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Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr

Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr

Titel: Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
Autoren: Barry Eisler
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hatte dort einen guten Mann verloren, und einige gaben Delilah die Schuld daran. Ich wusste es natürlich besser, aber sie konnte sich wohl kaum auf mich als Zeugen berufen.
    »Soll mir nur recht sein«, sagte sie. »Ich freu mich über die freie Zeit.«
    Ich nickte. »Ich hab mich schon gefragt, wie du hierfür frei bekommen hast.«
    Sie hob ihr Glas. »Ich würde sagen, ein schöner Bonus.«
    Wir stießen an und tranken. Ich fragte: »Was meinst du, wie die Sache ausgeht?«
    »Darüber mach ich mir keine Gedanken.«
    Ich kannte sie besser und lächelte mitfühlend. Delilah ließ sich so schnell nichts gefallen, weder von ihren Vorgesetzten noch von sonst wem.
    Nach einem Augenblick zuckte sie die Achseln. »Ich bin ein bisschen bedrückt. Nicht so sehr wegen der Frage, ob ich wieder eingesetzt werde oder eine Abmahnung kriege oder was weiß ich. Vielmehr … ich finde es einfach unerträglich, wie sie mich benutzen und hinterher über mich urteilen, dabei erledige ich nur die Aufträge, die sie mir erteilen. Man sollte meinen, es zählt nur, dass Al-Jib tot ist, aber nein.«
    Al-Jib war ein Terrorist im Netzwerk von A. Q. Khan gewesen, der versucht hatte, nukleares Material zu kaufen, um damit eine Bombe zu bauen. Delilah hatte ihn in Hongkong getötet, als sich die Gelegenheit dazu bot, und dieser Erfolg war derzeit vermutlich das Einzige, was ihre Kritiker beim Mossad im Zaum hielt.
    »Na ja, sie haben eben ihre Prioritäten«, sagte ich.
    »Ja klar, ihre scheinheiligen Besprechungen, das ist ihre Priorität. Ich schwöre dir, manchmal würde ich ihnen am liebsten sagen, sie sollen sich doch einfach zum Teufel scheren.«
    »Ich kenne solche Typen«, sagte ich und nahm ihre Hand. »Lass dich nicht von denen fertigmachen.«
    Sie lächelte und drückte meine Hand. »Ich hab nicht mal daran gedacht, seit ich dich wiedergesehen hab. Jedenfalls nicht, bis wir davon angefangen haben.«
    »Tja, du musst mich eben öfter sehen«, sagte ich, ehe ich mich bremsen konnte.
    Sie drückte erneut meine Hand und sagte: »Hätte ich nichts dagegen.«
    Ich antwortete nicht.
    Wir verließen das Restaurant nach Mitternacht und spazierten in nordwestlicher Richtung ins Viertel La Ribera. Obwohl es ein Wochentag war, herrschte auf dem Passeig del Born Hochbetrieb, weil die Menschen scharenweise aus den Bars entlang der Straße und aus den Clubs und Restaurants in der Gegend strömten. Wir ergatterten einen Tisch im La Palma. Es war ein wunderschönes altes Lokal, schlicht, mit Weinfässern in den Ecken und Würsten, die von der Decke hingen. Ich bestellte für uns einen 1958er Highland Park, einen der edelsten Single Malts auf Erden – zum Preis von hundertfünfzig Euro das Glas, aber das Leben ist kurz.
    Anschließend bummelten wir weiter umher. Delilah hakte sich bei mir ein und schmiegte sich in der kühlen Nachtluft an mich. Es kam mir so natürlich vor, dass es mich schon fast beunruhigte. Ich fragte mich, wie es wohl wäre, immer so zusammen zu sein. Dann dachte ich wieder an Midori.
    Wir schlenderten nach Süden ins Barri Gòtic, wo die gepflasterten Sträßchen schmaler wurden und immer weniger Leute unterwegs waren. Schon bald waren das Echo unserer Schritte, die schattigen Mauern der dunklen Kirchen und der Häuser mit geschlossenen Fensterläden die einzigen Begleiter.
    Ein paar Querstraßen westlich der Via Laietana hörte ich laute Stimmen, die Englisch sprachen, und als wir um eine Ecke bogen, sah ich vier junge Männer auf uns zukommen. Aufgrund der Kleidung und des Akzents tippte ich auf Engländer, wahrscheinlich Fußballhooligans. Aufgrund der Lautstärke und des aggressiven Tons tippte ich auf betrunken. Mein erster Instinkt sagte mir, dass sie bei den einheimischen Frauen in La Ribera abgeblitzt waren, dann auf den Ramblas keine Prostituierten nach ihrem Geschmack gefunden hatten und nun wieder auf dem Weg nach La Ribera waren, um dort erneut ihr Glück zu versuchen. Meine Alarmbereitschaft schaltete eine Stufe höher. Ich spürte, wie sich Delilahs Hand auf meinem Arm ein ganz klein wenig versteifte. Sie signalisierte, dass auch sie fürchtete, es könnte Probleme geben.
    Die Straße war schmal, mehr eine Gasse, und es war nicht viel Platz, um die vier vorbeizulassen. Ich steuerte uns nach links, damit ich die Innenposition hatte.
    Sie bemerkten uns, und ihr Gegröle erstarb. Kein gutes Zeichen. Dann wurden sie langsamer. Das war noch schlechter. Und dann löste sich einer von ihnen aus der Gruppe und schwenkte,
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