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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache
Autoren: Barry Eisler
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Rundumblick.
    Biddle tauchte exakt um zehn auf. In Spionagesachen war er ebenso pünktlich wie mit seinem Tee.
    Ich sah, wie er sich dem Obelisken näherte. Er trug einen offenen Trenchcoat, darunter Anzug und Krawatte. Wie im Kino. Zehn Minuten lang suchte ich mit der Fernglasfunktion des Nachtsichtgerätes den Friedhof ab, bis ich mich davon überzeugt hatte, dass er allein war. Erst dann kam ich aus meinem Versteck und ging zu ihm.
    Er hörte mich nicht, bis ich ihn aus einem Meter Entfernung ansprach. «Biddle», sagte ich.
    «Um Himmels willen!», sagte er, machte einen Satz und fuhr zu mir herum.
    Ich sah, wie er in der Dunkelheit blinzelte. In dem Weißgrün der Brille war jedes Detail seines Mienenspiels zu erkennen.
    Harrys Detektor in meiner Tasche meldete sich nicht. Mit meinem gesunden Arm zog ich den Schlagstock aus der Tasche der Jogginghose. In der Finsternis konnte Biddle die Bewegung nicht sehen.
    «Es gibt da ein kleines Problem», sagte ich.
    «Und das wäre?»
    «Sie müssen sich mehr einfallen lassen, um mich davon zu überzeugen, dass Sie nichts mit dem Tod von Haruyoshi Fukasawa zu tun haben.»
    In dem grünen Leuchten sah ich, wie sich seine Stirn in Falten legte. «Hören Sie, ich hab Ihnen doch schon gesagt …», begann er.
    Ich ließ den Schlagstock mit einem Schnippen des Handgelenks voll ausfahren und landete einen Rückhandschlag auf seinem Schienbein. Ich hielt mich ein bisschen zurück, weil es noch zu früh war, ihm schon einen Knochen zu brechen. Er schrie auf und fiel hin, umklammerte sein verletztes Bein. Ich gab ihm eine Minute, in der er sich auf dem Boden wälzte, während ich die nähere Umgebung absuchte. Bis auf Biddle war alles ruhig.
    «Hören Sie auf rumzubrüllen», befahl ich. «Seien Sie still, oder ich sorge dafür, dass Sie es sind.»
    Er biss sich auf die Zähne und sah in die Richtung, aus der meine Stimme kam. «Gottverdammt, ich hab Ihnen alles gesagt, was ich weiß», stieß er gepresst hervor.
    «Sie haben mir nicht erzählt, dass Sie mit Yamaoto zusammenarbeiten. Dass Sie es sind, der Crepuscular am Leben gehalten hat, nicht Kanezaki.»
    Seine Augen suchten die Dunkelheit nach mir ab. «Kanezaki bezahlt Sie, habe ich Recht?»
    Ich dachte einen Moment nach. «Nein. Niemand bezahlt mich. Dieses eine Mal tue ich etwas, nur weil ich es tun will. Obwohl das aus Ihrer Sicht wohl kaum eine gute Nachricht ist.»
    «Aber ich kann Sie bezahlen. Die CIA kann es. Wir leben jetzt in einer neuen Welt, und ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass wir Sie dabeihaben wollen.»
    Ich lachte leise. «Sie klingen wie ein Werbeplakat. Und jetzt erzählen Sie mir von Yamaoto.»
    «Es ist mein Ernst. Nach dem elften September braucht die CIA Leute wie Sie. Deshalb haben wir ja nach Ihnen gesucht.»
    «Ich wiederhole meine Frage. Gratis. Aber wenn ich sie danach noch einmal stellen muss, wird der Schlag, der Sie gerade zu Boden geworfen hat, wie eine Liebkosung gewesen sein.»
    Ich sah, wie er schluckte. «Hören Sie, Yamaoto hat seine Interessen, und wir haben unsere. Im Augenblick gibt es da eine gewisse Übereinstimmung, mehr nicht. Eine für beide Seiten vorteilhafte Allianz.»
    «Zu welchem Zweck? Ich dachte, Crepuscular sollte den Reformpolitikern hier im Land helfen.»
    «Langfristig betrachtet wären Reformen gut für die USA», sagte er und kam vorsichtig wieder auf die Beine. «Aber sie würden auch Probleme schaffen. Sehen Sie, Japan ist der weltweit größte Gläubiger. Es hat schon allein in US-Schatzwechseln über dreihundert Milliarden Dollar investiert. Echte Reformen würden kurzfristig dazu führen, dass japanische Banken schließen müssten. Das wiederum würde bei den Bankkunden Panik auslösen, was zur Folge hätte, dass Banken ihr Auslandskapital zurückholen, um die abfließenden Spareinlagen aufzufangen. Aber wenn die Reformen schließlich doch greifen und die Wirtschaft sich erholt, werden Yen-Guthaben attraktiver und japanische Banken werden ihre Dollar- und Euro-Guthaben wieder nach Hause holen, wo sie eine bessere Rendite abwerfen.»
    «Dann ziehen also diejenigen, die in der US-Regierung derzeit das Sagen haben, den Status quo vor», sagte ich.
    «Wir sprechen in diesem Zusammenhang lieber von ‹Stabilität›», sagte er, verlagerte das Gewicht versuchsweise auf sein verletztes Bein und verzog das Gesicht.
    Ich suchte das Gebiet um uns herum ab. Alles war ruhig. «Weil der Status quo die vielen schönen Billionen Yen sicher in den USA geparkt lässt, wo sie
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