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Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag

Titel: Tokio Killer 01 - Der erste Auftrag
Autoren: Barry Eisler
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solle auf sich aufpassen, erinnerte mich an Jimmy Calhoun, meinen besten Freund auf der High School, und daran, wer Jimmy gewesen war, bevor er Crazy Jake wurde.
    Jimmy und ich waren mit gerade einmal siebzehn Jahren zusammen zur Armee gegangen. Ich weiß noch, wie der Werbeoffizier uns erklärte, dass wir ohne elterliche Einwilligung nicht angenommen werden könnten. «Seht ihr die Frau da draußen?», hatte er uns gefragt. «Gebt ihr die zwanzig Dollar hier und bittet sie, als eure Mutter zu unterschreiben.» Sie tat es. Später wurde mir klar, dass die Frau sich damit ihren Lebensunterhalt verdiente.
    In gewisser Weise hatten Jimmy und ich uns über seine Schwester Deirdre kennen gelernt. Sie war eine schöne, schwarzhaarige, irische Rose und einer der wenigen Menschen, die zu mir, dem verlegenen, deplatzierten Jungen in Dryden, nett waren. Irgendein Idiot erzählte Jimmy, dass Deirdre mir gefiel, und Jimmy passte es gar nicht, dass ein Kerl mit Schlitzaugen sich an seine Schwester ranmachte. Er war größer als ich, aber ich schlug mich tapfer gegen ihn. Von da an respektierte er mich und wurde zu meinem Verbündeten gegen die Schlägertypen von Dryden, zu meinem ersten echten Freund. Deirdre und ich wurden ein Paar, und wehe dem, der Jimmy deswegen aufzog.
    Bevor wir in den Krieg zogen, sagte ich Deirdre, dass ich sie heiraten würde, wenn ich wieder da sei. Sie sagte, sie würde auf mich warten. «Pass gut auf Jimmy auf, ja?», bat sie mich. «Er hat zu viel zu beweisen.»
    Jimmy und ich hatten dem Werbeoffizier erzählt, dass wir in dieselbe Einheit wollten, und der Typ hatte versprochen, dafür zu sorgen. Ich weiß nicht, ob er sich wirklich für uns eingesetzt hatte -eher hat er uns einfach angelogen -, aber es kam genau so, wie wir es uns gewünscht hatten. Jimmy und ich absolvierten die Grundausbildung in Fort Bragg und landeten dann in derselben Einheit, einem Gemeinschaftsprojekt von Armee und CIA, das sich Studies and Observation Group nannte, kurz SOG. Diese Bezeichnung war ein Witz, der Versuch irgendeines dummen Bürokraten, der Einheit einen möglichst harmlosen Anstrich zu geben. Genauso gut hätte man einem Pitbull den Namen Gänseblümchen geben können.
    Die Aufgabe der SOG waren geheime Aufklärungs- und Sabotageeinsätze in Kambodscha und Laos, manchmal sogar in Nord-Vietnam. Die Teams bestanden aus «LURRPs», ein Akronym für Männer, die sich auf ausgedehnte Aufklärungspatrouillen spezialisiert hatten. Drei Amerikaner und neun Angehörige der «Zivilen Irregulären Verteidigungstruppen» oder ZIVTs. Diese ZIVTs waren meistens von der CIA angeworbene Söldner der Khmer, manchmal auch der Bergstämme, der so genannten Montagnards. Es gingen immer jeweils drei Männer für maximal drei Wochen in den Busch und schlugen sich dort auf eigene Faust durch, ohne jeden Kontakt mit dem MACV, dem «Military Assistance Command, Vietnam», also dem Oberkommando für die amerikanischen Truppen in Vietnam.
    Wir waren die Elite der Elite, klein und beweglich, schlichen wie geräuschlose Geister durch den Dschungel. Sämtliche beweglichen Waffenteile waren festgeklebt, um jedes Geräusch zu vermeiden. Wir operierten so häufig nachts, dass wir im Dunkeln sehen konnten. Wir benutzten nicht mal Insektenschutzmittel, weil die Vietcong es riechen konnten. So verflucht gründlich waren wir.
    Wir operierten genau zu der Zeit in Kambodscha, als Nixon öffentlich dafür plädierte, die Neutralität Kambodschas zu respektieren. Wenn unsere Aktivitäten bekannt geworden wären, hätte Nixon zugeben müssen, dass er nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch den Kongress belogen hatte. Also wurden unsere Einsätze nicht nur geheim gehalten, sondern regelrecht verleugnet, und zwar bis ganz oben. Bei einigen Missionen durften wir keinerlei Waffen oder sonstiges Material aus Beständen der US-Armee dabeihaben. Manchmal bekamen wir nicht mal Luftunterstützung, weil man befürchtete, dass ein Pilot abgeschossen und gefangen genommen werden könnte. Wenn wir einen Mann verloren, erhielten seine Angehörigen ein Telegramm mit dem Inhalt, dass er «westlich von Dak To» oder «unweit der Grenze» gefallen sei, auf jeden Fall mit ganz vagen Ortsangaben.
    Zu Anfang lief alles ganz gut. Bevor wir einrückten, sprachen wir darüber, was wir tun würden und was nicht. Wir hatten schon so einiges gehört. Alle wussten von My Lai. Wir wollten einen kühlen Kopf bewahren, professionell bleiben. Unsere Unschuld bewahren, um ehrlich
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