Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Töte, wenn du kannst!: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
Vom Netzwerk:
erkennen . »Marie«, flüsterte Lillemor, und da lächelte die Kleine, und Lillemor sagte: »Komm, Marie, deine Oma hat morgen Geburtstag, wir müssen sie besuchen.«
    Sie stellte sich hinter den Buggy, löste die Bremse, lauter vertraute Bewegungen, und dann ging sie mit Marie davon. Erst nach einigen Metern wurde ihr klar, was sie da tat. Aber sie konnte nicht anhalten, sie schaffte es nicht, diesen Wagen loszulassen oder mit ihm umzukehren. Nur für ein paar Stunden, sagte sie sich. Für Camilla. Im Sichtschutz der Lieferwagen, die hinter den Marktständen parkten, schob sie Marie einfach immer weiter, ohne sich umzublicken, nur weiter, hinter der Bühne herum, dann über die Brücke, durch den Park und immer weiter durch die Straßen, bis zur Wohnung ihrer Mutter. Marie war die ganze Zeit still, und wenn Lillemor sich nach vorn beugte und sie ansah, dann erwiderte sie ihren Blick aus großen, neugierigen Augen. Sie weinte nicht.
    Als Nächstes erinnerte sich Lillemor an Camillas überraschtes, mildes Lächeln und an die Frage, wo denn ihr Gepäck wäre.
    »Im Hotel«, sagte Lillemor. »Ich hole es später.«
    »Wann gehen wir denn jetzt endlich ins Aquarium?«, quengelte Marie.
    Sie war schlecht gelaunt, kein Wunder. Lillemor hatte ihr so viel versprochen, und jetzt wagte sie sich mit ihr kaum noch auf die Straße, aus Angst, jemand würde sie erkennen. Die ganze Welt machte Jagd auf sie, und es wurde immer schlimmer. Einen Monat ging das schon so, und sie schienen die Lust daran nicht zu verlieren, was Lillemor anfangs noch gehofft hatte.
    Im Gegenteil. Elf Stockwerke weiter unten hielten zwei Polizeiautos. Lillemor wich zurück. Sie kniete sich vor Marie, so wie damals, auf dem Kungstorget, und küsste sie auf die Wangen.
    »Ich hab dich lieb«, sagte Lillemor.
    »Warum weinst du denn?«, fragte Marie.
    »Ach, nur so.«
    Minuten später klopfte es an die Tür.
    »Marie, machst du bitte auf?«
    Und Marie, froh um jede Abwechslung, nickte und ging zur Tür und öffnete sie.
    Die Polizisten drangen ins Zimmer, und Marie drehte sich erschrocken um nach ihrer Mutter. Aber die war verschwunden.

Tinka spürte Leanders Hand auf ihrer Schulter, während sie auf die Anzeigetafel blickte. Die Maschine war gelandet. Vor vier Tagen war der Anruf gekommen: Sie hatten Lucie gefunden. Am anderen Ende der Welt. Lillemor Ahlborg hatte sich schließlich selbst durch einen Anruf bei der Polizei gestellt, war aber kurz vor ihrer Festnahme vom Balkon im elften Stock des Radisson Blu Plaza Hotels in Sydney gesprungen. Praktisch vor Lucies Augen. Lucie war sofort in psychologische Betreuung gekommen. Es ginge ihr den Umständen entsprechend gut, sagten sie.
    Tinka starrte jetzt nur noch auf die automatische Tür, durch die in wenigen Minuten ihre Tochter treten würde. Ihre fremde, fast sechsjährige Tochter, erzogen von einer fremden Psychopatin, und sie selbst würde eine Fremde sein für Lucie. Lucie, die nicht einmal mehr ihren eigenen Namen kannte.
    Sie hatte Catherine Tjäder gefragt, wie diese ihre Tochter erlebt hatte, und die Agentin hatte gesagt, sie sei ihr aufgeweckt und zufrieden vorgekommen. »Was immer Lillemor Schlimmes getan hat, sie hat Marie ausgesprochen liebevoll behandelt.«
    Liebevoll. Vor den Augen des Kindes vom Balkon des zwölften Stockwerks zu springen, war das etwa liebevoll? Aber wenigstens war man diese Frau nun für alle Zeiten los. Vielleicht hatte sie Lucie damit wirklich einen Gefallen getan. Zu sterben.
    Sie hatten sofort nach Australien fliegen und sie abholen wollen. Aber man hatte sie davon überzeugen können, dass es besser wäre, wenn sie mit Lucie gleich nach Hause gehen könnten und nicht nach der ersten Begegnung einen anstrengenden Flug mit ihr durchzustehen hätten. Eine Psychologin vom Internationalen Roten Kreuz begleitete sie jetzt hierher. Verstohlen blickte Tinka sich um. Lungerten vielleicht schon irgendwo Reporter herum?
    Seit dem Bekanntwerden der Sensation war ihr Haus regelrecht belagert worden, sodass sie in einer Nacht-und- Nebel-Aktion zu Tinkas Eltern gefahren waren, wo ihr Vater drei Gorillas von einem Sicherheitsdienst angeheuert hatte, die die Paparazzi im Zaum hielten. Natürlich lauerten diese elenden Kreaturen auch schon seit Tagen auf allen skandinavischen Flughäfen, deshalb waren sie gezwungen, ihr Kind auf dem Frankfurter Flughafen zu empfangen. Sie würden dort im Hotel übernachten und Lucie dann mit dem Auto nach Göteborg bringen. Es ging nicht anders, es sei
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher