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Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous

Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous

Titel: Tödliches Rendezvous - Maxian, B: Tödliches Rendezvous
Autoren: Beate Maxian
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gesteckt. Chris? Er hatte ihr gar nicht gesagt, dass er die Eltern besuchen wollte. Sie schüttelte den Kopf. Warum sollte er das auch tun? Er hatte wahrscheinlich genauso oft das Bedürfnis herzukommen wie sie. Nur sprach er einfach nicht darüber. Sie führte sich auf wie eine hysterische Mutter, die über jeden Schritt ihres Kindes wachen wollte. Chris war 20 Jahre alt, und sie war seine Schwester. Er musste ihr nicht über jede Handlung Rechenschaft ablegen. Sie nahm die verwelkten Blumen aus der Vase.
    Plötzlich beschlich sie das eigenartige Gefühl, beobachtet zu werden. Augenblicklich drückte ihr die Angst die Kehle zu. Was, wenn Albo ihr gefolgt war? Sie sah sich um. War da ein Schatten? Sie schärfte ihren Blick. Nein, da war niemand. Wahrscheinlich machte ihr die Atmosphäre auf dem Friedhof Angst, und ihre lebhafte Phantasie spielte ihr einen Streich. So wie damals, als sie sich mit 15 im Kino heimlich einen dieser Zombiefilme angesehen hatte. Am nächsten Abend waren ihre Eltern ausgegangen, und sie musste auf Chris aufpassen. Damals vermutete sie in jeder Ecke der Wohnung einen Untoten. Sie war noch nie in ihrem Leben so froh gewesen, als ihre Eltern endlich nach Hause kamen. Bis heute machte sie einen großen Bogen um Horrorfilme. Lächelnd wandte sie sich wieder dem Grab zu, schloss für einen kurzen Moment die Augen, inhalierte die durch den Regen gereinigte Luft. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie erneut auf ihre Armbanduhr. Sie hatte nur noch drei Minuten, wandte sich zum Gehen, wollte die verwelkten Blumen noch schnell auf den dafür vorgesehenen Kompost werfen. Wieder kam es ihr so vor, als beobachte sie jemand. Als sie sich umdrehte, sah sie einen älteren Herrn auf seinen Gehstock gebückt dort stehen. Er hielt irgendetwas in der Hand, das wie ein nasses Tuch aussah. Er lächelte sie freundlich an. Sie lächelte zurück. Plötzlich richtete er sich auf, machte einen großen Schritt auf sie zu und drückte ihr das Tuch auf die Nase. Sekunden später wurde es schwarz um sie herum.
    Als Sarah zu sich kam, bemerkte sie zuerst, dass sie ihre Hände nicht bewegen konnte. Sie waren gefesselt. Erst allmählich bekam sie mit, dass auch ihre Augen verbunden waren. Sie lauschte in die Stille. Wo war sie?
    » Na, aufgewacht?«, hörte sie eine bekannte Stimme flüstern.
    Sie drehte den Kopf hin und her, hatte Schwierigkeiten, die Stimme einer bestimmten Richtung zuzuordnen. Nachwirkungen des Betäubungsmittels?
    » Wo bin ich?«, fragte Sarah krächzend.
    Stille.
    » Wo bin ich?«, wiederholte Sarah ihre Frage.
    » Raten Sie. Mit etwas Phantasie kommen Sie ganz schnell drauf.« Der Ton der Stimme klang ruhig und tief. Es war eindeutig ein Mann, der sie hier gefangen hielt. Sarah versuchte sich zu konzentrieren. Sie hatte früher oft mit Chris Blinde Kuh gespielt, war gut gewesen, hatte sich rein auf ihr Gehör verlassen. Sie versuchte, Geräusche aus der Stille zu filtern. Von weiter Ferne hörte sie Autolärm. Sonst war da nichts. Keine Stimmen, keine Tierlaute, nichts. Sie nahm einen feinen Hauch von Weihrauch wahr und einen intensiven Kerzenduft. Blitzschnell kombinierte sie. Die Aufbahrungshalle des Friedhofs.
    Als hätte der Mann erraten, dass sie die Lösung gefunden hatte, sagte er mit eisiger Stimme:
    » Eine Aufbahrungshalle ist doch ein wunderbarer Ort, um zu sterben, finden Sie nicht auch?« Dann lachte er laut auf.
    Sarah schwieg, versuchte der Stimme ein Gesicht zu geben. Sie hatte zwar inzwischen eine Ahnung, das Foto auf dem Schreibtisch hatte sie darauf gebracht. Sie war sich jedoch nicht sicher. Es konnte auch ein Zufall gewesen sein.
    » Ich kenne Sie. Ich kenne Ihre Stimme«, sagte sie.
    Sie hörte, wie ein Stuhl auf Steinboden verrückt wurde. » Ja, das tun Sie in der Tat«, erwiderte Albo mit leicht spöttischer Stimme. » Sie kennen sogar mein Gesicht.«
    » Brenneis«, flüsterte sie.
    Er blieb ihr die Antwort schuldig.
    » Warum?«
    » Welche Warums hätten Sie denn gern erklärt? Warum Sie hier sind, oder warum ich tue, was ich getan habe und nach Ihrem Tod wieder tun werde?«
    Sarah brummte der Kopf. » Beide.«
    Wieder lachte er, nur diesmal bösartig. » So unbescheiden, Frau Journalistin. Gleich beide. Nun gut, es ist Ihre Entscheidung, und wir beide haben ja noch ein bisschen Zeit vor uns. Meine Arbeit wird etwa zwei Stunden in Anspruch nehmen, Ihr Tod wird etwas länger dauern.« Er schaute auf die Uhr. » Sagen wir, eine Stunde. Ich gebe Ihnen eine Stunde Zeit,
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