt von Java, The Hut in die Hand. »Wenigstens kennst du die Speisekarte auswendig«, sagte sie.
    »Hab ich’s dir nicht gesagt?«, triumphierte Laura.
    »Was gesagt?«, fragte Tracie.
    »Stellst du Tracie ein?«, fragte Laura.
    »Kann schon sein«, antwortete Molly. Dann seufzte sie. »Damit kann ich wahrscheinlich meinen Traum begraben, in die Spitzengastronomie vorzustoßen, aber was soll’s.«
    Molly konnte sie so einfach einstellen? »Muss ich nicht erst mit dem Geschäftsführer oder sonst jemandem reden?«, fragte Tracie erstaunt. »Ich meine, ich habe doch keinerlei Berufserfahrung.«
    »Mach dir mal darüber keine Gedanken – dafür wirst du noch früh genug büßen, mein Lämmchen. Ich hoffe, die Leute geben dir ähnlich großzügige Trinkgelder wie du mir«, sagte Molly. »Und dass dieses Lokal keinen Geschäftsführer hat, ist ja wohl offensichtlich, oder?«, fügte sie hinzu.
    »Das Lokal gehört dir? Das wusste ich ja gar nicht!«
    »Du weißt vieles nicht, meine Süße. Aber ich glaube, du lernst allmählich dazu.« Molly hielt kurz inne. »Mit Jon ist es also aus?«
    Tracie nickte still. »Wir haben irgendwie -«
    »Sag nichts mehr.« Molly wandte sich Laura zu. »Du bist spät dran. Die Küche ruft. Und Tomaten haben wir auch keine mehr.«
    »Kein Problem.« Laura warf Molly ein Lächeln zu und streckte Tracie den nach oben gerichteten Daumen entgegen.
    Tracie schaute aus dem Fenster auf die Straße. Der Baum vor
dem Lokal hatte ausgetrieben, und ihr war es nicht mal aufgefallen. Sie arbeitete immer noch für Molly, als der Baum sich orange färbte, die Blätter verlor und dann fast einen Monat lang in Eis gehüllt war. Es war der Winter ihres Missvergnügens.

41.   Kapitel
    Jon ging mit Lucky über den Pike Place Market. Es war der erste Tag, an dem es nach Frühling roch. Die Menschen drängte es ins Freie, und Lucky schnupperte in der Luft, als läge etwas Neues darin. Jon registrierte nicht einmal die Frauen, die sich nach ihm umdrehten. Die Nacht mit Allison war für ihn die letzte überhaupt gewesen, in der er mit einer Frau geschlafen hatte. Er hatte weder auf Sam noch auf Ruth reagiert, und selbst Beth hatte irgendwann aufgegeben, ihn anzurufen. Er hatte sich in die Arbeit gestürzt, aber es war zu spät gewesen, um Parsifal noch zu retten. Einsam und allein musste er mit seinem ersten beruflichen Misserfolg fertig werden. Er band Luckys Leine an ein Geländer neben einigen Tischen im Freien, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre: Der Hund hätte den ganzen Tag und die ganze Nacht auf ihn gewartet, angeleint oder nicht. Dann ging er in ein Geschäft, um Kaffee zu kaufen.
    Während er in der Schlange stand, sah er, dass die Preisschilder unter den Korinthenbrötchen und den Keksen Haftnotizzettel waren. Er strich über einen davon mit dem Finger und schüttelte dann den Kopf. Er erlaubte sich grundsätzlich nicht, an Tracie zu denken, und brachte auch jetzt genügend Disziplin auf, um sich an diese Regel zu halten. Zuerst hatte ihn die Einsamkeit so dicht umhüllt wie der Nebel über dem Puget Sound. Er gab nur ungern zu, wie viele Nächte er bei seiner Mutter verbracht hatte, während er versuchte, über diese kleine Krise hinwegzukommen. Sie hatte nie darüber geredet, ihn immer fröhlich begrüßt und nie Fragen gestellt. Sie hatte ihm lediglich einen Vorschlag gemacht: »Warum schaust du nicht mal im Tierheim vorbei?« Er hatte sich nie für einen großen Tierfreund gehalten,
kam sich aber selber ein wenig wie ein Hund im Tierheim vor: einsam, eingesperrt – jedenfalls emotional – und auf der Suche nach einem Gefährten. In den Käfigen hatte er dann all die hündischen Verlierer im Spiel der Liebe gesehen: Welpen, die zu lebhaft waren, Hunde, die zu groß geworden, nicht niedlich oder klug genug waren oder einfach kein Glück gehabt hatten.
    Jon hatte seinen Kaffee und sein klebriges Korinthenbrötchen bekommen, das er wie immer mit Lucky teilen wollte. Der Hund begrüßte ihn mit übertriebenen Freudenbekundungen, wackelte mit dem Hinterteil und wedelte mit dem Schwanz. Als er ihn losband und gerade gehen wollte, sah er Beth allein im Café sitzen. Er könnte ihr aus dem Weg gehen, aber in diesem Augenblick fühlte er sich trotz Lucky so einsam, dass er zu ihr an den Tisch trat. »Darf ich?«,
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